Frage an Matthias Zimmer bezüglich Soziale Sicherung

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Matthias Zimmer
CDU
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Frage von Stephan W. •

Frage an Matthias Zimmer von Stephan W. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Zimmer,

(auch) seitens der CDU sind bei Diskussionen zur sozialen Gerechtigkeit fast ausschließlich Steuern das Thema. Die sogenannten ´Sozialversicherungen´ werden praktisch ausgeblendet, obschon die mit über 360 Milliarden Euro allein an Beitragsaufkommen weit größer sind als der Bundeshaushalt.

Die Gesamtbelastung eines durchschnittlich verdienenden Arbeitnehmers lag bereits 2006 um 40% über dem OECD-Durchschnitt. Und es wird immer schlimmer. Ein Beispiel: was bleibt von Gehaltserhöhungen? Wenn ein Arbeitgeber für einen Single mit ca. 3.100 Brutto 120€ mehr investieren kann, gehen 40€ SV-Beiträge weg und damit mehr als Steuern (38€). Angesichts solcher Zahlen ist es inakzeptabel, die Fehlentwicklungen in den SV-Systemen zu ignorieren und allein auf die Steuern abzustellen..

Die Union hat zusammen mit der FDP nach der Wiedervereinigung maßgeblich für diese Schieflage gesorgt, indem fast nur den Sozialversicherungen vereinigungsbedingte Sonderlasten aufgebürdet wurden, statt sie fair und gerecht aus dem Steuersystem zu leisten. Diese Kosten gehen schließlich alle Bürger etwas an, nicht nur die Arbeitnehmer.

Die rotgrüne und die große Koalition danach haben die vorgefundene Schieflage nicht nur nicht bereinigt sondern sogar noch vergrößert (z.B. in der Gesundheitspolitik durch die Einführung asymmetrischer Beitragsbelastung), es ist also allen Parteien anzulasten, dass die (nicht beamtete) Mittelschicht nicht nur bei den Steuern sondern auch bei den Sozialabgaben übermäßig ausgepresst wird.

Wie stehen Sie zu diesem Komplex?

Quellen: eigene Erfahrung, Lektüre, u.a. Melkvieh Mittelschicht - Wie die Politik die Bürger plündert (ISBN 978-3-86881-022-6)

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Wunsch,

vielen Dank für Ihren Beitrag vom 15. Juni, in dem Sie sich kritisch mit den Kosten unseres Sozialsystems auseinandersetzen.

Unbestritten liegt die Belastung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in unserem Land durch Steuern und Abgaben über dem OECD-Durchschnitt, wenngleich sie die letzten zehn Jahre gesunken ist. Ich persönlich finde, es greift in der Sache zu kurz, den Blick lediglich auf die Kosten zu fokussieren. Schließlich haben wir mit dem Modell der Sozialen Marktwirtschaft eine Wirtschaftsordnung, die nicht im Extrem einer ungezügelten Marktwirtschaft verortet ist, sondern einen solidarischen Ausgleich innerhalb der Gesellschaft schafft. Ich schätze unsere Soziale Marktwirtschaft als ein hohes Gut, das wir nicht einfach in einer Kostendiskussion dem Rotstift opfern sollten.

Unser Sozialsystem ist mitunter mit höheren Kosten verbunden, als dies in anderen OECD-Staaten der Fall ist. Allerdings dürfen wir nicht vergessen: Das soziale Netz ist beispielsweise im OECD-Land USA viel großmaschiger gestrickt, als in unserem Land. Hier fallen nicht wenige Menschen aus der Mittelschicht durch Arbeitslosigkeit oder nach schwerer und langer Krankheit durch das soziale Netz bis hin zur Mittel- und Obdachlosigkeit. Ähnlich gelagert ist dies auch in anderen OECD-Staaten. Dort sind folgerichtig die Abgabenbelastungen auch geringer, als in der Bundesrepublik. Unsere Solidargemeinschaft hilft dagegen genau denjenigen Menschen, die durch Krankheit oder Arbeitslosigkeit hilfebedürftig werden und lässt sie nicht im Stich. All dies wird bei der Diskussion um die Kosten unseres Sozialsystems nur allzu gerne außer Acht gelassen.

Um Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht durch die von der Wirtschaftskrise geschuldeten Einnahmeausfälle unserer Sozialversicherungssystemen mit höheren Sozialversicherungsbeiträgen zu belasten, haben wir die Mindereinnahmen mit Steuermitteln kompensiert. So hat die Bundesregierung beispielsweise den Gesundheitsfond mit weiteren 4 Milliarden Euro unterstützt. Darüber hinaus hat die Koalition die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung bei 2,8 Prozent stabilisieren können, indem wir die Darlehen für die Bundesagentur für Arbeit in Zuschüsse umgewandelt haben. Im Jahr 2006 hat der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung noch bei 6,5 Prozent gelegen. Ein beachtlicher Rückgang, wie ich finde.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Matthias Zimmer, MdB