Sehr geehrter Herr Reikart,

mit nachrangigem Mindestlohn meine ich: Überall dort, wo es keine Regelung gibt durch einen Tarifvertrag oder Regelungen über das Entsendegesetz bzw. eine Allgemeinverbindlichkeitserklärung, dort gilt der Mindestlohn. Diese Bereiche versuchen wir augenblicklich über das Mindestarbeitsbedingungen-Gesetz (welch ein Wortungetüm!) zu regeln, das ist aber umständlich. Ein Mindestlohn wären leichter und schneller umzusetzen. Das hätte drei Vorteile. Zum einen wäre klar: Regelungen der Tarifpartner haben Vorrang. Zum anderen würden wir von der Seite des Gesetzgebers deutlich machen: Ausbeuterische Lohnstrukturen akzeptieren wir nicht. Schließlich wäre auch die Lohnsubventionierung der Unternehmen beendet; die können nämlich bislang im Niedriglohnsektor damit kalkulieren, dass der Staat den aus meiner Sicht zum Teil unsittlichen Lohn aufstockt.

Wie will ich es umsetzen? Gute Frage. Ich glaube, dass der Königsweg darin liegt, deutlich zu machen: Mindestlohn liegt nicht nur im Interesse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, sondern auch der Betriebe. Die können sich nämlich dann darauf verlassen, dass ihnen Aufträge nicht durch Unternehmen weggeschnappt werden, die Lohndumping betreiben. Das sieht der eine oder andere Handwerkskammerpräsident auch so, also der handwerkliche Mittelstand. Zugespitzt formuliert: Keine Mindestlöhne zu haben kann eben auch (heimische) Arbeitsplätze vernichten. Es bedarf also nur des Appells an das aufgeklärte Eigeninteresse. Eine stärkere Motivation kenne ich nicht, wenn es darum geht, politische Ziele umzusetzen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Matthias Zimmer