Frage an Michael Frieser bezüglich Finanzen

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Michael Frieser
CSU
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Frage von Christian R. •

Frage an Michael Frieser von Christian R. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Frieser!

1) Griechenland, Spanien oder die Bankenrettung. Gewinne werden privatisiert, Verluste sozialisiert. Ist dies mit der Sozialen Marktwirtschaft vereinbar?
2) In Griechenland wurden private Investoren dadurch gerettet, daß die EZB Staatsanleihen in großem Stil aufgekauft hat. Finden Sie dieses Handeln der EZB richtig? Stimmen Sie mir zu, daß dadurch Verträge gebrochen wurden und werden? (No bail out)
3) Sie als Jurist stimmen mir sicher zu, wenn ich sage, der Rechtsstaat ist einer der größten Errungenschaften. Muß dann sich aber auch nicht gerade der Staat an Recht und Gesetz halten?
4)Was entgegen Sie dem Argument, mit der Rettungspolitik wurde nicht Griechenland gerettet, sondern nur das Vermögen von Investoren?
5) Helmut Kohl warnte noch 1991, eine gemeinsame Währung ohne politische Union könne nicht funktionieren. Geben Sie ihm Recht? Was wäre dann aus Ihrer Sicht heute die Konsequenz?
6) Die gemeinsame Währung ist Gift für die die Wirtschaft in Griechenland. Weil sie eigene Waren zu teuer macht. Eine Abwertung im Euro ist nicht möglich. Wie kann diesem Grundproblem begegnet werden?
7) Kanzlerin Merkel und der damalige Finanzminister Steinbrück sagten, die Einlagen der deutschen Sparer seien garantiert. Gilt diese Garantie aus Ihrer Sicht auch heute noch?
8) Finanzminster Schäuble versichert, es wird keinen weiteren Schuldenschnitt für Griechenland geben. Können Sie ebenfalls zusichern, daß es keinen solchen Schuldenschnitt geben wird?
9) In der Wirtschafts sind Insolvenzverschleppungen aus guten Grund verboten. Was rechtfertigt, bei Staaten anders zu verfahren?
10) War Ihnen vor den Äußerungen von Prof. Sinn bewußt, welche Risiken die Target-II-Salden bergen? Was nützt uns in diesem Zusammenhang ein Exportüberschuß?
11) Experten warnten vor eben jenen Folgen der Euroeinführung, die nun eingetreten sind. Wieso hört man auf diese Fachleute heute wieder nicht?

Besten Dank

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CSU

Sehr geehrter Herr Rechholz, lieber Christian,

vielen Dank auch für Deine zweite Anfrage vom 26.08.2013, zu der ich ebenfalls gerne Stellung nehme.

Zunächst: Der Euro ist eine stabile Währung, die auch für Preisstabilität sorgt. Entgegen der oftmals vertretenen Meinung, der Euro habe für erhebliche Preissteigerungen gesorgt, stellt das Statistische Bundesamt fest, dass sich die Inflationsrate im Vergleich zu D-Mark-Zeiten von durchschnittlich 2,6 Prozent mit dem Euro im Zeitraum von 1999-2012 auf 1,6 %verringert hat. Europaweit hat die EZB durch ihr Mandat und ihre Unabhängigkeit dazu beigetragen, dass sich dieser erfolgreiche Trend fortsetzt. Durch die Finanzkrise wäre die D-Mark, wie andere europäische Währungen auch, ein Spielball des Devisenhandels geworden, da ihre unvermeidliche Aufwertung den deutschen Exporthandel schwer getroffen hätte. Der Euro als gemeinsames Zahlungsmittel schließt solche krisengetriebene Währungsauf und -abwertungen innerhalb der Eurozone aus.

Die Euro-Zone erlebt im übrigen keine Euro-Krise, sondern eine Staatsschuldenkrise. Die seit 2010 anhaltende Krise ist in Ländern wie Griechenland, Spanien und Portugal eine Folge von Staats- und Demokratieversagen, verfehlter Wirtschaftspolitik und unzureichender Finanzmarktaufsicht zum einen sowie zum anderen der weltweiten Finanzmarktkrise, die sich nach der geplatzten Immobilienblase in den USA auch auf Europa ausgeweitet hat. Die Rettungspakete und die damit verbundenen Reformauflagen sind daher auch eine Chance für diese Staaten, da sie Korrekturen in den dortigen Finanzsektoren und Staatshaushalten erfordern und zu Verbesserungen der Strukturen auf dem Arbeitsmarkt und im öffentlichen Sektor führen. Die Länder der Euro-Zone werden durch die getroffenen Maßnahmen der Euro-Rettungspolitik gestärkt aus der Krise hervorgehen können.

Ob der Vorschlag des Bundesfinanzministers zu einem neuen Rettungspaket für Griechenland in der Form, wie in den Medien angekündigt, angenommen wird, kann ich noch nicht beurteilen. Fest steht jedoch: Die Koalition lehnt - im Gegensatz zu SPD, Grüne und Linke - die Vergemeinschaftung von Schulden der Euro-Staaten durch sogenannte „Euro-Bonds" genauso wie EU-Konjunkturprogramme auf Pump entschieden ab. Ebenfalls abzulehnen ist ein gemeinsamer europäischer Einlagensicherungsfonds oder ein Einlagensicherungssystem, das auf verpflichtende überstaatliche Solidarität gründet und den deutschen Sparer für Bankpleiten in anderen Ländern zur Kasse bitten will.

Die negativen TARGET2-Salden einiger Länder bauen sich wieder ab, sobald der Export zunimmt und Kapital zurück strömt, d. h. wenn neues Vertrauen in diese Volkswirtschaften entsteht. An dieser Stelle kann die Politik ansetzen und einen Beitrag dazu leisten, dass sich Target-Salden wieder normalisieren. Forderungsverluste würden nur dann eintreten, wenn ein Mitgliedsstaat die Eurozone verließe und die Verbindlichkeiten ignoriert. In diesem Fall wäre die Haftung der Bundesbank auf ihren EZB-Anteil beschränkt.
Es gilt jedoch zu bedenken: Bei einem Euro-Austritt würde die nationale Währung stark abgewertet. Folglich kämen auf die Gläubiger ebenfalls hohe und deutlich ungewissere Forderungsausfälle zu. Eine stabile Währungsunion braucht vor allem Vertrauen. Das kann am besten zurück gewonnen werden, wenn kein Mitgliedstaat ausscheidet und die hohen TARGET2-Salden allmählich wieder abgeschmolzen werden. Daran arbeiten die Regierungen der Eurozone, die EZB, die EU-Kommission und der Internationale Währungsfonds mit Nachdruck. Entscheidend ist die Fortsetzung des Reformprozesses in den Mitgliedstaaten, damit diese wettbewerbsfähig und solide finanziert sind.

Jene Länder, die am stärksten von der Krise betroffen waren, haben deutliche Fortschritte in deren Reformprozessen vollbracht. Aktuell zeigt vor allem der erfolgreiche Reformprozess in Spanien, dass der Kurs der Krisenbekämpfung der richtige ist. Die Euro-Länder unterstützen die Reformbestrebungen der Länder nach wie vor. Das Defizit der spanischen Zahlungsbilanz, das 2007 bei 9,6% des BIPs lag, ist heute ausgeglichen, sodass davon ausgegangen wird, dass es dieses Jahr zu einem Überschuss von 2 % kommt. Dies ist wohl als eindeutiges Indiz der Sanierung der spanischen Wirtschaft wahrzunehmen.

Griechenland, Spanien oder Portugal haben immer noch einen mühsamen Weg vor sich. Nichtsdestotrotz haben sie mit erfolgreichen Sanierungen ihrer Arbeitsmärkte und teilweise auch ihrer Sozialsysteme begonnen. Doch nach wie vor steigt auch trotz aller Erfolge weiterhin der Schuldenstand einiger Länder. Schnelle Lösungen sind nicht zu erwarten. Viel eher wird uns die Staatsschuldenkrise im Euroraum noch mehrere Jahre beschäftigen.
Abschließend möchte ich festhalten, dass Krise gezeigt, wie Konstruktionsmängel der Wirtschafts- und Währungsunion die Eurozone ins Wanken bringen können. Es gilt, aus der Krise zu lernen. Wir haben die richtigen Weichen gestellt, nun gilt es diesen Weg auch zu beschreiten. Dem Vorwurf, dass Kritiker oder andere Meinungen nicht wahrgenommen werden, kann ich guten Gewissens wiedersprechen.

Nach wie vor halte ich die Einführung des Euro für richtig und wichtig, auch wenn wir aus den Fehlern nach wie vor lernen müssen. Jedoch sollte jeder bedenken, dass wir zwar eine einheitliche europäische Währungspolitik im Euroraum haben, jedoch 17 nationale Finanz- und Wirtschaftspolitiken beachten und in einem Konsens zusammenbringen müssen.

Mit freundlichen Grüßen
Michael

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