Frage an Michael Hennrich bezüglich Soziale Sicherung

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Michael Hennrich
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Frage von Hartmut H. •

Frage an Michael Hennrich von Hartmut H. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Hennrich,

in einer als ungerecht empfundenen Rechtslage wende ich mich erstmals an meinen Abgeordneten. Es geht um die Kapitalleistung aus einer Lebensversicherung die nun 10 Jahre lang anteilig meiner Rente zugerechnet wird um die mtl. Beiträge zur Krankenversicherung zu erhöhen. Darin sehe ich eine Ungleichbehandlung, weil
meine Beitragszahlung zur LV während der Einzahlungszeit aus Beträgen erfolgte, die nicht der Soz.vers. unterlagen. Denn ohne meine Altersvorsorge LV müsste ich
diese höheren Beträge nicht bezahlen. (Zu dieser Altersvorsorge hat mich unsere Regierung seinerzeit aufgefordert, ohne über die späteren negativen Folgen zu informieren.)
Auch rein rechnerisch handelt es sich damit nicht mehr um eine "Altersvorsorge", sondern um ein Minusgeschäft für Rentner.
Bitte nennen Sie mir nachvollziehbare Gründe für diese grundsätzliche Ungleichbehandlung, sowie die Ungleichheit der Höhe nach (Keine Beitragsbemessungsgrenze wie während der aktiven Arbeitszeit).

Gerne erwarte ich Ihre geschätzte Antwort.

Mit freundlichen Grüßen

Hartmut Hänchen

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CDU

Sehr geehrter Herr Hänchen,

Ihren Unmut darüber, dass Sie und all diejenigen, die eine Direktversicherung abgeschlossen haben, seit einigen Jahren für die Kapitalleistung monatlich Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung zu entrichten haben, kann ich gut nachvollziehen. Insbesondere auch, weil es hier regelmäßig keinen Bestandsschutz gab. Ich kann Sie verstehen; diese Regelung fühlt sich falsch und ungerecht an.

Lassen Sie mich trotzdem die Hintergründe der Regelung des § 229 SGB V beleuchten:
In den Verhandlungen zur Gesundheitsreform 2003 hatten SPD und Grüne als Regierungsparteien vehement eine Mehrbelastung der Rentner bei den Krankenversicherungsbeiträgen gefordert. Denn lag 1973 die Beitragszahlung der Rentner noch bei 70% der Leistungsaufwendung, so liegt diese Quote zwischenzeitlich nur noch bei 43%. Um den damit verbundenen, dramatischen Kostenanstieg abzufedern, müssten die Beitragssätze zur gesetzlichen Krankenversicherung stetig weiter ansteigen. Dies würde jedoch vor allem die derzeitigen Beitragszahler belasten. Denn die Arbeitnehmer von heute müssten weit über die Hälfte der Kosten, die ein Rentner in der GKV verursacht, tragen.

Seit 2004 sind daher Betriebsrenten, zu denen Ihre Direktversicherung zählt, auch dann beitragspflichtig, wenn sie nicht als monatliche Rente gezahlt werden, sondern als einmalige Kapitalleistung. Für Direktversicherungen, die als monatliche Rente ausgezahlt werden, gilt dies übrigens schon seit über 20 Jahren.
Die rot-grüne Bundesregierung hatte die Erhebung von Krankenversicherungsbeiträgen auf alle Direktversicherungen damit begründet, dass die Beitragsfreiheit bei Einmalzahlungen häufig als Umgehungsmöglichkeit zur Vermeidung einer ansonsten fälligen Beitragszahlung genutzt worden sei und dass diese Lücke aus Gründen der Beitragsgerechtigkeit geschlossen werden müsse.

Das Bundesverfassungsgericht hat die grundsätzliche Einbeziehung von Versorgungsbezügen in die Beitragspflicht wegen des in der gesetzlichen Krankenversicherung geltenden Solidaritätsprinzips für geboten erachtet. Es argumentierte, dass bereits vor Einführung der Regelung des § 229 SGB V aus der gesetzlichen Rente auch Krankenversicherungsbeiträge erhoben, obwohl der Arbeitnehmer aus seinem Arbeitsentgelt Beiträge zu zahlen hatte. Daraus leitete das Gericht ab, dass für die Beitragspflicht von Versorgungsbezügen, besonders hier für die Variante der Direktversicherung, keine anderen Grundsätze gelten könnten.
Dabei ist es für die Frage der Beitragspflicht unerheblich, ob eine Direktversicherung durch den Arbeitgeber oder den Arbeitnehmer oder von beiden Seiten anteilig finanziert wurde. Ebenso ist es unerheblich, ob die früheren Einzahlungen in die Direktversicherung aus bereits verbeitragtem Einkommen geleistet worden sind oder nicht, da die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung alleine nach der aktuellen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Versicherten, zu der auch Einkünfte aus einer Direktversicherung zählen, bemessen werden. Sowohl Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung als auch ihnen vergleichbare Betriebsrenten sind deshalb mit dem gesamten Zahlbetrag beitragspflichtig und nicht etwa nur mit dem Anteil, der aus bislang nicht verbeitragtem Einkommen stammt.

Natürlich haben auch die heutigen Rentner während ihres Arbeitslebens die damaligen Rentner mitfinanziert. Wegen der damals niedrigeren Beitragssätze und des erheblich geringeren Umfangs der Leistungsausgaben in der gesetzlichen Krankenversicherung war der von Ihnen zu tragende Anteil an den Leistungsaufwendungen aber erheblich geringer als der, der heute aufgebracht werden muss. Um zu verhindern, dass der von den Aktiven zu erbringende Anteil noch weiter steigt, waren die Neuregelungen im SGB V leider unumgänglich. Sie entlasten vor allem diejenigen Alleinverdiener und junge Familien, denen weniger Geld zur Verfügung steht als Rentnern mit hohen Zusatzeinnahmen. Aus diesen Gründen haben auch letztlich wir von der CDU/CSU-Fraktion den Vorschlägen der rot-grünen Regierung zugestimmt.

Dass Ihnen diese Argumentation letztlich wenig hilft, kann ich nachvollziehen. Mich beschäftigt diese Problematik aber auch schon länger und ich habe im Sommer in einem Artikel in der Bildzeitung dafür plädiert, diese Problematik noch einmal anzugehen. Ich habe nämlich kein Verständnis dafür, dass man immer wieder über neue Rentenleistungen nachdenkt (Grundsicherung, Lebensleistungsrente und weiteren Ausbau der Mütterrente), die Regelung zur Beitragspflicht von Betriebsrenten für die Krankenversicherung unverändert fortgelten läßt. M. E. sollte bevor man über neue Leistungen nachdenkt, hier eine Entlastung der Versicherungsnehmer stattfinden. Meine entsprechende Äußerung in der Bild-Zeitung von diesem Sommer haben Sie vielleicht gelesen. Wenn Sie sich melden, kann mein Büro Ihnen gerne den fraglichen Artikel zur Verfügung stellen.

Mit freundlichen Grüßen

Michael Hennrich MdB