Frage an Michael Piazolo bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Prof. Dr. Michael Piazolo
Michael Piazolo
FREIE WÄHLER
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Frage von Alexander W. •

Frage an Michael Piazolo von Alexander W. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Piazolo,

Sie fordern die Abschaffung von Studiengebühren für Menschen die aufgrund der dann von der Allgemeinheit bezahlten Ausbildung hervorragend verdienen werden, z.b für Ärzte die sich dann mit den Gratisstudium nach England absetzen und dem Deutschen Steuerzahler die lange Nase machen.

Wo sehen Sie die Soziale Gerechtigkeit gegeben wenn ich als gelernter Werkzeugmacher für meine Fortbildung zum Mechatroniker alles aus eigener Tasche bezahlt habe, und nur einen Bruchteil von den verdiene was ein Dipl. Ing. oder Neudeutsch "Master" verdienen kann,
dem ich mit meinen Steuern aber sein Studium ermöglicht habe?

Ich habe schon 1983 als Werkzeugmacher Azubi Sozial und Steuerpflichtig verdient, und werde mit 67 auf 52 Jahre als Steuerzahler und Sozialabgaben Zahler zurückblicken. Bei einer Rente die die nur zur Armut reichen wird, während den Studenten sogar ihre (Kostenlose u. Beitragslose ) Studienzeit an die üpige Pension angerechnet wird.

Bitte erklären Sie mir wo Sie da eine Gerechtigkeit sehen, und warum Menschen die nach den Studium als Aufsichtsräte, Ärzte, oder Bänker hohe 6-stellige und teilweise 7-stellige Jahreseinkommen haben nicht mal 500 Euro pro Semester bezahlen wollen?
Das wären bei einem Master Studium mit 10 Semestern nicht mal ein Monatslohn eines Master of Engineering.

Hochachtungsvoll, A. Wittig

Prof. Dr. Michael Piazolo
Antwort von
FREIE WÄHLER

Sehr geehrter Herr Wittig,

vielen herzlichen Dank für Ihre Anfrage.

Ja, ich fordere die Abschaffung von Studiengebühren und zwar aus voller Überzeugung, denn Studiengebühren sind - um Ihnen zunächst meine grundsätzliche Argumentation darzulegen - unsozial und stellen eine große Belastung für die Studierenden und ihre Familien dar. Sie erschweren sozial Schwächeren den Zugang zum Hochschulstudium, haben eine abschreckende Wirkung vor allem auf sozial schwächer Gestellte und tragen erheblich zur sozialen Selektion an den Hochschulen bei.

Ich bin der Ansicht, dass Jugendlichen aus allen gesellschaftlichen Schichten eine fundierte Ausbildung ermöglicht werden muss. Die Abschaffung der Studiengebühren in Bayern ist deshalb ein längst überfälliger Schritt. Je früher sie erfolgt, desto besser, damit der Bildungsstandort Bayern für Denker, Forscher, Kreative und auch Unternehmer wieder attraktiver wird. Statt konsequent den Zugang zu einer qualifizierten Hochschulausbildung für breite Gesellschaftsschichten zu erleichtern, werden durch die Studiengebühren nur zusätzliche Hürden aufgebaut und so der Akademiker- und Fachkräftemangel mehr und mehr verschärft.

Im internationalen Vergleich sind die Studierendenquoten in Bayern viel zu gering. Seit Jahren warnen Organisationen wie die OECD davor, dass in Deutschland Hochschulabsolventen fehlen. Angesichts dieser Tatsache halte ich es für wenig zielführend, wenn gerade die sozial Schwächsten von einem möglichen Studium abgehalten werden. Die Möglichkeit eines Studiums sollte doch in erster Linie vom Talent und nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen. So ist die Finanzierung eines Studiums etwa für Kinder von Ärzten oder Anwälten - nur um zwei Beispiele zu nennen - sicherlich kein Problem. Für die Kinder von Altenpflegern, Krankenschwestern oder Kassierern im Supermarkt, sind die Studiengebühren aber sehr wohl ein Hindernis für die Aufnahme eines Studiums und genau um diese Kinder geht es doch. Ihnen wollen und müssen wir doch die gleichen Zugangschancen ermöglichen wie Kindern aus wohlhabenderen (Akademiker-)Familien.

Neben den Studiengebühren müssen die Studierenden beziehungsweise deren Eltern ja auch für die Lebenshaltungskosten aufkommen, inklusive teils horrender Mieten in den Hochschulstädten, Lehrmaterialien, etc. Hinzu kommen in vielen Studiengängen Pflichtpraktika, teils ohne jegliche Vergütung, und häufig selbst zu finanzierende Auslandssemester. All dies ist selbst mit einem oder mehreren Nebenjobs, neben den oft straffen Stundenplänen, für viele Studierende finanziell kaum zu schultern. Außerdem ist es keineswegs so, dass alle Hochschulabsolventen, so wie Sie es in Ihrer Anfrage vermuten, hohe sechsstellige oder gar siebenstellige Jahreseinkommen haben. Vielfach müssen sich auch Akademiker mit mehreren Teilzeitjobs ihren Lebensunterhalt verdienen. Diejenigen aber, die in einer hoch bezahlten Branche noch dazu einen hoch dotierten Posten inne haben, zahlen ja auch deutlich höhere Steuern - zu Recht, denn "leistungsfähige Schultern" sollen auch zu einem größeren Teil zur Finanzierung des Staates beitragen.

Zudem muss ich Ihnen aber mitteilen, dass die Studienzeit - anders als Sie vermuten - bereits seit einigen Jahren nicht mehr auf die Rente, die auch nicht pauschal bei jedem Hochschulabsolventen "üppig" ausfällt, angerechnet wird und den Studierenden diese Zeitspanne bei der Rentenberechnung fehlt.

Nichtsdestotrotz gebe ich Ihnen aber selbstverständlich Recht, dass insbesondere Fachkräfte wie Sie, durch das deutsche Steuersystem - mit kalter Progression und Mittelstandsbauch - übermäßig belastet werden. Daher sollten nach meiner Vorstellung eventuell nötige Steuererhöhungen zukünftig auch tatsächlich von den Besserverdienenden getragen werden und nicht von den Bürgerinnen und Bürgern mit durchschnittlichem Einkommen und auch nicht von den Studierenden, die derzeit mit ihren Gebühren, die Hochschulfinanzierung mittragen, die meines Erachtens eindeutig Aufgabe des Staates ist!

Mir ist allerdings durchaus bewusst, dass nicht nur Fachkräfte mit Hochschulabschluss in Bayern fehlen. Der Fachkräftemangel bezieht sich auch in erhöhtem Maße auf Nichtakademiker. So fehlen laut IHK-Fachkräftemonitor in Bayern bis 2016 rund 116.000 Meister, Fachwirte und Fachkaufleute. Dabei tragen die angehenden Meister, Techniker oder Fachwirte den Großteil der Kosten ihrer Ausbildung selbst. Zwar werden die Kosten über das "Meister-Bafög" gefördert, allerdings nur zum Teil als Zuschuss, der Rest wird über ein Darlehen finanziert. Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, nicht nur die akademische Ausbildung zu unterstützen, sondern auch die berufliche Weiterbildung auf Meisterniveau verstärkt zu fördern. Vor allem müssen Anreize geschaffen werden, damit mehr Menschen als bisher eine Meisterausbildung in Angriff nehmen. Auch hier entwickeln die FREIEN WÄHLER derzeit entsprechende Modelle.

Mit freundlichen Grüßen

Prof. Dr. Michael Piazolo

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