Frage an Nicolette Kressl von Andreas U. bezüglich Umwelt
Sehr gehrte Frau Kressl!
In den letzten Monaten habe ich Beiträge und Zeitungsartikel über Umweltschutz und insbesondere Umweltpolitik Deutschlands verfolgt. Nach Meinung der Experten sei es alles nur „Panikmacherei“ wie es in vielen Artikeln stand, die globale Erwärmung findet periodisch in bestimmten Abständen statt und wird durch den Menschen und Abgase nur zum geringem Prozentsatz verursacht. Am meisten wird Die Umwelt durch den Methan Gas geschädigt welches von den Kühen und Reisfeldern kommt und hier verstehe ich eins nicht wieso will Deutschland Spitzenreiter im Umweltschutz sein, obwohl wir keine Reisfelder haben und die Kühe, die wir in Deutschland haben, sind nicht in der Lage, die Umwelt so zu schädigen, dass Deutschland für alles gerade stehen will. Meiner Meinung nach macht Deutschland mit, weil die Regierung aus dieser Situation Profit erschlagen will, d.h. Steuern, Steuern, Steuern.
Überzeugen Sie mich bitte, dass ich falsch liege.
Mit freundlichen Grüßen
Andreas Usacev
Sehr geehrter Herr Usacev,
ich danke Ihnen für Ihre Frage zum Thema Umweltschutz.
Die globale Erwärmung, die Sie als "Panikmacherei" bezeichnen, stellt tatsächlich eine Gefahr für uns und für die nachkommenden Generationen dar. Die Ergebnisse der internationalen Wissenschaft sind eindeutig. Wir erleben einen Wandel des Weltklimas und eine Steigerung der Temperaturen auf unserer Erde, die bereits heute für viele Menschen gefährliche Ausmaße angenommen hat: Ausbreitung der Wüsten und Dürrekatastrophen in Afrika ebenso wie Überflutungen und Hurrikans in anderen Teilen der Welt. Das Abschmelzen der Gletscher gefährdet nicht nur küstennahe Städte und Regionen, sondern auch große Trinkwasserreservoirs. Besonders betroffen sind die ärmsten Länder der Welt. Verantwortlich für diesen Klimawandel dagegen ist der überhöhte Energieverbrauch in den Industrieländern auf der Grundlage fossiler Energieträger. Die dabei entstehenden Treibhausgase sind die wichtigste Ursache der globalen Erderwärmung. Hinzu kommen klimaschädliche Emissionen aus Industrieprozessen, der Landwirtschaft sowie die zunehmende Entwaldung der tropischen Regenwaldregionen.
Gelingt eine Stabilisierung der Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre nicht, drohen dramatische Konsequenzen schon in den nächsten Jahren, vor allem aber für unsere Kinder, Enkelkinder und nachfolgende Generationen. Dabei ist diese Erderwärmung nicht nur eine ökologische Bedrohung, sondern vor allem auch eine ökonomische und soziale. Sie gefährdet die wirtschaftliche Entwicklung und den Wohlstand in allen Teilen der Erde. Die Berechnungen des früheren Chefökonomen der Weltbank, Sir Nicholas Stern, zeigen unmissverständlich: Während Investitionen in den Schutz des Klimas und in die Begrenzung der Erderwärmung lediglich bis zu einem Prozent des weltweiten Sozialproduktes pro Jahr kosten und sogar noch wirtschaftliches Wachstum verstärken können, belaufen sich die Kosten der ungebremsten Erderwärmung auf bis zu 20 Prozent des weltweiten Sozialprodukts. Ein entscheidender Faktor im Bereich des Umweltschutzes ist der der Nachhaltigkeit. Die eben genannten Zahlen verdeutlichen, dass keineswegs von "Profit" oder von "Steuergier" die Rede sein kann und darf, wie Sie es in Ihrem Beitrag suggerieren.
Der Klimawandel ist weit mehr als eine ökologische Gefahr. Er ist darüber hinaus auch eine Gefahr für Frieden, Sicherheit und Stabilität auf der Erde. Krieg und Bürgerkrieg um Wasser und andere Ressourcen sowie große Flüchtlingsbewegungen sind unter den Bedingungen einer weiter ansteigenden Erderwärmung eine sehr reale Gefahr. Vor diesem Hintergrund sind internationale und nationale Vereinbarungen und Maßnahmen zum Klimaschutz dringend erforderlich. Da die Industriestaaten die Verantwortung für den aktuell bereits stattfindenden Klimawandel tragen, sind sie besonders zur Vorreiterrolle im Abbau der Treibhausgasemissionen aufgefordert. Zudem haben vor allem sie die technologischen Voraussetzungen, um wirtschaftliches Wachstum, ökonomischen Erfolg und einen erfolgreichen und ambitionierten Klimaschutz in Einklang zu bringen.
Deutschland hat als größter Verursacher von Treibhausgasemissionen in der EU eine besondere Verantwortung für den nachhaltigen Erfolg der Weltklimaschutz-Beschlüsse der EU. Das nationale Klimaschutz- und Energieprogramm muss nach Ansicht der Sozialdemokraten folgende Ziele erreichen:
a) Senkung der Treibhausgasemissionen Deutschlands um 40 Prozent bis zum Jahr 2020, um den europäischen Durchschnitt einer 30prozentigen Absenkung zu gewährleisten (dieses deutsche Ziel entspricht auch dem Beschluss des Deutschen Bundestages vom 9.11.2006.).
b) Steigerung der Energieeffizienz von jährlich einem Prozent auf drei Prozent, um das europäische Ziel einer 20 prozentigen Steigerung bis zum Jahr 2020 und das weitergehende deutsche Ziel im Rahmen der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie zur Verdopplung der Energieproduktivität im Jahr 2020 gegenüber 1990 zu erreichen.
c) Ausbau des Anteils der erneuerbaren Energien am Primärenergiebedarf
in Deutschland von heute 5,3 Prozent auf mindestens 18 Prozent im Jahr 2020.
Damit leisten wir einen Beitrag, der es der EU ermöglicht, das europäische Gesamtziel sogar zu übertreffen. Dazu sind deutliche Zuwächse in den einzelnen Bereichen Stromerzeugung, Wärmebereitstellung und Mobilität gegenüber dem Trend erforderlich. Bis 2050 soll der Anteil der Erneuerbaren Energien in Deutschland dann auf mindestens 50 Prozent steigen.
Bei alldem hält die SPD an dem Ausstieg aus der Atomenergie fest.Die Ziele sind klar: Die Energieeffizienz soll erhöht werden, die erneuerbaren Energien müssen ausgebaut werden und der Emissionshandel muss gestärkt werden.
Der globale und sich nachhaltig auswirkende Charakter des Klimawandels betrifft uns alle. Die negativen und teils bedrohlichen klimatischen Veränderungen machen nicht vor Landesgrenzen halt, und die Suche nach einem oder ein paar wenigen Verursachern führt in die Irre. Denn die sich in dieser Thematik offenbarende globale Herausforderung erfordert eine ebenso globale Verantwortung.
Ich hoffe, Herr Usacev, Ihnen mit meiner Antwort geholfen zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre mittelbadische SPD-Bundestagsabgeordnete
Nicolette Kressl, MdB