Frage an Norbert Brackmann bezüglich Finanzen

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Norbert Brackmann
CDU
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Frage von Hauke H. •

Frage an Norbert Brackmann von Hauke H. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Brackmann,
ich bin sehr daran interessiert von führenden Politikern aus meiner Umgebung die Meinung zum ESM zu erfahren. Ich sehe in dieser Entscheidung eine Unterschneidung des demokratischen deutschen Bürgerwillen.

Deutschland soll mit 190 Milliarden Euro bürgen, das sind fast 65 Prozent des deutschen Haushalts.
Damit werde das deutsche Haushaltsrecht teilweise an einen europäischen Gouverneursrat übertragen. Es werde akzeptiert, dass Deutschland nicht mehr über seinen Haushalt bestimmen könne.
Wie sollen wir das ,ich bin 31 Jahre alt, wieder aufgefangen bekommen, geschweige den unseren Kindern auflasten? Sollen wir ganz Europa retten bevor wir dann den Bach runtergehen? Uns wird dann keiner mehr retten können.

Ich bitte Sie hierzu ein Meinungsbild darzustellen welches eventuell erkennen läßt ,dass wir für uns, aus solch einer Planung einen Vorteil für unser Land und unsere Bürger rausziehen können. Ich sehe bisher nur dass unsere Steuergelder für die Staatskrisen anderer europäischer Länder aufgewendet werden könnten.

Mit freundlichen Grüßen

Hauke Heesch

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Heesch,

vielen Dank für Ihre Frage. Der Euro hat für Deutschland erhebliche wirtschaftliche und politische Vorteile. Wir führen rund 40 Prozent unserer Exporte in die Eurozone aus. Damit wird klar, dass der Euroraum großen Anteil an den Arbeitsplätzen in unserer exportorientierten Wirtschaft hat.

Die bisherigen Hilfspakete hatten eine Reihe weiterer Vorteile für Deutschland. Zu Beginn der Staatsschuldenkrise in Griechenland waren unsere Finanzinstitute, vor allem Banken und Versicherungen, stark in griechischen Staatsanleihen engagiert. Wäre es zu einem Schuldenschnitt gekommen, hätten zigtausende von Sparern und Anlegern die Auswirkungen direkt gespürt. Vor allem bei Lebensversicherungen, die stets auf die relativ sichere Staatsanleihe als Anlagemöglichkeit gesetzt haben, wäre es zu starken Verlusten gekommen. Dies hätte auch die Versicherten getroffen.

Darüber hinaus wäre mit der Pleite eines Eurostaates auch ein Kollaps des heimischen Bankensystems zu befürchten. Dies würde, ähnlich wie die Finanzkrise, zu einem Flächenbrand in der gesamten Finanzwelt führen. Folgen wären wahrscheinlich weitere Bankenrettungsmaßnahmen und eine deutliche Abkühlung der Konjunktur. Das wiederum würde sich direkt auf die Arbeitsmarktsituation in Deutschland durchschlagen.

Die Rettung des Euro als Gemeinschaftswährung bleibt also richtig und ist nach wie vor aktuell. Allerdings müssen wir uns Gedanken um die konkrete Ausgestaltung des neu einzuführenden Europäischen Stabilisierungsmechanismus (ESM) und der überarbeiteten Europäischen Finanzstabilitätsfazilität (EFSF) machen. Der ausverhandelte völkerrechtliche ESM-Vertrag und die Gesetzentwürfe der Bundesregierung bergen erhebliche Risiken sowohl finanzieller als auch politischer Natur.

Wir müssen uns von dem Gedanken verabschieden, dass wir ohne Kosten aus der Eurorettung davonkommen. Griechenland wird uns Geld kosten, andere Stützungsaktionen vielleicht auch. Daher trete ich dafür ein, dass wir die von uns gegebenen Garantien im nationalen Recht gegen den Ausfall absichern. Wir sollten in den kommenden Jahren eine Rückstellung bilden, aus der zukünftig ausfallende Kredite bezahlt werden können. Sonst bekommen wir erhebliche verfassungsrechtliche Probleme mit dem Haushalt. Denn wenn zukünftig Garantien gezogen werden sollten und wir haben dafür keine Rücklagen gebildet, würden wir sofort die Ziele der Schuldenbremse im Grundgesetz verfehlen. Dann blieben nur zwei Alternativen: Beim dann laufenden Haushalt nachbessern, was Steuererhöhungen und Kürzungen bei allen Ausgaben, auch den Sozialausgaben, bedeuten würde. Dies halte ich für nicht durchsetzbar. Oder wir würden den Verfassungsbruch hinnehmen und mit dem Haushalt gegen die Schuldenbremse verstoßen, ohne dass wir etwas tun könnten.

Ferner wäre dadurch das Budgetrecht des Parlamentes, seine „Königsdisziplin“, erheblich eingeschränkt. Ohne ausreichende parlamentarische Mitbestimmung bei Ausgaben und Maßnahmen des EFSF und des ESM würden Kosten auf uns zukommen, über die wir keine Kontrolle mehr hätten.

In der jetzt vorliegenden Form würden wir bei Zustimmung zu den Gesetzentwürfen also einen vorhersehbaren Verfassungsbruch genehmigen. Hier muss nachgebessert werden, bevor ich dem Paket zustimmen kann. Allerdings stehe ich weiter bei meinem grundsätzlichen Bekenntnis zu Euro und Eurorettung. Unsere europäischen Partner dürfen allerdings nicht vergessen, dass auch die deutsche Leistungsfähigkeit endlich ist.

Mit freundlichen Grüßen

Norbert Brackmann