Frage an Olaf Böttger bezüglich Gesundheit

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Olaf Böttger
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Frage von Janosch R. •

Frage an Olaf Böttger von Janosch R. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrter Herr Böttger,

vielen Dank für Ihre schnelle Antwort, das hätte ich nicht erwartet!

a) Wie sich für mich bei der großen Anzahl der Nichtraucher bestätigt, definiert die seriöse Suchtforschung nicht das Angebot der Drogen, sondern die persönliche Disposition und die Lebensumstände die Ursache der Sucht.

Welchen Drogenpolitischen Erfolg verspechen Sie sich dann davon, wenn bei Verdächtigen unter ja nachgewiesen (wie sonst noch?) lebensgefährlichen Bedingung überhaupt nur eine Beweissicherung stattfindet, aber bei eine Überführung eher geringe Strafen drohen? Werden hier nicht vorzugsweise Verdächtige so bestraft, wie man Täter gar nicht bestrafen könnte?

b) Da ich als Vater von 4 Kindern gerade in den letzten 3 Jahren einer ungalubliche Zunahme des Drogenkonsums gerade in unteren Altersgruppen feststellen muß, sehen Sie entsprechend der Ergebnisse der Suchtforschung mehr Handlungsbedarf, sowohl die Konstitution der Jugendlichen als auch die Zukunftschancen (Bildung) und derzeitigen Lebenssituationen (25% wachsen mitlerweile in der Sozialhilfe auf) wieder annähernd auf das Mass von vor 10 Jahren zurückzuführen?

c) Ich stelle als Vater ebenfalls fest, dass Jugendliche immer weniger über die heutige Vielzahl der Drogen und deren teilweise erheblich schlimmeren Folgen informiert werden und teilweise nicht einmal ahnen, dass die Medikamentenähnlichen Pillen z.B. nichts mit der angelernten Ungefährlichkeit der Medikamente zu tun hat. Gleichzeitig sehe ich, dass die Drogenthematik seit 3 Jahren zunehmend vernebelt und stigmatisiert wird, womit dieses Thema eigentlich heute für Kids viel interesanter für die naturgemäße Auflehnung gegenüber den Erwachsenen geworden ist. Halten Sie diese Drogenpolitik i.A. des explodierenden Konsums für weiterhin sinnvoll?

Zu meinen letzten Fragen:
a) Ist Ihnen zu Ohren gekommen, dass sich so ziemlich alle Arzteverbände eindeutig gegen die zwangsweise Verabreichung der Brechmittel ausgesprochen haben, weil sie ein unverhältnismäßiges und unnötiges Risiko auf Leib und Leben birgt.?
b) Halten Sie es für möglich, dass verschluckte Drogen auch über andere Wege "ganz normal" den Körper verlassen könnten? (Zumal nach neuem Polizeigesetz jeder Verdächtige ohne große Probleme mehrtägig festgenommen werden kann)
c) Wie ist das rechtliche Risiko für den Steuerzahler einzuschätzen, wenn bei der jetztigen Methode, durch die ja in Bremen immerhin 20% Unschuldige dem tödlichen Risiko ausgesetzt werden, die anschließend nicht selten stationär behandelt werden müssen? Neben der ethischen Frage stellt sich daher auch die, ob ggf schon durch den erneuten Prozess um das Hamburger Todesopfer nicht unerhebliche Schadensersatzforderungen auf den Steuerzaheler zukommen könnten?

Ich bedanke mich für Ihre Antwort und wünsche Ihnen einen schönen Abend.

mfg rose

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Antwort von
CDU

Lieber Herr Rose,

als "Förderer" der Guttempler (Vereinigung abstinent lebender Menschen) und Angehöriger einer Guttemplerin ist mir das Thema "Drogen und Sucht" natürlich nicht unbekannt.
Sucht fängt bekanntlich im Kopf an. Man setzt eine Droge bewußt oder unbewußt für oder gegen etwas ein. Irgendwann kommt evtl. eine körperliche Abhängigkeit hinzu. Der Körper braucht jetzt den "Stoff" ( seien es legale oder illegale Drogen). Die Suchtkarriere hat begonnen...... Will ein Abhängiger nun aus dem Suchtkreislauf ausbrechen, so lautet eine erste Grundregel nach der Entgiftungsphase: Schaffe Dir eine "stofffreie Zone" zuhause. Die Verfügbarkeit des Suchtmittels muß deutlich erschwert sein, wenn es denn dem Krankheitsverlauf entsprechend zum Suchtdruck / zum schwachen Moment kommt.
Warum schildere ich Ihnen diese Abläufe?
Ganz einfach: Erschwerte Verfügbarkeit schafft zeitlichen Raum für Überlegungen / Vernunft.
Grüne Forderungen zum freien Cannabis - Verkauf in Apotheken z.B. halte unter diesen Gesichtspunkten für mindestens grob fahrlässig. (Vgl. Internetseite der grünen Abgeordneten Katja Husen).
Es ist richtig, daß man einen unwilligen Menschen zwar nicht "trockenlegen" kann, aber das Ausmaß der "Verführung" sollte man doch gering halten. Ich bin daher z.B. für eine strikte Einhaltung des Jugendschutzgestzes, für eine höhere Besteuerung von alkoholischen Getränken ( z.B. Alcopops etc.)sowie zwangsläufig für eine gnadenlose Verfolgung und Bestrafung von Drogendealern etc. Damit ist nicht eine bewußt in Kauf genommene Gefährdung von Leib und Leben derselben gemeint, damit wir uns hier richtig verstehen! Der Platz reicht nicht aus, um so ein so komplexes Thema auf einer Seite umfassend abzuhandeln.
Ich sehe im Gegensatz zu Ihnen nicht, daß die Drogenthematik bei uns in Hamburg zunehmend vernebelt und stigmatisiert wird. Ganz im Gegenteil bemühen wir uns sehr darum, das Thema Sucht nicht nur wie bisher zu verwalten, sondern z.B. in Sachen Prävention deutlich mehr zu tun. Siehe hierzu auch unser "Konzept für eine drogenfreie Kindheit". Interessant ist in diesem Zusammenhang auch der Bericht der FOGS - Kommission zu lesen, der sich kritisch mit dem bestehenden Hamburger Suchthilfesystem im Bereich der illegalen Drogen auseinandersetzt. Hier findet man diverse Verbesserungshinweise, die wir nach und nach abarbeiten.
Quelle http://www.hamburg.de / Bürgerschaft/ Parlamentsdatenbank/ Stichwort FOGS - Bericht). In der Drogenpolitik kann man zwar nicht zaubern, aber eines ist ganz klar, die Ausstiegsorientierung muß neben der Prävention im Vordergrund aller Bemühungen stehen. Befindet sich bereits jemand in der Abhängigkeit, so kann nur über einen, wie auch immer gearteten Leidensdruck ein Ausstiegswille beim Abhängigen erzeugt werde. Im Bereich der illegalen Drogen gehört dazu noch eine Zwischenphase der körperlichen Stabilisierung z.B. in Form einer vorrübergehenden Substitution mit z.B. Methadon. Ich glaube, jeder ernsthafte Kenner der Szene wird mir hier, bei der Einschätzung dieser Dinge, Recht geben. Soviel vielleicht erst einmal zu meiner Einschätzung unserer Drogenpolitik.
Die Problematik der Beweissicherung habe ich gestern bei der Bürgerschaftssitzung auch noch einmal mit meiner Kollegin V. Spethmann angesprochen. GGf. sollten Sie,lieber Herr Rose, Frau Spethmann, wegen der direkten fachlichen Zuständigkeit, dazu auch noch einmal befragen. Frau Spethmann ist von Beruf Juristin und damit in rechtlicher Hinsicht bei manchen ihrer Fragestellungen sicherlich auch die kompetentere Ansprechpartnerin. Mein Fachgebiet sind die Drogen- und Suchtfragen.
Frau Möller von den Grünen hat mich ferner, auf Nachfrage, informiert, daß zur nächsten Bürgerschaftssitzung am 02.02. eine GAL - Initiative zum Thema "Brechmitteleinsätze" geplant ist. Inhaltlich kann ich z.Z. dazu - in Unkenntnis des geplanten Textes - nichts sagen. In den zuständigen Ausschüssen ( Innen und Recht) hat es jedenfalls bislang nichts gegeben.

MfG
Olaf Böttger

Zitat:
"Politik ist die Kunst des Möglichen."
(Otto von Bismarck)

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Betrifft: Zusätzliche Antwort auf Fragen von Herrn Rose

Lieber Herr Rose,
ich habe mir bezüglich des Brechmitteleinsatzes eine Stellungnahme aus der Justizverwaltung eingeholt. Hier ist nun die Antwort aus Sicht der zuständigen Behörde:

Sehr geehrter Herr Rose,

die Vergabe von Brechmitteln stellt nach wie vor ein unverzichtbares Mittel zur Beweissicherung und Aufklärung von Drogendelikten dar. Zu diesem Thema
hat der Senat regelmäßig Kleine Anfragen beantwortet. Die letzten füge ich Ihnen in der Anlage bei.(Hinweis:Anfrage von Frau Möler) Die Vergabe des
Brechmittels wird durch die Staatsanwaltschaft angeordnet und nach einem streng geregelten Verfahren durch entsprechend ausgebildete Ärzte
vorgenommen. Falls dennoch eine nicht vorhersehbare gesundheitliche Krisensituation eintreten sollte, ist eine unverzügliche notärztliche und intensivmedizinische Versorgung gewährleistet. Nach der neuesten Auswertung wurden im Jahr 2004 insgesamt 112
Brechmittelvergaben angeordnet. Hiervon musste dann in 91 Fällen das Brechmittel tatsächlich vergeben werden. Unmittelbarer Zwang wurde 3 mal
angewendet. Lediglich einmal musste eine Magensonde eingesetzt werden: In 88
von 91 Fällen wurde das Brechmittel freiwillig eingenommen. Zu Zwischenfällen ist es seit 2001 nicht mehr gekommen. Wie die Untersuchung
des bedauerlichen Todesfalls ergeben hat, litt der betroffene Achidi J. unter einer Herzkrankheit.

In der Hoffnung Ihnen mit dieser Antwort die letzten offenen Fragen beantwortet zu haben.

MfG
Ihr Olaf Böttger