Frage an Olav Gutting bezüglich Gesundheit

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Olav Gutting
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Frage von Markus K. •

Frage an Olav Gutting von Markus K. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrter Herr Gutting
Vor wenigen Jahren sollte eine so genannte "Positivliste" eingeführt werden, welche alle Medikamente listet, deren medizinischer Nutzen definitiv belegt ist. Nur diese müssten die Gesetzlichen Krankenkassen (GK) bezahlen. http://de.wikipedia.org/wiki/Positivliste_für_Arzneimittel
Die Sinnhaftigkeit dieser Liste liegt auf der Hand, wurde aber nicht umgesetzt. Diese Liste abzulehnen war keinesfalls im Sinne der Allgemeinheit.
Auch heute noch wäre diese Liste gut geeignet um Medikamentenkosten zu reduzieren. Warum wird diese Idee nicht wieder aufgegriffen und umgesetzt?

Warum wurde bei der letzten Reform zum Thema der Vorschlag abgelehnt, dass neue, üblicherweise teurere Medikamente, die GK nur bezahlen müssten, wenn eine hinreichende bessere! Wirkung nachgewiesen wird? Diese bessere Wirkung, wenn ich richtig informiert bin, besteht sehr oft nämlich nicht.

Die Medikamentenkosten der GK wären in Deutschland, nach einer Studie 2010 um über 9 Milliarden € niedriger wenn diese so teuer wie in Schweden wären.
http://www.schwedenerleben.com/aktuell/liebhaber-aktuell/tv/hart-aber-fair-wdr/medikamente-in-schweden-guenstiger-als-in-deutschland-hart-aber-fair/
Auch in Schweden verdient die deutsche Pharmaindustrie noch genug Geld. Warum muss in Deutschland für die gleichen Medikamente so viel mehr bezahlt werden?
Mit 25%-45% Gewinn gehört die Pharmaindustrie zu den profitabelsten überhaupt. Hier können enorme Kosteneinsparungen schmerzlos verkraftet werden. Vergleichen Sie einmal diese Gewinne mit denen von medizinischen Hilfsberufen, welche im Gegensatz zum Pharmaindustrie sehr kurz, teilweise ruinös, gehalten werden.
Im übrigen ist ein Verweis auf die hohen Forschungsaufwendungen nicht gerechtfertigt, denn die höchsten Kosten entstehen im Marketing http://www.popstar.ch/wordpressa/

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Sehr geehrter Herr Kuhn,

für Ihre Eingabe zur Gesundheitspolitik, die Sie mir am 12. vorigen Monats über das Portal „Abgeordnetenwatch“ haben zukommen lassen, danke ich Ihnen.

Es ist richtig, dass man schon vor Jahren vergeblich versucht hat, eine sog. Positivliste einzuführen. Schon Horst Seehofer ist als Gesundheitsminister in den 90er Jahren mit dem Versuch, eine solche Indikationenliste für verordnungsfähige Arzneimittel einzuführen, am Widerstand der Pharmalobby gescheitert. In der Tat eine bedauerliche Entscheidung.

Um die erheblichen jährlichen Kostensteigerungen bei den Arzneimitteln zu begrenzen, hat die schwarz-gelbe Bundesregierung im November letzten Jahres das sog. Arzneimittelneu-ordnungsgesetz 2011 beschlossen und verabschiedet. Danach ist es den Pharmaherstellern nicht mehr möglich, die Preise für neue Arzneimittel (sog. innovative Medikamente) eigen-ständig zu diktieren. Seit Jahresbeginn müssen Pharmaunternehmen den Nutzen für alle Arzneimittel nachweisen, damit die Krankenkassen bei Verschreibung durch den Arzt die Kosten übernehmen. Dafür müssen die Hersteller beim Gemeinsamen Bundesausschuss, dem u.a. Ärzte und Krankenkassen angehören, ein Dossier vorlegen. Auf dieser Grundlage wird eine Nutzenbewertung erstellt. Arzneimittel, für die kein Zusatznutzen festgestellt wird, werden direkt in das Festbetragssystem überführt. Damit wird die Erstattung begrenzt auf den Preis vergleichbarer Medikamente.

Hinzukommt die im Arzneimittelneuordnungsgesetz 2011 verankerte finanzielle Beteiligung von Pharmaunternehmen, Medikamenten-Großhändlern und Apotheken an den steigenden Kosten des Gesundheitswesens in Form von Rabatten und Preisabschlägen.

Die neu eingeführte Nutzenbewertung von neuen Medikamenten stellt somit einen Ersatz für die seinerzeit gescheiterte Einführung der Positivliste dar und führt ja im Gegensatz zu Ihrer Unterstellung gerade dazu, dass für neue Medikamente ohne nachweisbaren therapeutischen Nutzen keine höheren Preise verlangt werden dürfen.

Ihre Kritik an dem Hochpreisniveau auf dem deutschen Arzneimittelmarkt kann ich in Teilen nachvollziehen. Mit dem Arzneimittelneuordnungsgesetz wird zumindest, was die innovativen patentgeschützten Neumedikamente angeht, dem Missbrauch durch die bisher mögliche freie Preisbildung ein Riegel vorgeschoben. Dennoch kommt man nicht umhin, das hohe Preisniveau zu beklagen, auch wenn man den für bestimmte Medikamente (Krebsmedizin) extrem hohen Forschungsaufwand zugrunde legt. Auch der Hinweis auf die 19 Prozent Mehrwertsteuer auf Medikamente (meines Wissens gibt es das nur noch in Dänemark) kann die relativ hohen Preise nicht zur Gänze erklären. Ich bin schon der Meinung, dass hier noch erhebliche Einsparpotentiale vorhanden sind.

Auf das von Ihnen am Ende Ihrer Eingabe angeschnittene Thema „Forschungsaufwand in der Pharmaindustrie“ gehe ich nur kurz ein, da ich Ihnen auf eine ähnliche Fragestellung, die Sie letztes Jahr über Abgeordnetenwatch an mich gerichtet hatten, ausführlich geantwortet hatte. Ich darf nur einen Passus aus meinen damaligen Ausführungen zitieren:

„Aber gerade zu dem Thema „Krebsmedizin“ darf ich auf die Aussage eines Zeugen verwei-sen, der nun nicht im Verdacht steht, als verlängerter Arm der Pharmaindustrie zu handeln. Ich meine Professor Peter Sawicki, noch Chef des obersten Arzneimittelprüfinstituts, der einmal auf die Frage nach den extrem hohen Kosten der Krebsmedikamente antwortete. "Insbesondere auf diesem Gebiet wird systematisch und mit einem Riesenaufwand geforscht." Bei anderen Präparaten mag das sicherlich anders sein.“ Da kommen nicht selten hohe dreistellige Millionenbeträge zusammen.

Trotz aller im Gesundheitssystem noch vorhandenen Wirtschaftlichkeitsreserven werden die Kosten für die Gesundheit auf Dauer steigen müssen. Das hat zum einen mit dem glücklichen Umstand zu tun, dass die heutigen Generationen im Durchschnitt eine erheblich höhere Lebenserwartung haben und zum anderen mit dem rasanten technologischen Fortschritt der Medizin-Technik.

In der Hoffnung, Ihnen mit meinen Ausführungen einstweilen ein wenig gedient zu haben, verbleibe ich

mit freundlichen Grüßen

Olav Gutting, MdB

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