Frage an Otto Fricke bezüglich Finanzen

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Otto Fricke
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Frage von Elke S. •

Frage an Otto Fricke von Elke S. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Fricke,

„Ein Großteil der Deutschen (60 Prozent) hat große oder sehr große Angst, dass der Euro-Rettungsschirm Deutschland teuer zu stehen kommt“, ist im letzten „Stern“ zu lesen.

Ich gehöre dazu. Seit geraumer Zeit verfolge ich als besorgte Bürgerin, wie unsere Regierung immer größere Garantieren und Bürgschaften für überschuldete Euro-Länder übernimmt.

Wenn man Bürgschaften übernimmt: Sollte man da nicht erst einmal prüfen, ob man sich das selbst leisten kann – zumal, wenn die Aussicht besteht, daß man für die Gesamtsumme einstehen muß?
Jetzt soll eine Einlage von ca. 22 Milliarden Euro für den neuen Rettungsschirm ESM eingezahlt werden. Dies bedeutet eine weitere Neuverschuldung Deutschlands.

Wenn der ESM eingerichtet ist, steht Deutschland in einer immerwährenden Nachschußpflicht ohne Kontrolle des Bundestags wie Herr Regling in dankenswerter Offenheit in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 16.4. äußert.

Ich kann den Sinn solcher Rettungsaktionen nicht erkennen: Unser Staat macht Schulden, damit andere Staaten noch mehr Schulden machen.
Das nützt den betroffenen Ländern nicht und kann uns nur schaden.
Bei allem Respekt möchte ich Sie angesichts dieser Vorgänge daran erinnern, daß Deutschland bereits mit 1,9 Mrd. Euro verschuldet ist, und es bei Schulden einen point of no return gibt.

Gibt es für Sie Obergrenzen für Haftungen und finanzielle Hilfen für die überschuldeten Staaten?

Ich frage Sie deshalb: Was ist Ihre Meinung dazu? Werden Sie dem ESM im Bundestag zustimmen?

Ich danke für Ihre Bemühungen mit freundlichen Grüßen
Elke Seyrer

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Sehr geehrte Frau Seyrer,

ich kann Ihre Sorgen über die zunehmenden Verpflichtungen Deutschlands im Rahmen des Europäischen Stabilisierungsmechanismus (ESM) gut nachvollziehen. Es wird hier scheinbar leichtfertig mit Milliarden hantiert, während die Bundesregierung für gewöhnlich betont, dass sie an allen Ecken und Enden sparen müsste. Ich versichere Ihnen allerdings, dass nicht nur die Bundesregierung die Folgen ihrer Zusagen in der Richtung berücksichtigt, sondern auch die Haushälter aller Fraktionen im Bundestag mit Argusaugen die Beschlüsse zur Eurorettung betrachten.

Sinn des ESM ist es, den Staatsbankrott in Zahlungsschwierigkeiten geratener Partnerländer mit empfindlichen Folgen für das deutsche Bankenwesen, die deutsche Realwirtschaft und den Euro zu vermeiden. Für jedes Hilfspaket gibt es eine finanzielle Obergrenze, die in der Höhe vom Einzelfall abhängt. Entscheidend ist, ob der Hilfsempfänger durch den Notkredit in die Lage versetzt wird, den Staatshaushalt nachhaltig zu sanieren. Langfristig funktionieren können die Hilfspakete allerdings nur, wenn keine Blankoschecks ausgeschrieben werden, welche jeglichen Anreiz zum Sparen vernichten würden. Aus diesem Grund ist es essentiell, eine Gewährleistung von Nothilfen immer mit klaren Reformverpflichtungen und zwangsläufig empfindlichen Einsparungen für den Empfänger zu verknüpfen. Solidarität wird es nur geben, wenn jeder seinen Teil zu der Lösung des Problems beiträgt. Dieser Ansatz des Förderns und Forderns findet sich auch in einem gemeinsam mit der Union formulierten Antrag an den deutschen Bundestag, welcher die Position der FDP zur Zukunft der Euro-Stabilisierung verdeutlicht und unter folgendem Link zu finden ist:
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/048/1704880.pdf

Ein fertig eingerichteter ESM ohne Kontrolle des Bundestages wäre ein gefährliches Wagnis. Das politische System Deutschlands setzt aus gutem Grund auf das Budgetrecht des Parlaments und eine Ausgabenkontrolle durch den Haushaltausschuss. Ich werde mich weiterhin nachdrücklich dafür einsetzen, dass eine Parlamentsbeteiligung auch bei der Hilfestellung gegenüber den Euro-Partnern stets gewährleistet bleibt. Eine weitere Voraussetzung für die Zustimmung zum ESM sehe ich in einer zwingenden Gläubigerbeteiligung im Falle fehlender Schuldentragfähigkeit, sodass die Marktmechanismen für Staatsanleihen nicht außer Kraft gesetzt werden. Zur Vermeidung künftiger Schuldenkrisen sind zudem angemessene und automatische Sanktionen bei Defizitverfahren absolut notwendig.

Der Euro als gemeinsame europäische Währung ist ein ehrgeiziges Pilotprojekt zur wirtschaftlichen Integration, welches langfristig den Wohlstand in Deutschland und ganz Europa mehrt. Ich bin überzeugt davon, dass sich trotz der negativen Schlagzeilen der vergangenen Monate auch die jetzige Krise mit den richtigen Reformschritten überwinden lässt. Als ständig mit den deutschen Zahlungsverpflichtungen konfrontiertes Mitglied des Haushaltsausschusses werde ich mich weiterhin vehement dafür einsetzen, diese Reformschritte einzuleiten.

Mit freundlichen Grüßen,

Otto Fricke

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