Frage an Otto Fricke bezüglich Arbeit und Beschäftigung

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Otto Fricke
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Frage von Friedrich W. •

Frage an Otto Fricke von Friedrich W. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Fricke,

Die Aufteilung der Regierungstätigkeit zwischen Bonn und Berlin hemmt die Effizienz eine der Bundesrepublik Deutschland als Ganzes dienenden Regierung. Mir ist nicht zu vermitteln, dass Partikularinteressen Vorrang vor gesamtdeutschen Interessen besitzen sollen. Wieso ist den Abgeordneten von Nordrhein-Westfalen diese Einsicht nicht zu vermitteln?

Mit freundlichen Grüßen
Friedrich Weber

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Maßgeblich für die Frage des Komplettumzuges von Bonn nach Berlin ist, wie sollte es anders in der Politik sein, ein Gesetz.

Dieses Gesetz ist wie alle Gesetze zwar im Rahmen der Verfassung änderbar, aber erst einmal existent. Auch muss man festhalten, dass das Bonn/Berlin-Gesetz für eine Änderung oder Streichung der Mehrheit der großen Koalition bedürfte. Diese ist jedoch nicht absehbar, da hier jedenfalls keine der Fraktionen in ihrer Gesamtheit bereit ist, das Thema anzugehen. Als Vorsitzender des Haushaltsausschusses bin ich außerdem der Meinung, dass man bei der Frage des Komplettumzuges überprüfen muss, wie hoch die tatsächlichen Pendelkosten sind, wie viel Effizienzverluste es gibt, wie hoch die Umzugskosten wären und innerhalb von wie vielen Jahren, dieses ist dann die entscheidende Frage, ob sich der Komplettumzug rechnet.

Darüber hinaus muss man natürlich auch sehen, dass der Bund gegenüber seinem „Vertragspartner“ der Stadt Bonn entsprechende Verpflichtungen eingegangen ist. Sicherlich, die Situation der Region Bonn ist finanziell weit besser als die Region Berlin. Man muss jedoch auch hier sehen, dass auch die Bundesrepublik Deutschland nicht nach dem Motto vorgehen kann, ich mach was mir gefällt. Das Ergebnis eines solchen Denkens sehen Sie an den vielen verfassungswidrigen Gesetzen, die gegenwärtig die große Koalition beschließt.

Nun werden Sie mir sicherlich eine gewisse Befangenheit unterstellen müssen, da ich selber aus Nordrhein-Westfalen komme. Ich weise jedoch darauf hin, dass es für einen Niederrheiner so ist, dass er von den Standortvorteilen der Region Bonn und eventuell noch bis zum südlichen Köln nur indirekt über eventuelle Mehreinnahmen des Landes Vorteile ziehen kann.

Berücksichtigt man diese Fakten sowie die Tatsache, dass die Region Bonn dank einer beispiellosen Wirtschaftsentwicklung und der ansässigen Konzerne, wie etwa der Deutschen Telekom AG und der Deutschen Post AG, sehr gut dasteht, ist aus meiner Sicht ein Mittelweg der richtige. Dieser besteht darin, schon jetzt zu prüfen, welches Referat oder welche kleinere Einheit aufgrund damit verbundener besonderer Effizienzsteigerungen bereits heute nach Berlin ziehen kann. Hier sind die Dinge aus meiner Sicht nicht statisch, sondern im Fluss. Ziel muss es aber immer sein, mit dem Geld der Steuerzahler vernünftig und sparsam – nicht aber nur emotional – umzugehen.
Ich möchte Sie aber auch auf einen weiteren Aspekt hinweisen. Nämlich den der betroffenen Personen.

Ich erwarte von einem Mitglied des höheren Dienstes, dass es die Flexibilität an den Tag legt, die für einen Umzug seiner Stelle und seiner Arbeit nach Berlin notwendig wäre. Als Familienvater von 3 kleinen Kindern, der diese wochenweise nicht sieht, wenn Sitzungswochen sind, bin ich mir sehr wohl bewusst, welche Mühen eine entsprechende Flexibilität mit sich bringt. Jedoch denke ich, dass das in Abwägung der gesamtwirtschaftlichen Situation, bei immer noch über 4 Millionen Arbeitslosen, verantwortbar ist. Beim gehobenen und auch beim mittleren Dienst wird es hingegen etwas schwieriger. Hier muss man einfach sehen, dass ein Umzug für diese Personen mit erheblichen Problemen verbunden wäre.

Lassen Sie mich als letztes noch auf folgenden Aspekt hinweisen. In der Region Köln/Bonn hat es in der letzten Zeit immer wieder Bundesinstitute oder ähnliche Organisationen des öffentlichen und privaten Rechts gegeben, die aufgrund von Bundesentscheidungen in diese Regionen gekommen sind. Wenn man hier deutlicher machen würde, dass für die dorthin gesiedelten Personen der anderen Seite auch Teile der Bundesregierung nach Berlin gehen könnten, gäbe es eine kommunizierende Röhre, die Berlin dauerhaft helfen würde und die Region Köln/Bonn dauerhaft nicht schädigen würde. Leider ist das Thema mit sehr viel Populismus versehen, und es gibt auch manche Ineffektivität, ich verweise insofern auf den aktuellen Spiegelartikel zu diesem Thema (den ich mir jedoch ausdrücklich nicht zueigen mache). Jedoch halte ich es für falsch, als Politiker Versprechungen zu machen, die sich in der Realität nie umsetzen lassen. Gerade dieses Verhalten führt immer wieder zu Politikverdrossenheit.

Mit freundlichen Grüßen und den besten Wünschen für die Adventszeit und viel Spaß beim Einkaufen zu 16%.
Ihr Otto Fricke, MdB

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