Frage an Otto Fricke bezüglich Bildung und Erziehung

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Otto Fricke
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Frage von Ursula N. •

Frage an Otto Fricke von Ursula N. bezüglich Bildung und Erziehung

Sehr geehrter Herr Fricke,

wenn in Deutschland Staat und Kirche/Religion getrennt werden, warum findet dann an staatlichen Schulen Religionsunterricht statt?

Mit freundlichen Grüßen
Ursula Nurkowski

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Sehr geehrte Frau Nurkowski,

ganz einfach: Artikel 7 Absatz 3 Satz 1 unserer Verfassung, des Grundgesetzes, schreibt das ausdrücklich vor. Es ist das einzige Schulfach, das ausdrücklich im GG benannt wird. Satz 2 des selben Absatzes besagt, dass die die Grundsätze Religionsgemeinschaften bei der Gestaltung dieses Unterrichts eine wichtige Rolle spielen.

Deutschland nämlich ist kein laizistischer Staat, sondern ein religiös neutraler. Laizismus bedeutet (vereinfacht), dass Religionen aus dem öffentlichen Leben hinausgedrängt werden. Neutralität heißt, dass der Staat für keine Religion Partei ergreift.

Indem an öffentlichen Schulen Religionsuntersucht angeboten wird, entsteht jedoch keine Parteinahme für eine Glaubensrichtung, sondern ein Angebot zur Befassung mit dem Glauben. Dieses Angebot können die Eltern und ab dem vierzehnten Lebensjahr - so sieht es das Gesetz vor - auch die Schüler selbst ablehnen (Religionsmündigkeit). Dass sich der Religionsunterricht weithin auf katholischen und evangelischen Unterricht beschränkt, hat traditionelle Gründe: Vormals nahezu alle, heute noch die meisten Schüler gehören diesen Glaubensrichtungen an. Doch wo andere Glaubensrichtungen sehr stark, sind kann sich auch nicht-christlicher Religionsunterricht anbieten: Es sollte islamischen Religionsunterricht an Schulen in Deutschland geben, und mancherorts gibt es ihn - jedenfalls im Modellversuch - auch schon.

Wertebildung an Schulen ist eine wichtige Grundlage des Bestandes und der Entwicklung einer pluralistischen Gesellschaft - so wie der unseren. Der Religionsunterricht hat sich, das sage ich auch als Liberaler, als geeignete Plattform bewährt, diese Wertebildung zu leisten und junge Menschen an die letzten Fragen heranzuführen, ohne die man eine Idee vom Leben nicht gewinnen kann. Was das nicht heißen soll, ist, dass der Religionsunterricht die einzige Möglichkeit der Werteerziehung an Schulen ist - und dass er nur auf christliche Religionen zu beschränken ist.

Es grüßt Sie freundlich

Otto Fricke, MdB

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