Frage an Paul Lehrieder bezüglich Finanzen

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Paul Lehrieder
CSU
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Frage von Felix R. •

Frage an Paul Lehrieder von Felix R. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Lehrieder,

als Einzelhändler bekomme ich jeden Tag die Stimmung der "kleinen Leute" mit.
Diese schwankt seit längerem zwischen Fassungslosigkeit, Ärger und Resignation.
Zu den häufigsten Themen gehören die gestiegenen Energiepreise. Die Bürger fühlen sich ohnmächtig gegenüber den großen Öl- und Stromlieferanten. Die Öl- und Stromindustrie macht prozentual so viel Zusatzgewinn, wie die Kosten für den Verbraucher steigen. Was gedenken Sie gegen die Bereicherung einiger weniger Giganten gegenüber dem Volk zu tun? Was möchten Sie dagegen tun, daß die Menschen Lebensqualität dadurch verlieren, daß sie im Winter in der Kälte sitzen? Was möchten Sie gerne für Menschen tun, die keine Möglichkeiten mehr haben auf der grünen Wiese einzukaufen, weil sie sich kein Auto mehr leisten können? Die Nahversorgung ist derzeit akut gefährdet!
Eine andere Frage scheint die Bürger ebenso zu interessieren. Das Steueraufkommen hat sich seit 2000 verdreifacht, aber die Menschen fragen sich, wo das ganze Geld bleibt. Wäre es nicht im Sinne der Bundesbürger, ganz offiziell bis ins Detail darzulegen, wo das Steuergeld herkommt und wo es hingeht und zwar so, daß es jeder unproblematisch nachlesen kann?
Die Menschen fühlen sich verschaukelt, sehen ständig Berichte über sich bereichernde Menschen mit Jahreseinkommen, welche der kleine Mann noch nicht mal im ganzen Leben erreicht, die eigenen Lohnsteigerungen bleiben unter der Inflation. Dies kann sehr schädlich für die Demokratie werden, was sich ja schon mit den geringen Wahlbeteiligungen ankündigt.
Was möchten Sie tun, um die Menschen davon zu überzeugen, daß unser ganzes System noch für die nächsten Jahrzehnte oder auch länger taugt?

Mit freundlichen Grüßen
Felix Richter

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CSU

Sehr geehrter Herr Richter,

für Ihre Anfrage über abgeordnetenwatch vom 8. August dieses Jahres danke ich Ihnen. Sie bitten mich darin um eine Stellungnahme u. a. zu den gestiegenen Energiepreisen sowie zum Steueraufkommen.

Ich kann Ihre Verärgerung sehr gut nachvollziehen: Die jüngste Entwicklung der Strom- und Gaspreise belastet die privaten Haushalte und gefährdet die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft. Das politische Wirken der Großen Koalition ist deshalb darauf gerichtet, die Energiepreise sowohl für die industriellen Verbraucher als auch für die privaten Haushalte auf einem bezahlbaren Niveau zu halten.

Eine zentrale Bedeutung kommt der Intensivierung des Wettbewerbs auf den Energiemärkten zu. Eine höhere Wettbewerbsdynamik ist der beste Garant für günstige Preise. Ein wichtiger Schritt war die Energierechtsnovelle aus dem Jahr 2005. Mit ihr wurden die Voraussetzungen für die Regulierung des monopolistisch strukturierten Netzbereichs geschaffen.

Als Regulierungsbehörde überwacht die Bundesnetzagentur die Betreiber von energieversorgungsnetzen. Da es in den einzelnen Versorgungsgebieten immer nur einen Netzbetreiber gibt, könnte dieser seine Monopolstellung missbrauchen, indem er Wettbewerber nicht oder nur zu überhöhten Preisen in sein Nezt lässt. Um das zu verhindern, müssen die Netzbetreiber die Gebühren, die sie anderen Netznutzern abnehmen, von der Netzagentur genehmigen lassen. Die Regulierung der Netzentgelte, die einen erheblichen Teil des Preises ausmachen, zeigt mittlerweile Wirkung. Die bisher getroffenen Entscheidungen der Bundesnetzagentur weisen deutliche Kürzungen der beantragten Netzkosten auf. So sind die Netzentgelte für Haushaltskunden bei einem Jahresverbrauch von 3,500 kWh/Jahr durch die Entscheidungen der zuständigen Regulierungsbehörden von durchschnittlich 7,30 Cent/kWh (01.04.2006) auf 6,34 Cent/kWh (01.04.2007), also um ca. 13 Prozent, gefallen. Die zweite Netzentgeltgenehmigungsrunde läuft derzeit bei den federführenden Regulierungsbehörden.

Zu einer weiteren Verbesserung der Wettbewerbssituation führt die am 30. Juni 2007 in Kraft getretene Verordnung für den Netzanschluss von Kraftwerken. Sie konkretisiert den diskriminierungsfreien Anschluss von Neubau-Kraftwerken. Das gilt insbesondere für neue Anbieter.

Am 6. November 2007 ist darüber hinaus die Verordnung über die Anreizregulierung der Energieversorgungsnetze in Kraft getreten. Die Anreizregulierung soll im Monopolbereich der Netze vergleichbare Bedingungen wie im echten Wettbewerb herstellen, indem sich die Unternehmen an den effizienten Wettbewerbern messen lassen müssen. Um die dringend benötigte Modernisierung und Erweiterung der Netze voranzutreiben, hebt die Bundesnetzagentur den Zinssatz auf das Eigenkapital für Neuinvestitionen von derzeit 7,56 auf 9,29 Prozent vor Steuern an. Altanlagen sollen künftig mit 7,56 statt 6,5 Prozent verzinst werden.

Eine entscheidende Bedeutung bei den Maßnahmen zur Senkung der Strompreise hat die effektivere Ausgestaltung der bestehenden kartellrechtlichen Missbrauchsaufsicht im Energiesektor. Mit der vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie erarbeiteten und am 22. Dezember 2007 in Kraft getretenen Kartellrechtsnovelle wird dem Bundeskartellamt die Missbrauchsaufsicht über die Preispolitik der Stromkonzerne durch eine Verbesserung der Eingriffsmöglichkeiten gegenüber marktbeherrschenden Energieversorgungsunternehmen wesentlich erleichtert.

Die von der EU-Kommission geforderte Eigentumsentflechtung von Energieerzeugung, -verteilung und -vertrieb ist hingegen keine Lösung. Die EU-Kommission bleibt den Nachweis schuldig, dass sich die verfolgten Ziele nicht ebenso gut mit anderen Mitteln als dem besonders schwerwiegenden Eigentumseingriff erreichen lassen. Die Bundesregierung setzt sich daher für eine Alternative zu den Kommissionsvorschlägen ein, die eine wirksamere Entflechtung ermöglichen, ohne jedoch in die Eigentumsverteilung einzugreifen.

Die beschriebenen Maßnahmen zeigen, dass die Bundesregierung gemeinsam mit der sie tragenden Regierungskoalition große Anstrengungen unternimmt, die Wettbewerbssituation im Interesse bezahlbarer Energiepreise zu verbessern. Aber auch die Verbraucher sind gefordert. Jeder Einzelne kann durch Preisvergleiche und Anbieterwechsel einen wesentlichen Beitrag zu mehr Wettbewerb auf den Energiemärkten leisten.

Zum Thema "Steuern" hat die CSU vor einiger Zeit ihr neues Steuerkonzept vorgelegt, um die steuerliche Entlastung von kleinen und mittleren Einkommen zu erreichen.

Profitieren sollen vor allem Familien, Arbeitnehmer und der Mittelstand. Ziel ist ein einfaches, gerechtes und wettbewerbsfähiges Steuersystem. Das Konzept sieht 2009 eine Sofortentlastung durch eine Erhöhung des Kindergeldes sowie des Kinderfreibetrages, die Wiedereinführung der alten Pendlerpauschale und eine Wohnungsbauinitiative vor. 2010 erfolgt dann die erste Stufe der Einkommenssteuertarifsenkung: der Grundfreibetrag wird auf 8000 € erhöht und der Einstieg in die Tarifsenkung wird vor allem geringe Einkommen entlasten. 2012 kommt die zweite Stufe der Einkommenssteuertarifsenkung zum Tragen, die zu einer Abflachung des gesamten Einkommenssteuertarifverlaufs führt. Außerdem wollen wir einen Kindergrundfreibetrag einführen.

Über das "Woher" und "Wohin" der Steuereinnahmen können Sie sich am besten über die Internetseiten des Bundesfinanzministeriums informieren. Dort ist der Bundeshaushalt 2008 unter "http://www.bundesfinanzministerium.de/bundeshaushalt2008/html/index.html" eingestellt. Hier können Sie alles zu den Einnahmen und Ausgaben des Bundes im laufenden Jahr nachlesen.

Auch Ihre Kritik an überzogenen Gehältern und Abfindungen von Managern kann ich nachvollziehen. Auch mich ärgert es, wenn Missmanagement mit hohen Vergütungen dotiert werden. Viele Menschen empfinden das zunehmende Auseinanderklaffen der Bezüge von Konzern-Spitzen und dem Durchschnittsverdiener als ungerecht und erwarten von der Politik einzugreifen. Nun hat eine Arbeitsgruppe der SPD Forderungen vorgelegt, wie Managergehälter und die Höhe von Abfindungen begrenzt werden sollen. Über Änderungen im Aktien-, Steuer- und gegebenenfalls Handelsrecht können wir gerne diskutieren. Dabei sollten wir aber nicht außer Acht lassen, dass die Vergütung des Managements in Unternehmen der Privatwirtschaft nicht Aufgabe der Politik, sondern Sache der Eigentümer des Unternehmens ist. Sie haben darüber zu befinden, wie die Mitglieder der Unternehmensleitung vergütet und am Erfolg beteiligt werden sollen. Durch die weitgehende, international einzigartige Mitbestimmung in Deutschland wird außerdem seit jeher kein Vorstandsvertrag ohne Beteiligung der Gewerkschaften geschlossen. Die Arbeitnehmervertreter haben somit schon immer weitreichende Einflussmöglichkeiten nicht nur auf die Zusammensetzung, sondern auch die Vergütung des Managements aller großen Konzerne. Die verantwortlichen Aufsichtsräte, in denen stets auch die Arbeitnehmerseite vertreten ist, sind aufgefordert, mit Verantwortung und Sensibilität zu reagieren, wenn trotz großer Verluste und Schlechtleistung hohe Abfindungen verlangt werden.

Die Schlagzeilen der Medienberichterstattung erwecken oft den Eindruck, dass Unternehmer mit Profitgier bar jeder sozialen Verantwortung handeln. Das sind Extremfälle einiger weniger Manager. Sie spiegeln nicht die tatsächlichen Verhältnisse in den allermeisten Unternehmen wieder. Tatsächlich bilden das Rückgrat der deutschen Wirtschaft kleine und mittelständische Unternehmen, häufig familien- und inhabergeführte Betriebe. Diese Unternehmer sind Persönlichkeiten, die sehr wohl soziale Verantwortung übernehmen und mit Augenmaß und nach christlichen Wertvorstellungen ihr Unternehmen führen. Ich appelliere an die Grundprinzipien der sozialen Marktwirtschaft und daran, dass langfristiger wirtschaftlicher Erfolg nur auf der Basis eines ethischen Fundaments möglich ist, auch wenn die Unternehmen den Marktbedingungen und Rahmenparametern des harten, globalen Wettbewerbs unterliegen.

Der Staat darf nicht in Gewinn- und Verlustrechnungen von Unternehmen eingreifen und in moralisch gute und schlechte Aufwendungen einteilen. Dies erinnert an Staatsunternehmen. Die Union setzt auf Transparenz und strenge zivilrechtliche Haftungsregeln bei nachgewiesenem Fehlverhalten Einzelner. Wir wollen Eigenverantwortung und Subsidiarität, statt neuer Irrwege in die Staatswirtschaft.

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