Frage an Peter Pawlowski bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Portrait von Peter Pawlowski
Peter Pawlowski
FDP
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Peter Pawlowski zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Cordula B. •

Frage an Peter Pawlowski von Cordula B. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Pawlowski,

Ihrer "Selbstdarstellung" entnehme ich, dass Sie in Polen aufgewachsen sind. Darf ich fragen, was Sie der deutschen Politik empfehlen, wie sie mit der ... etwas extravaganten derzeitigen polnischen Regierung um Staatspräsident Lech Kaczyński und seinen Bruder, Ministerpräsident Jarosław Kaczyński, umgehen sollte?

Vielen Dank schon jetzt für Ihre Antwort,

C. Braun

Portrait von Peter Pawlowski
Antwort von
FDP

Sehr geehrte Frau Braun,

danke für Ihre Email.

Ja, das stimmt, ich bin in Polen geboren und interessiere mich nach wie vor für die politische Situation in meiner alten Heimat.

Bevor ich Ihre Frage beantworte, möchte ich eine Bemerkung grundsätzlicher Natur machen. Wir sollten auf keinen Fall ein Land und seine Bevölkerung aus der Perspektive der Regierenden beurteilen. Der große Vorteil eines demokratischen Systems liegt darin, dass diejenigen, die heute an der Macht sind, in einigen Jahren dieser Macht "beraubt" werden können. Regierungen kommen und gehen, das Land uns sein Volk bleiben. Das gilt für Polen im gleichen Maße wie für Deutschland und jeden anderen demokratischen Staat.

Jetzt zur Ihren Frage;
Ich bin natürlich kein Außenminister und zumindest zum jetzigen Zeitpunkt deutet nur wenig darauf hin, dass ich Einer werde. Dennoch mache ich mir natürlich Gedanken über den jetzigen Stand der deutsch-polnischen Beziehungen und darüber, wie diese in Zukunft aussehen sollten.

Sollte ich in die Ehre kommen, die deutsche Regierung zum Umgang mit der jetzigen polnischen Regierung beraten zu können, würde ich zuerst auf ein deutsches Sprichwort hinweisen: nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Das bedeutet praktisch, dass man bei der Beurteilung der jetzigen Situation in Polen und der Handlungen der Regierung in Warschau vor allem Ruhe bewahren muss.
Denn für die - aus meiner Sicht völlig überzogenen - Reaktionen des Präsidenten Kaczynski und seines Bruders z.B. auf einige (sehr schlechte) Artikel in einer Berliner Lokalzeitung oder auf die Ausstellung der Vertriebenen (die neben vielen Schwächen auch einige Stärken hat)gibt es innenpolitische Erklärung.
Das jetzige Regierungsbündnis in Polen steht auf äußerst wackeligen Füssen.
Die regierenden Parteien haben so gut wie nichts von ihren Wahlversprechen eingelöst. Ganz im Gegenteil, sehr viele Polen sind enttäuscht und der Widerstand gegen die Kaczynskis nimmt ständig zu. Wie die Stimmung im Lande ist, kann man an unzähligen Anekdoten, Karikaturen und Glossen, die die jetzigen polnischen Machthaber aufs Korn nehmen leicht erkennen. In einer solchen Situation greifen die Betroffenen sehr oft zu einem alt bewährten Mittel: sie versuchen durch Ablenkungsmanöver die Aufmerksamkeit der Bevölkerung auf andere Probleme zu ziehen. Der tatsächliche Wirkungsgrad solcher Maßnahmen bleibt jedoch begrenzt. Vor allem dann, wenn der Ministerpräsident nach Brüssel fahren muss, um der ganzen Welt zu erzählen, dass Polen nicht homophob, antisemitisch und xenophob sei. Solche Auftritte von dem Regierungschef eines wichtigen europäischen Landes sind an Peinlichkeit nicht zu übertreffen. Da beißt sich die Katze an eigenem Schwanz. Glauben Sie mir werte Frau Braun, die meisten Polen erkennen das sehr gut.

Hinzu kommt, dass die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Polen sehr gut sind und - was noch viel wichtiger ist - die Einstellung der polnischen Bevölkerung zu den Deutschen grundsätzlich sehr positiv ist. Dazu hat sicherlich auch der Besuch des deutschen Papstes beigetragen. Benedikt XVI. wurde sehr herzlich empfangen und hat Hunderttausende in Polen regelrecht begeistert. Dieser Besuch war für mich ein weiterer Beweis dafür, welche Rolle dieser Papst auch für Deutschland spielen kann: als Friedensbotschafter, geboren in einem Land, das noch vor 70 Jahren von Massenmördern regiert wurde. Schade, dass einige deutsche Medien, diese wunderbare Eigenschaft des Heiligen Vaters offensichtlich nicht erkannt haben.

Wie sollte nun die deutsche Regierung mit der polnischen Regierung umgehen? Ich würde sagen, vor allem gelassen. Das bedeutet natürlich nicht, dass man völlig untätig bleiben muss. Kritik ist auch unter Freuden erlaubt uns sogar willkommen. Vor allem dann, wenn Grenzen überschritten werden, die auch mit den Grundwerten der Europäischen Union nicht vereinbar sind. Dazu gehören nicht nur die Rechte der Homosexuellen oder die Frage der Todesstrafe. Der letzte Versuch der polnischen Machthaber, Ressentiments gegen die deutsche Minderheit in Polen zu schüren, darf nicht unkommentiert bleiben. In diesem Punkt könnten auch die "Auslandspolen" ihre bescheidene Rolle spielen. Sollte ich persönlich die Gelegenheit haben, dem Präsidenten Kaczynski oder einem Vertreter der jetzigen polnischen Regierung zu begegnen, werde ich sicherlich darauf hinweisen, welche Auswirkungen auf das Leben der Polen in Deutschland antideutsche Hetzkampagnen in Polen haben können. Wir haben Jahrzehnte gebraucht, um die Frage der deutschen Minderheit in Polen zu lösen. Seit vielen Jahren, sitzen Vertreter der Deutschen im Sejm (dem polnischen Parlament). Es wäre schade, wenn diese Errungenschaften zum Opfer des Absturzes einer Regierung in den Meinungsumfragen fielen.
Ich wünsche Ihnen alles Gute.

Peter Pawlowski