Frage an Peter Schulte bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Peter Schulte
DIE LINKE
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Frage von Henrik W. •

Frage an Peter Schulte von Henrik W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Schulte,

erläutern Sie mir bitte kurz Ihre Position gegenüber dem Bedingungslosen Grundeinkommen, das seit einigen Jahren in der deutschen Öffentlichkeit – und auch in den im Bundestag vertretenen Parteien – diskutiert wird (auf der Website Ihrer Partei bin ich dazu leider nicht fündig geworden).

Die Piratenpartei z.B. möchte das Thema innerhalb einer dafür eingerichteten Enquete-Kommission behandeln und über die dort ausgearbeiteten Konzepte Deutschlands Bürger via Volksabstimmung abstimmen lassen (siehe auch die derzeit erfolgreiche Schweizer Volksinitiative »Für ein bedingungsloses Grundeinkommen«).

Was ist Ihre Meinung dazu?

PS: Auf der Website www.grundeinkommen-ist-waehlbar.de können sich auch Direktkandidaten Ihrer Partei eintragen.

Mit freundlichen Grüßen
Henrik Wittenberg

Antwort von
DIE LINKE

Lieber Herr Wittenberg!

Auch in der LINKEN wird das Thema bedingungsloses Grundeinkommen bereits seit Jahren kontrovers diskutiert. Es gibt sowohl erbitterte Gegener als auch vehemente Befürworter der Idee. Es gibt auch eine eigene Arbeitsgesmeinschaft für das Bedingungslose Grundeinkommen, der ich selbst auch angehöre.
Daran können Sie schon erahnen, dass ich zu den Befürwortern des Bedingungslsoen Grundeinkommens gehöre. Ich beschäftige mich seit rund 20 Jahren mit der Thematik, habe auch schon Referate darüber gehalten und mich an zahlreichen Diskussionen darüber beteiligt.
Für mich sind die Chancen, die das BG bietet, faszinierend und ich glaube, dass es besser als alle anderen Sozialstaatsmodelle dazu geeignet ist, den Armen in unserer Gesellschaft ein Leben in Würde und Anerkennung zu garantieren.
Man darf allerdings auch nicht blind gegenüber den Gefahren sein, denn wenn auch viele Argumente der Gegner eines BG auf Vorurteilen beruhen, so gibt es doch auch eine ganze Reihe stichhaltiger Kritikpunkte, auf die man eingehen und die man dann im Konzept berücksichtigen muss. Das gilt vor allem auch für die Höhe des Grundeinkommens. Bei einem zu niederig angesetzten Betrag, wie in vielen liberalen Modellen vorgesehen, droht ein BG lediglich zu einer Art Hartz IV mit Himbeergeschmack zu werden, weil außer dem Wegfall der Sanktionen (was natürlich sehr wichtig ist) alles andere beim alten bliebe. Außerdem muß aktiv der Gefahr begegnet werden, dass mit Hilfe des BG diejenigen, die jetzt schon am Rande der Gesellschaft leben, quasi endgültig aus der Gesellschft ausgegliedert würden und man sich gar nicht mehr um sie und ihre Integration kümmern würde. Im schlimmsten Fall könnten dann regelrechte Ghettos entstehen, die die übrige Gesellschaft meidet und ignoriert.
Aber all diese und andere Probleme, die die Einführung eines Bedingungslosen Grundeinkommens mit sich bringen könnte, halte ich für lösbar.
Aber der Weg dorthin muss sehr sorgfältig geplant werden, damit der befreiende Effekt des BG auch wirklich bei den Menschen ankommt. Vor Schnellschüssen und vor allem zu niedrigen Einführungssätzen würde ich aber dringend warnen.
Das Bedingungslose Grundeinkommen hat die Macht, die gesellschaftlichen Verhältnisse grundlegend zu verändern.
Wir müssen deshalb sehr verantwortungsbewusst mit der Idee umgehen, in der Zwischenzeit aber natürlich ständig neue Anhänger und Mitstreiter gewinnen, denn die Einführung des BG bedürfte auch einer breiten Unterstützung in der Bevölkerung.

Mit freundlichen Grüßen
Peter Schulte