Frage an Petra Pau bezüglich Soziale Sicherung

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Petra Pau
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Frage von T. K. •

Frage an Petra Pau von T. K. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrte Frau Pau,

Hr. Lafontaine wettert in seinen Reden desöfteren unter anderem gegen die HARTZ Reformen. Die Linke hat sich dieses Thema zu eigen gemacht um dieses zu "bekämpfen".

Am Anfang konnte ich dies auch noch auf den Webseiten der Linken erkennen. Nun ist dies immer seltener zu sehen und die Partei betreibt "nur noch" Aufklärungsarbeit, was die Betroffenen meistens selber schon alles wissen und noch vieles mehr. Die Betroffenen wissen, das sie arm dran sind und viele immer arm bleiben werden. Sie können sich auch nicht durch Aufnahme einer Beschäftigung (da sehr wenig Job´ s und andere Gründe) aus der Armut befreien.

Nun zu meiner Frage:

In Berlin regiert die Linke nun schon mit der SPD seit einigen Jahren mit und sie hätten doch wenigstens schon mal auf der Landesebene anfangen können, die HARTZ Reformen zu "beseitigen". Auch ist sehr negativ zu bemerken, das ausgerechnet die Partei die Linke mit der Partei die SPD koaliert, sei es auch auf Landesebene die die Agenda 2010 erst auf den Weg gebracht hat. Wie glabuwürdig ist diese ganze Politik überhaupt noch (auch insgesamt gesehen)?

Mit freundlichen Grüßen

T. K.

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DIE LINKE

Sehr geehrter T. K.,

die sogenannte Hartz-Reform wurde offiziell und höchst feierlich im August 2002 im Französischen Dom in Berlin präsentiert. Die Linke war schon damals gegen das "Hartz"-Paket. Wir demonstrierten zeitgleich und gemeinsam mit anderen vor dieser Kirche. Ich war dabei.

Das vierte und letzte "Hartz"-Gesetz wurde am 19. Dezember 2003 im Bundestag beschlossen. Alle Fraktionen stimmten zu, nur wir nicht. Im Bundesrat dasselbe Bild: Nur das Land Berlin verweigerte "Hartz IV" seine Zustimmung, weil die Linke dagegen war.

Unser linkes Nein zu den "Hartz"-Gesetzen war also zu jeder Zeit und auf allen Ebenen, im Bund und in den Ländern, in Parlamenten und außerparlamentarisch verlässlich. Daran hat sich auch nichts geändert. Noch heute trete ich gelegentlich auf "Montags-Demos" gegen "Hartz IV" auf. Es gibt sie noch.

Nun meinen Sie, wenigstens in Berlin hätte die Linke beginnen können, die Hartz-Reformen zu beseitigen. Das ist gut gehofft, aber falsch gedacht. Die "Hartz"-Gesetze sind Bundesrecht und sie gelten daher ausnahmslos in allen Bundesländern, auch im rot-rot-regierten Berlin.

Die Linke in Berlin hat dennoch versucht, politische Spielräume zu nutzen und Alternativen zu eröffnen. Sie wissen vielleicht, dass Hartz-IV-Betroffene gezwungen werden, aus ihrer Wohnung auszuziehen, falls die Miete über einem festgelegten Limit liegt.

Senatorin Heidi Knake-Werner (DIE LINKE) hat eine Landesregelung erwirkt, die weit liberaler ist, als in allen anderen Bundesländern und Arbeitslose nicht noch zusätzlich "knechtet". Das ist konkrete Politik zugunsten der Betroffenen, das ist linke Politik.

Senator Thomas Flierl (DIE LINKE) hatte bewirkt, dass große und kleine Theater "Hartz-IV"-Betroffenen und weiteren sozial Bedürftigen gute Plätze für nur 3 Euro anbieten. Sie können so am kulturellen Leben teilhaben. Auch das ist konkrete linke Politik.

Senator Harald Wolf (DIE LINKE) hat für einen öffentlich geförderten Beschäftigungssektor (ÖBS) als Alternative für "Hartz-IV" gekämpft. Der ÖBS bietet würdige Arbeit statt entwürdigende Maßregelung. Inzwischen wird der ÖBS Berlin-weit erprobt.

Sie sehen: Regierungsbeteiligungen der Linken in den Ländern könne zwar kein Bundesrecht brechen, aber sie können dennoch hilfreich für die Bürgerinnen und Bürger sein. Dasselbe können Sie übrigens aktuell in Hessen sehen, obwohl es dort noch gar keine Regierung mit linker Beteiligung gibt.

Aber es gibt eine numerische Mehrheit der SPD, der Grünen und der Linken im Landesparlament. Ministerpräsident Roland Koch (CDU) hatte Studiengebühren mit Zustimmung der FDP eingeführt. SPD und Grüne haben sie mithilfe der Linkspartei wieder abgeschafft.

Daher mein Resümee: Es gibt die großen Bundes-Schritte und es gibt die kleinen Landes-Schritte. So lange sie in eine bessere Richtung führen, sollte man keine gering schätzen. Und das Berliner Beispiel zeigt: Man kann auch mit einer vernünftigen SPD Besseres bewirken.

Ob das Berliner Modell Schule macht, das muss die SPD mit sich selbst klären. So lange sie "Hartz IV" heiligt, bleibt es schwierig. Auch, so lange sie völkerrechtswidrige Kriege duldet oder führen lässt. Aber, dass es überhaupt wieder Bewegung innerhalb der SPD gibt, das liegt wieder an der Linken.

Und deshalb auch das noch zur Erinnerung: Rot-Grün, Schröder-Fischer, trieben Hunderttausende zum Protest gegen ihre unsoziale Politik auf die Straßen. Heraus kam eine neue Partei, die WASG. Dann wollte Ex-Kanzler Schröder 2005 vorgezogene Neu-Wahlen. Heraus kam DIE LINKE.

Das Duo Schröder-Fischer hat als Hauptwirkung ihrer rot-grünen "Reform"-Politik die Solidarität als Sozialstaatsprinzip aufgekündigt und als Nebenwirkung eine bundesweit relevante neue LINKE befördert. Mein Umkehrschluss: Wer Solidarität als Sozialstaatsprinzip will, sollte...

Petra Pau

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