Frage an Rainer Wend bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Rainer Wend
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Frage von Matthias F. •

Frage an Rainer Wend von Matthias F. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Dr. Wend,

Gerne würde ich Ihre Meinung im Bezug auf die Gestaltung der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks hören.

Sind Sie der Auffassung, dass es nur durch die "Zwangsfinanzierung" der öffentlich/rechtlichen Sender eine objektive Berichterstattung geben kann?

Wie stehen Sie und die SPD im Allgemeinen zu dem Modell der sog. "Grundverschlüsselung"? Dabei werden meines Wissens nach die Öffentlich/Rechtlichen Programme verschlüsselt übertragen. Mit einer zu erwerbenden Decoderkarte können diese dann *bei Bedarf* empfangen werden. Dort muss man als Bürger also nur zahlen, wenn man auch wirklich die Programme sehen möchte. Meiner Ansicht nach motiviert dieses die Sendeanstalten dann auch, Ihre Programmgestaltung den Wünschen der Kunden (denn das sind die Bürger in diesem Fall) anzupassen. Menschen ohne Einkommen, oder Menschen die von staatichen Beihilfen leben, bekommen die Decoderkarte kostenfrei gestellt um die Grundversorgung zu gewährleisten.

Ist es Ihrer Ansicht nach gerecht, wenn Menschen ohne Einkommen, die aber auch nicht von staatlichen Beihilfen leben, nicht von den Rundfunkgebühren befreit werden können? Nehmen Sie als Beispiel Studenten, die keinen Anspruch auf Bafög haben, weil sie während einer vorausgegangen Berufstätigkeit mehr Geld zur Seite gelegt haben, als das Bafög-Gesetz es Ihnen erlaubt, oder weil Ihnen das Befög gestrichen wurde. Auf der einen Seite wird man ermutigt, Geld für die eigene Altersvorsorge zurückzulegen, auf der andern Seite halten dann die Rudfunkanstalten die Hand auf und lassen sich aus dem Gesparten eines "Nicht-Verdieners" die Rundfunkgebühren bezahlen. Dem Sparer gefällt das natürlich gar nicht und dem Studenten, dem das Bafög - aus welchen Gründen auch immer - gestrichen wurde, bleibt gar nichts anderes übrig, als die Rundfunkgeräte abzumelden, ob er sie nun noch bereithält oder nicht.

Gerne würde ich Ihre Meinung hierzu hören.

Mit freundlichem Gruß aus Bielefeld
Matthias Fischer

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SPD

Sehr geehrter Herr Fischer,

in Deutschland sind Fragen der Medienordnung und auch Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks allein Angelegenheiten der Länder und der Bund hat hier keine Gestaltungs- oder gar Entscheidungskompetenzen. Dies gilt auch für die Regelungen zu den Rundfunkgebühren und ihre Erhebung durch die GEZ. Deshalb bitte ich Sie, diese Antwort lediglich als einen Kommentar aus bundespolitischer Sicht aufzufassen. Konkretere Auskünfte können Sie von Ihrer Landesregierung bzw. vom Landtagsabgeordneten Ihres Wahlkreises erhalten, da die Landesparlamente den Änderungen der betreffenden Staatsverträge zustimmen müssen.

Für die SPD-Bundestagsfraktion ist ein leistungs- und zukunftsfähiger öffentlich-rechtlicher Rundfunk für eine freie Information und Meinungsbildung in einer demokratischen Öffentlichkeit unverzichtbar. Aus Artikel 5, Absatz 1 des Grundgesetzes („Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.“) leitet sich der Auftrag des Staates ab, seinen Bürgern eine mediale „Grundversorgung“ zu gewährleisten. Diese Aufgabe nimmt in Deutschland der öffentlich-rechtliche Rundfunk wahr, der über ein „duales System“ aus Rundfunkgebühren und Werbeeinnahmen finanziert wird. Aufgrund des ebenfalls in Artikel 5 des Grundgesetzes festgelegten Zensurverbots, muss die Rundfunkfinanzierung in einer Form erfolgen, die Einflussmöglichkeiten des Staates, vor allem auf die Programmgestaltung, ausschließt. Deshalb werden – bis auf die als Staatssender ebenfalls öffentlich-rechtlich organisierte Deutsche Welle – die Rundfunksender nicht durch Steuern finanziert. Das von Ihnen angesprochene Modell der Grundverschlüsselung der Sender, bei der nach Nutzung abgerechnet wird, läuft dem oben erwähnten Verfassungsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zuwider und ist deshalb keine Alternative zum jetzigen Finanzierungsmodell.

Eine Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht gibt es übrigens nicht nur für Empfänger von Bafög, ALG II oder Grundsicherung. Über so genannte Härtefallregen können unter Umständen auch Menschen, die kein eigenes Einkommen haben aber trotzdem keine staatlichen Leistungen beziehen, von der Gebührenpflicht befreit werden. Ob ein solcher Härtefall vorliegt, kann nicht pauschal, sondern nur für den Einzelfall beantwortet werden. Nähere Auskünfte hierzu erhalten Sie bei Ihrem Bürgeramt.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Rainer Wend