Frage an Rainer Wend bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Frage an Rainer Wend von Harro M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Vielleicht auch Thema Finanzen

Geehrter Herr Dr. Wend,

Nehme an, dass Sie einer der Gesprächspartner beim DF heute Morgen waren. Die Leitung war konstant belegt und die Mail kam nicht mehr an.

Geehrtes Team,

Zuerst: Ich bin absolut für eine Diskussion über Steuermoral und Steuerhinterziehung. - Und : Bitte keine Verallgemeinerungen.

Die Ursache dieser Situation ist vor allem in unserer komplexen, komplizierten Steuergesetzgebung zu suchen.

D soll ja 60% der Weltsteuerdokumentation pro Jahr schaffen. Wenn wir ein Kirchhoffsches Steuersystem schaffen würden, wogegen natürlich die 16 Bundesländer und die Partikularverteidiger anstänkern werden, weil Einfluss verloren geht, dann könnten die Fahnder und Kontrolleurstellen mit dann freiwerdenden heutige Finanzbeamten erhöht werden. Oder die Moral würde sich bessern. – Überdies im jetzigen Fall hätten mehr Fahnder überhaupt nichts gebracht. Die CD-Rom jetzt, wie die früher kamen von anderswo her.

Außerdem sollten die Parteien aller Couleur jetzt nicht wieder den Mund so voll nehmen, denn sie haben doch mit ihren ganzen Affären seit Jahren die Moral vor allem mit untergraben. Nach der Flickaffäre hatten sich doch die drei Kassenwarte zusammengesetzt, um eine neue Parteienfinanzierungsnovelle zu erarbeiten konnten. Und die Leuna- , Neue Heimat und Waffengeschäfteaffären, sind doch auch nicht gerade von Pappe gewesen. Ganz zu Schweigen von den Bayrischen Amigo-Affären, oder die Müllskandale in und um Köln, bzw. die BerlinerBank-, die den heutigen Berlinhaushalt so komplet überspannt.

Lese ich in der WamS vom Sonntag, so haben die Politiker and Länderfürsten doch auch in der Bankenkrise, die wir Steuerzahler ausbaden müssen, Milliarden unserer ihnen überlassenen Gelder versenkt. Also bitte leiser!

Ob damit auch gleich ein Bürokratieabbau verbunden werden kann?

Evtl. eine Länderneugliederung auf 7 Stk. zum Ausgleich für die versenkten Milliarden angegangen werden könnte?

Grüße
H: Maier
77654 Offenburg

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Sehr geehrter Herr Maier,

wenn ich Sie richtig verstehe, sind Sie der Meinung, der aktuelle Steuerhinterziehungsskandal hätte durch ein anderes Steuersystem verhindert werden können. Sicherlich würden bestimmte Formen der Steuerhinterziehung durch ein einfacheres Steuersystem erschwert beziehungsweise unattraktiver werden. Völlig zu verhindern wäre die Hinterziehung von Steuergeldern aber auch dann nicht. Und gegen das von Ihnen erwähnte Kirchhoffsche Steuersystem sprechen eine Reihe anderer Argumente: Ein einheitlicher Steuersatz – wie er von Kirchhoff vorgeschlagen wurde – führt dazu, dass Besserverdienende weniger Steuern zahlen müssen, während Geringverdiener mehr zur Kasse gebeten werden. Das widerspricht dem sozialen Grundsatz, nachdem mit steigendem Einkommen auch die Belastung durch Steuern steigen soll. Um die Steuerfahndung effizienter zu gestalten, halte ich es dagegen für sinnvoller, im Zuge der Föderalismusreform die Steuerverwaltungskompetenz in die Zuständigkeit des Bundes zu legen, und eine bundesweite Steuerfahndung zu schaffen. Denn die Bundesländer haben wenig Interesse an einer Erhöhung des Personalbestandes in der Steuerfahndung, da sie dafür die höheren Personalkosten zahlen müssten. Von den aus den Steuerfahndungen resultierenden Steuernachforderungen profitiert der Bund aber deutlich stärker als die Länder.

Sowohl eine Reduzierung der Zahl der Bundesländer, als auch ein konsequenter Bürokratieabbau sind grundsätzlich richtige politische Ziele. Allerdings sehe ich bei beiden Themen keinen engen Zusammenhang mit dem derzeitigen Steuerhinterziehungsskandal. Auch die Bankenkrise und die zur Rettung der IKB notwendigen Investitionen des Bundes haben mit der aktuellen Debatte über das Fehlverhalten einiger Manager nichts zu tun. Denn wenn überhaupt, trifft eine Mitschuld an der Bankenkrise nur einige wenige Politiker, die in den Aufsichtsräten von Landesbanken sitzen. Und die laufenden Geschäfte einer Bank werden nicht vom Aufsichtsrat, sondern vom Vorstand geführt. Selbst wenn aber die Kontrollfunktion der Aufsichtsräte versagt hat und dadurch einige Politiker eine Mitschuld an der Bankenkrise trifft, unterscheidet sich das meiner Meinung nach deutlich von einem bewussten kriminellen Vorgehen wie der Hinterziehung von Steuergeldern. Mir wäre es auch lieber gewesen, wenn eine erneute Finanzzusage des Bundes zur Rettung der IKB nicht nötig gewesen wäre. Eine Insolvenz der IKB hätte allerdings unabsehbare Folgen für den Finanzmarkt Deutschland und auf unser Wirtschaftswachstum. Die indirekten finanziellen Auswirkungen wären weit höher als die Summe der Finanzhilfen, die der Bund der IKB gegeben hat. Deshalb ist die Unterstützung der IKB durch die Bundesregierung eine richtige Maßnahme.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Rainer Wend