Frage an Ralph Lenkert bezüglich Familie

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Ralph Lenkert
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Frage von Janka I. •

Frage an Ralph Lenkert von Janka I. bezüglich Familie

Sehr geehrter Herr Lenkert,

sehen Sie eine Möglichkeit, dass ihre Fraktion die derzeitige desolate Situation von Hebammen ( schlechte Bezahlung + steigende Versicherungskosten) verbessern kann? Es ist ein Wunder, dass es in Jena immer noch Geburtshausgeburten gibt, während es z.B. in Erlangen schon nicht mehr möglich ist. Auch für Jena steht diese Möglichkeit mit der Erhöhung der Versicherung im nächsten Jahr auf dem Spiel. Aktuell werden wir vom Geburtshaus Jena betreut und sehen den ständig wachsenden Zuspruch von Müttern, auch solchen, die bereits ein Kind im Krankenhaus bekommen haben und nun aus "Erfahrung" für die zweite Geburt den Weg über das Geburtshaus nutzen wollen. Das Geburtshaus stellt für die Mütter eine wesentlich angenehmere "Wohlfühl"-Atmosphere zur Verfügung und wirkt durch die sehr positive Einstellung der Hebammen schon im Vorfeld der Geburt äußerst entspannend auf werdende Mütter. Durch die anstehende immense Erhöhungen hinsichtlich der Haftpflichtversicherung für Hebammen wird es für diese finanziell immer schwere ihre Arbeit ausüben zu können. Es wäre ein sehr schwerer Verlust für die Gesellschaft, wenn dieser Pfeiler als Möglichkeit der Geburtshilfe wegfallen würde. Hier ist die Politik gefragt einzugreifen und aus diesem Grund spreche ich sie als Mitglied einer sozial engagierten Partei an. Gerade in Jena, das eine Vorbildfunktion auf vielen Gebieten repräsentiert und als der "LEUCHTTURM" weit über die Landesgrenzen hinaus gesehen wird, sollte auch auf dem Gebiet der alternativen Geburtshilfe ein wegweisendes Zeichen setzen und seine Rolle als Vorbild wahrnehmen.

Mit besten Grüßen.

Janka und Andreas Ihring

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DIE LINKE

Sehr geehrte Frau Ihring, Sehr geehrter Herr Ihring,

vielen Dank für Ihren Anfrage bei Abgeordnetenwatch. Ihre Verärgerung über die schlechte finanzielle Vergütung Ihrer Arbeit und die erneute Erhöhung der Haftpflichtbeiträge ist nur zu verständlich und nachvollziehbar. Auch ich bin der Meinung, dass die Arbeit der Hebammen viel zu niedrig entlohnt wird. Mit jeder weiteren Kostensteigerung wird die berufliche Existenz von freiberuflichen Hebammen und von Geburtshäusern, auch unserem in Jena, bedroht, viele gaben bereits auf. Dieser Zustand gefährdet einen Berufsstand und nimmt den werdenden Eltern die Möglichkeit sich frei zwischen den verschiedenen Arten der Begleitung der Geburt zu entscheiden. Beides ist nicht akzeptabel.

Die missliche finanzielle Situation und die enormen Belastungen der Hebammen durch steigende Haftpflichtprämien sind meiner Fraktion seit Längerem bekannt. DIE LINKE hat deshalb versucht, die schwierige Situation der Hebammen öffentlich zu machen und vor allem diese zu verbessern. Wir haben in der vergangenen Wahlperiode zwei entsprechende Anfragen und einen Antrag in den Deutschen Bundestag eingebracht, die Sie mit den dazugehörigen Antworten der Bundesregierung unter folgenden Links finden:

http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/016/1701680.pdf

http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/033/1703377.pdf

http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/021/1702128.pdf

Dabei ging es uns vor allem darum, die bisherigen Regelungen für die Hebammen so zu verändern, dass ihre Verhandlungsposition gegenüber den Krankenkassen gestärkt und vorhandene Honorarrückstände ausgeglichen werden.

Leider lehnten die Abgeordneten von CDU/CSU und FDP unsere Vorschläge nicht nur ab, sondern verweigerten sich einer Lösung der unerträglichen Entwicklung. Sowohl Bundesregierung als auch damalige Koalitionsfraktionen sahen leider keinen Handlungsbedarf. Stattdessen waren sie der Meinung, dass die Hebammen die angesprochenen Probleme ja auf dem Verhandlungs- bzw. Klageweg lösen könnten. Wie soll eine selbstständige Hebamme ihre Rechte gegen die Krankenkassen durchsetzen? Sie hat weder die Zeit noch die finanziellen Mittel, um die gewöhnlich sehr lange dauernden Prozesse vor dem Sozialgerichten ohne wirtschaftlichen Ruin durchzuhalten. Der sogenannte "Rechtsweg" würde deshalb vermutlich für viele Hebammen das Aus bedeuten. Ich finde diese Haltung der Bundesregierung daher ausgesprochen zynisch und unehrlich, die enge Verknüpfung von CDU/CSU Gesundheitsexperten zur Krankenkassenlobby lässt sich da aus meiner Sicht nicht leugnen. Wie sich die neue Bundesregierung positionieren wird ist derzeit noch unklar. DIE LINKE wird die Regierungsfraktionen auffordern eine Lösung im Interesse der Hebammen zu finden.

In der aktuellen Situation ist es meines Erachtens unerlässlich, mit einer Sofortmaßnahme zumindest die bestehende Versorgung zu sichern. DIE LINKE fordert daher von der Bundesregierung, die Vertreter der Krankenkassen als auch die der Hebammen an einen Tisch zu bringen und eine akzeptable, kurzfristige Lösung durchzusetzen. Langfristig muss die Hebammentätigkeit in Art und Umfang klar geregelt und ins Sozialgesetzbuch überführt werden. Die Krankenkassen sollten die Arbeit der Hebammen auf der Grundlage einer Bedarfsanalyse sicherstellen. Nur dadurch werden die Hebammen in die Lage versetzt, mit den Krankenkassen auf Augenhöhe zu verhandeln. Die Bedarfsanalyse muss die Wünsche werdender Eltern abbilden. Bezogen auf die Haftpflichtversicherungskosten muss die Bundesregierung in einem ersten Schritt die Versicherungsprämien überprüfen lassen und gegebenenfalls stützen. Auf Dauer fordert DIE LINKE, einen Haftungsfonds für alle Heilberufe einzurichten, aus dem die Haftung für eventuelle Behandlungsfehler übernommen wird.

Als Bundestagsabgeordneter kann ich mich für eine Lösung im Bundestag einsetzen. Da ich kein Abgeordneter im Stadtrat bin ist mein Einfluss auf die Stadtpolitik auf Worte begrenzt. Ich kann und werde ich um städtische Unterstützung werben, aber diese liegt dann in den Händen der Jenaer Stadtratskoalition aus SPD/CDU/B90-Grüne.

Ich gebe Ihnen mein Wort, dass wir uns auch in der jetzigen 18. Wahlperiode mit entsprechenden parlamentarischen Aktivitäten für die Anerkennung Ihres Berufsstandes, auch finanziell, einsetzen und auch diesbezügliche außerparlamentarische Initiativen unterstützen werden.

Ihnen persönlich wünsche ich für Ihre wichtige und verantwortungsvolle Arbeit weiterhin alles Gute.

Mit freundlichen Grüßen

Ralph Lenkert

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