Frage an Renate Künast bezüglich Recht

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Renate Künast
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Frage von Thomas S. •

Frage an Renate Künast von Thomas S. bezüglich Recht

Sehr geehrte Frau Künast,

Sie haben die Anfrage von Klaus Friebe vom 28.08.09 bzgl. der Einführung der Todesstrafe durch den Vertrag von Lissabon dahingehend beantwortet, dass das Grundgesetz durch die Grundrechecharta der EU nicht aufgeweicht wird.

Nach kurzer Recherche bei EU-Vertrag-Stoppen.de, bin ich auf die "Erklärung zum Vorrang" gestossen, aus welcher hervorgeht, dass das Recht der Mitgliedstaaten nachrangig zum EU-Recht ist. D.h., dass dann eine Todesstrafe, sofern sie durch den EU-Vertrag tatsächlich formuliert ist, auch bei uns zugelassen wird.

Was ist denn nun richtig? Und warum wird oder wurde der Vertrag nicht so klar, eindeutig und einfach formuliert, dass solche Fragestellungen - welche offensichtlich ja wg. der Unlesbarkeit dieses Vertrages existieren - gar nicht auftreten können? Inwiefern haben sich die Grünen für eine solche - sehr wichtige - Klarheit und Einfachheit des Vertrages stark gemacht?

Mit freundlichen Grüßen
Thomas Schuck

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Sehr geehrter Herr Schuck,

vielen Dank für Ihre Nachfrage.

Tatsächlich hat das Recht der Europäischen Union grundsätzlich Vorrang vor dem Recht der Mitgliedsstaaten - jedenfalls aus der Sicht des Europäischen Gerichtshofes.

Der Vertrag von Lissabon ist ein Kompromiss unter allen Mitgliedsstaaten. Er ist komplex, aber nicht unlesbar - und meines Erachtens besser lesbar als die Verträge zuvor. Der Vertrag wird nicht dazu beitragen, dass eine Todesstrafe eingeführt wird. Das hatte ich bereits in meiner Antwort an H. F. ausgeführt.

Das Bundesverfassungsgericht behält sich ausdrücklich vor, den Schutz der Grundrechte in Deutschland auch gegenüber bestimmten europäischen Rechtsakten zu prüfen. Das Grundgesetz selbst ist ausgesprochen Europa-"freundlich". Wir Grüne begrüßen das. Das Bundesverfassungsgericht hat kürzlich noch einmal darauf hingewiesen, dass Bundesregierung und Deutscher Bundestag in der Europapolitik eine besondere Verantwortung tragen. Ob sie - bzw. die jeweiligen Regierungsfraktionen - dieser Verantwortung nachkommen, wird das Bundesverfassungsgericht bei Bedarf ebenfalls überprüfen.

Solange all dieses so ist, bleibt daher die Aussage richtig, dass das Grundgesetz durch die Grundrechtecharta der EU nicht aufgeweicht wird.

Mit freundlichen Grüßen
Renate Künast

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