Frage an Rolf Pannicke bezüglich Innere Sicherheit

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Rolf Pannicke
DIE LINKE
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Frage von Sandra G. •

Frage an Rolf Pannicke von Sandra G. bezüglich Innere Sicherheit

Sehr geehrter Herr Pannicke,

Sie beklagen sich, dass ihre Partei vom Verfassungsschutz beobachtet wird.

Wie stehen Sie denn zu der Tatsache, dass es in Ihrer Partei immer noch alte SED-Funktionäre gibt, die hinter vorgehaltener Hand oder ganz offen (siehe eine Abgeordnete nach der Bürgerschaftswahl in Hamburg) die Wiedereinführung der STASI oder die Wiedererrichtung der Mauer fordern?

Wie wollen Sie den Wählern erklären, dass diejenigen, die dafür verantwortlich waren, dass an der innerdeutschen Grenze auf deutsche Mitbürger geschossen wurde, jetzt wieder politischen Einfluß in Deutschland gewinnen wollen ?

Haben Sie die Gründe des wirtschaftlichen Niederganges der DDR mal mit den wirtschafts- und finanzpolitischen Forderungen Ihres Wahlprogrammes verglichen? Haben Sie daraus nichts gelernt ?

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrte Frau Sandra G.

Da ich eine Woche verreist war, kann ich Ihre Frage erst heute beantworten. Ich bitte Sie dies zu entschuldigen.

Vielen Dank für diese sich sehr wichtige Frage.

Erlauben Sie mir zuerst eine Richtigstellung. Sie behaupten, dass es Mitglieder in der Linken gibt "die hinter vorgehaltener Hand oder ganz offen (siehe eine Abgeordnete nach der Bürgerschaftswahl in Hamburg) die Wiedereinführung der STASI oder die Wiedererrichtung der Mauer fordern?"

Dazu möchte ich Ihnen folgendes sagen: Diese Abgeordnete ist und war nicht Mitglied der Linken in Niedersachsen (um diese Wahl ging es tatsächlich). Sie ist Mitglied der DKP. Sie kandidierte auf einer so genannten offenen Liste für den Landtag. Sie wurde wegen dieser Aussagen aus der Fraktion in Niedersachsen ausgeschlossen.

Ich denke nicht dass es sich um eine allgemeine Überzeugung in der DKP handelt und schon gar nicht der Linken. Dennoch wird so etwas natürlich genutzt, um uns als Partei dies zu unterstellen. Dennoch kann ich mir vorstellen, dass es in der Partei durchaus noch Mitglieder gibt, die bis heute ein beschönigendes und verzerrtes Bild des Ostblock-Sozialismus pflegen. Zu diesen gehöre ich nicht. Ich habe mir schon sehr früh nach dem Zusammenbruch der DDR Gedanken darüber gemacht, was zu dieser schrecklichen Fehlentwicklung, einer einstmals fortschrittlich und human gedachten Gesellschaftsidee geführt hat. Dies lässt sich in drei Sätzen nur sehr unvollkommen tun und würde sicher diesen Rahmen sprengen.

Dennoch glaube auch ich, dass der Prozess der kritischen Geschichtsaufarbeitung der Vergangenheit der SED und der sozialistischen und kommunistischen Parteien weltweit noch nicht beendet ist und auch weiterhin ein Thema in unserer Partei sein muss. Denn nur wem es gelingt offen und ehrlich aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen, der wird in der Lage sein eine bessere Zukunft gestalten zu können. In diesem Sinne ist noch viel Arbeit nötig. Ich setze mich für eine offenen und ehrliche Aufarbeitung dieser Ereignisse ein und ich würde meine Konsequenzen ziehen, sollte ich zu der Erkenntnis gelangen, dass diese Partei nichts aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt hat oder einen antidemokratischen und verfassungsfeindlichen Weg einschlagen würde. Ihr dies aber allein aus der Geschichte einiger ihrer Mitglieder zu unterstellen halte ich für falsch und politisch motiviert. Genauso wie man andere eher an Ihrer tatsächlichen Politik messen sollte statt an den schönen Worten ihrer Sonntagsreden, sollte man uns nicht an dem messen was andere in uns sehen (wollen) sondern an dem was wir wirklich für die Menschen tun. Und das ist eine ganze Menge, was die Linke seit ihrer Rückkehr ins Parlament bewegen konnte, auch ohne Regierungsauftrag. Wir wollen auch in Bayern eine starke Opposition sein, die auf die Probleme und Nöte der Bürger aufmerksam macht und den Dialog in der Gesellschaft über echte positive Veränderungen, die nicht nur einer kleinen Minderheit von Besitzenden nützen, anregen.

Zur zweiten Frage.

Niemand der zu Zeiten der DDR Verantwortung für diese Dinge getragen hat, hat heute noch ein wichtiges Amt in der Linken. Dies gilt im besonderen natürlich für Bayern, wo die Mehrzahl der Mitglieder der heutigen Linken aus der WASG stammen. Auch die Mitglieder, die aus der bayrischen Linkspartei.PDS stammen bekennen sich alle zur Demokratie und zu unserer Verfassung.

Nicht Mitglieder der Linken haben gerade in der jüngsten Vergangenheit Rügen des Bundesverfassungsgerichtes hinnehmen müssen, weil sie Gesetze verabschieden wollten, die den Grundsätzen der Verfassung zuwiderlaufen. Und auch das erst kürzlich von der regierenden CSU mit ihrer erdrückenden Mehrheit durchgepeitschte Versammlungsgesetz dürfte mit diesen Grundsätzen nicht zu vereinbaren sein. Es geht uns vielmehr um eine wirklich demokratische offene und sozial gerechte Gemeinschaft freier Menschen, die sich gleichberechtigt in einer nachhaltig wirtschaften Gesellschaft verwirklichen können.

Zur dritten Frage.

Was die Forderungen aus unserem Wahlprogramm mit der Kommandowirtschaft in der DDR zu tun haben soll verschließt sich allerdings meiner Kenntnis. Es ist mir nicht bekannt wo wir dies fordern. Vielleicht können sie mir da behilflich sein. Sollte Ihre Frage aber auf die geforderte Rekommunalisierung wichtiger Bereiche der Daseinsvorsorge gerichtet sein, möchte ich nur folgendes anmerken.

Die Privatisierung der Stromversorgungsunternehmen hat zu einer enormen Verteuerung der Energiekosten beigetragen. Die Privatisierung der Post hat tausende Menschen in Arbeitslosigkeit gebracht und diejenigen, die ihren Job behalten durften arbeiten heute alle unter schlechteren Bedingungen als früher. Bald werden die letzten Postfilialen in Deutschland schließen. Übernommen werden soll diese Arbeit dann von den Kunden selbst oder sog. Postserviceagenturen. Diese werden für ihre Dienste aber so schlecht bezahlt. dass viele ihre Verträge mit der Post schon wieder kündigen. Die Dichte der Briefkästen wurde stark ausgedünnt. Die höheren Koste einen Brief zu versenden tragen die Kunden. Die Pensionslasten der ehemaligen Postbeamten trägt die Allgemeinheit. Die neuen privaten Dienstleister beuten ihre Angestellten gnadenlos aus und suchen sich meist nur die fetten Brocken aus. Die Versorgung in der Breite wird auch hier leiden.

Die Privatisierungen der Wasserversorgung und der Bahn haben
nirgendwo auf der Welt langfristig betrachtet Vorteile gebracht. Stets waren
sie mit steigenden Preisen sinkendem Service, dafür aber mit steigenden
Profiten für wenige verbunden. Diese Entwicklung ging auch noch mit sinkendem
Einfluss der demokratisch gewählten Gremien einher. Jetzt soll auch noch die Bahn verschleudert werden. Nur wer völlig unkritisch ist oder ideologisch verblendet, kann diese Entwicklungen gutheißen.

Ich denke es wäre sicher ein Zugewinn für die Allgemeinheit diese Fehlentwicklungen zu stoppen und umzukehren. Zur Ihrer weiteren kritischen Information empfehle ich Ihnen folgende Internetseite, auf der auch ich mich regelmäßig über das aktuelle Zeitgeschehen informiere. http://www.nachdenkseiten.de/

Ich möchte diese Antwort noch mit einem Zitat des Gewerkschafters Otto Brenner beenden. „Nicht Ruhe und Unterwürfigkeit gegenüber der Obrigkeit ist die erste Bürgerpflicht, sondern Kritik und ständige demokratische Wachsamkeit.“

In diesem Sinne sehe ich meine Arbeit und Kandidatur für die Linke.

m.f.G.
Rolf Pannicke