Frage an Ronny Schmidt bezüglich Verkehr

Ronny Schmidt
DIE LINKE
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Frage von Sonja V. •

Frage an Ronny Schmidt von Sonja V. bezüglich Verkehr

Thema Stuttgart 21 - Fragen aus der Podiumsdiskussion der Calwer Obenbleiber am 23.02.3011 – Teil 1

1. Warum schafft man es in 17 Jahren nicht, den Nachweis eines Stresstests zu erbringen? Das sollte eigentlich Grundlage des ganzen Projekts sein!

2. „Geht es bei S21 wirklich um Argumente, dann müsste nach dem Faktencheck das ökologischere, nutzerfreundlichere, billigere, risikolosere und schneller umsetzbare K21 Verkehrsprojekt umgesetzt werden – warum nicht? Macht gegen 67.000 Bürger?“

3. Viele Menschen in BW haben vor den großen Demos nie dieses Projekt wahrgenommen. Was haben Gegner und Befürworter falsch gemacht, um ihren Standpunkt öffentlich zu machen (landesweit)?

4. Was soll ich bezüglich der S-Bahn-Anbindung von Calw noch glauben? Prewo: Hat nix mit S21 zu tun! Köblitz: S21 macht S-Bahn wahrscheinlicher. Der eine so, der andere so.

5. Was passiert eigentlich, wenn die nächsten Bäume, die zu groß zum Verpflanzen sind, im Schlosspart gefällt werden? Wieder Wasserwerfer, Polizeigewalt etc?

6. Wenn S21 nicht realisiert wird, was passiert dann mit dem Ausbau des Transeuropäischen Streckennetzes? Gibt es Alternativen?

Antwort von
DIE LINKE

1. Warum schafft man es in 17 Jahren nicht, den Nachweis eines Stresstests zu erbringen? Das sollte eigentlich Grundlage des ganzen Projekts sein!

Dass jetzt ein Stresstest erforderlich ist, ist der Erfolg jener Menschen, die sich unermüdlich für Aufklärung eingesetzt und trotz Beschimpfungen dafür stark gemacht haben, die Schwächen, die Probleme und die Ignoranz des Stuttgart 21-Projektes offenzulegen. Es zeigt sich diesbezüglich sehr deutlich: Die Bahn fährt einen Großmannskurs, statt sich auf ihr Kerngeschäft zu konzentrieren. Weil Stuttgart 21 kein Bahn-, sondern ein Prestigeprojekt ist, war so etwas wie ein Stresstest nie der Überlegung wert.

2. „Geht es bei S21 wirklich um Argumente, dann müsste nach dem Faktencheck das ökologischere, nutzerfreundlichere, billigere, risikolosere und schneller umsetzbare K21 Verkehrsprojekt umgesetzt werden - warum nicht? Macht gegen 67.000 Bürger?“

Vor der Frage stehe ich auch. Durchaus mit Bauchschmerzen.

3. Viele Menschen in BW haben vor den großen Demos nie dieses Projekt wahrgenommen. Was haben Gegner und Befürworter falsch gemacht, um ihren Standpunkt öffentlich zu machen (landesweit)?

Aus meiner Sicht wurde das Projekt einer größeren Öffentlichkeit erst bekannt, als herauskam, dass seine Kosten regelrecht explodieren würden. Bis dahin war Stuttgart 21 nur ein Stuttgarter Thema. Es ging um verkehrstechnische Fragen in Hinblick auf Kopf- oder Durchgangsbahnhof und um Fragen der Stadtentwicklung. Mit der Wirtschaftskrise 2008/9 hat sich das grundlegend geändert. Öffentliche wie private Haushalte stürzten in schwere finanzielle Krisen und befinden sich immer noch in diesen. Vor diesem Hintergrund erscheint es mehr und mehr Menschen nicht zeitgemäß, dass ein Tiefenbahnhof rund fünf mal mehr Geld kostet, als der Bahn per Zuweisung des Bundes jährlich für Investitionen in das Streckennetz zur Verfügung steht.

So gesehen haben sich die Zeiten geändert und mit ihnen die Ansprüche, Wünsche und Bedürfnisse der Menschen. Es geht also nicht um die Frage, ob irgendjemand etwas „falsch“ kommuniziert hat, sondern darum, ob ein teures Prestigeprojekt wie Stuttgart 21 noch in unsere Zeit passt.

4. Was soll ich bezüglich der S-Bahn-Anbindung von Calw noch glauben? Prewo: Hat nix mit S21 zu tun! Köblitz: S21 macht S-Bahn wahrscheinlicher. Der eine so, der andere so.

Stuttgart 21 macht den Ausbau der S-Bahn in unseren Landkreis unwahrscheinlicher, weil es sich, was die Gelder des Landes anbelangt, aus demselben Grundfinanzierungstopf für Regional- und Nahverkehrsmittel bedient, die für eine S-Bahn-Anbindung bereitstehen.

Im Übrigen sieht das der SPD-Abgeordnete Sakellariou genauso: "Stuttgart 21 wird auf Kosten des Regionalverkehrs finanziert! Es ist unglaublich, wie die Verantwortlichen in der Landesregierung gleichzeitig den Verkehr in der Fläche zusammenstreichen und für Stuttgart 21 Haushaltsmittel bereitstellen und dann noch glauben, die Bewohner auf dem flachen Land würden nichts davon bemerken!“ (http://www.kopfbahnhof-21.de/index.php?id=57)

5. Was passiert eigentlich, wenn die nächsten Bäume, die zu groß zum Verpflanzen sind, im Schlosspart gefällt werden? Wieder Wasserwerfer, Polizeigewalt etc?

Wenn DIE LINKE am 28. März in den Landtag einzieht, wird sie sich dort dafür einsetzen, dass es eine moderne, weltoffene, bürgernahe und direktdemokratische Kultur der Politik in Baden-Württemberg gibt. Wir wollen das Land nicht weiter spalten und verurteilen daher übertriebene Maßnahmen gegen DemonstrantInnen.

6. Wenn S21 nicht realisiert wird, was passiert dann mit dem Ausbau des Transeuropäischen Streckennetzes? Gibt es Alternativen?

Die Bedeutung der sog. transeuropäischen Trasse für den Bahnverkehr wird genauso überschätzt wie der sog. Modernisierungsschub bezüglich Wendlingen-Ulm. A) Nicht der Fernverkehr ist es, der von den BürgerInnen stark nachgefragt wird, sondern der Regional- und Nahverkehr. Den meisten EuropäerInnen ist es ziemlich egal, ob es eine Direkttrasse zwischen Paris und Bratislava gibt.

B) Oft wird argumentiert, dass es durch das Stuttgart 21-Projekt Fördergelder gebe, die auch dazu dienten, Ulm-Wendlingen auszubauen. Im dem Zuge wird dann behauptet, die Modernisierung dieser Strecke sei für die Wirtschaft Baden-Württembergs geradezu lebensnotwendig.

Mir bleiben aber folgende zwei Fragen:
a) Warum wird die Zugstrecke Stuttgart-Heilbronn nicht modernisiert? Bzw.: Warum spricht niemand davon? Obwohl die Zahl der PendlerInnen ähnlich groß ist und Heilbronn eine ähnliche wirtschaftliche Stellung einnimmt wie Ulm? b) Warum ist die Neubaustrecke nicht tauglich für den Güterverkehr, der laut Landesregierung Wachstumsraten bis 2025 um weitere 70% anwachsen wird (Schwabo 28.07.2010)?

Letztlich sei bemerkt: Wer tatsächlich von Paris nach Bratislava fährt, dem ist wahrscheinlich ziemlich egal, wenn er vorwärts in den Stuttgarter Bahnhof einfährt und rückwärts wieder raus. Das gehört zur Tagesordnung des Zugfahrens. weiteres unter: [ http://www.kopfbahnhof-21.de/index.php?id=314 ]