Frage an Sabine Leutheusser-Schnarrenberger bezüglich Soziale Sicherung

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Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
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Frage an Sabine Leutheusser-Schnarrenberger von Johannes B. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrte Frau Leuheusser-Schnarrenberger,

ein Claim Ihrer Partei im Bundestagswahlkampf 2009 lautet "Leistung muss sich wieder lohnen".

Bedeutet dies auch, dass Sie sich im Falle einer Regierungsbeteiligung für die Abschaffung der Privilegien bestimmter Interessengruppen einsetzen, die dem Leistungsgedanken massiv zuwider laufen?

Ich denke hierbei konkret daran, die Einkommen von Beamten zur Finanzierung der Rentenversicherung heranzuziehen.

Mit freundlichem Gruß

Johannes Böckmann

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Böckmann,

vielen Dank für Ihre Email.

Gerne erläutere ich Ihnen unser Steuerkonzept genauer:

Wir streben nach der Bundestagswahl eine umfassende Steuerreform an. Unserer Meinung nach, senkt ein einfacher und verständlicher Stufentarif von 0, 10, 25 und 35% die Steuerbelastung und schafft den dringend benötigten finanziellen Spielraum für Bürger und Unternehmen. Jeder Erwachsene und jedes Kind würde einen Grundfreibetrag von 8.004 € erhalten. Für Einkommen, die den Grundfreibetrag übersteigen, gilt für die ersten 20.000 € zu versteuerndem Einkommen ein Steuersatz von 10%, für Einkommen zwischen 20.000 € und 50.000 € ein Steuersatz von 25%, für Einkommen ab 50.000 € ein Steuersatz von 35%. Auf diese Weise wird das Steuerrecht einfach und für den Bürger verständlich. Einkommenssteigerungen führen wegen des progressiven Tarifverlaufs zu einem höheren Steuersatz und damit zu einer höheren Steuerbelastung. Der Gesetzgeber wird damit verpflichtet, die Auswirkungen dieser sog. kalten Progression alle zwei Jahre zusammen mit dem Existenzminimumsbericht zu überprüfen und den Steuertarif ggf. anzupassen. Angesichts der finanziellen Situation der öffentlichen Haushalte kann dieses Konzept natürlich nur in Stufen in Kraft treten.

Befürchtungen, dass eine solche Änderung des Steuersatzes zu Kürzungen in wichtigen gesellschaftlichen Bereichen wie der Bildung und im Sozialen führen wird, sind unbegründet.

Fast die Hälfte der gesamtwirtschaftlichen Leistungen geht durch die Hände des Staates. Die Haushaltskonsolidierung muss daher konsequent auf der Ausgabenseite ansetzen und dabei vor allem die konsumtiven Ausgaben in den Mittelpunkt stellen. Dass es im Bundeshaushalt Einsparpotenziale gibt, hat die FDP-Bundestagsfraktion in den letzten Jahren jeweils mit der Vorlage eines „Liberalen Sparbuches“ detailliert vorgerechnet. So betrug in den letzten beiden Jahren das Entlastungsvolumen bei über 400 Anträgen mehr als 10 Mrd. €. Zudem sprechen wir uns für ein Subventionsbegrenzungsgesetz aus und haben ein solches bereits parlamentarisch eingebracht. Deutlicher Entlastungen bedarf es auch im wirtschaftlichen und öffentlichen Sektor durch eine Entbürokratisierungsoffensive. So sollte beispielsweise der Normenkontrollrat zu einem echten Bürokratie-TÜV ausgebaut und die Regelungsdichte bei Einzelvorschriften deutlich eingegrenzt werden.

Wir machen uns stark für ein Steuersystem, das soziale Gerechtigkeit, staatliche Fairness und eine nachhaltige Finanzpolitik vereint. Gemeinsam mit einem leistungsgerechten Bürgergeld folgt dieses Gesamt-Steuer- und Transfersystem durchgehend den Prinzipien der Leistungsgerechtigkeit und Leistungsbelohnung und vermeidet Missbrauch zu Lasten der Bürgergemeinschaft. Eine gerechte Steuer muss auf Ausnahmen und Sonderregelungen für Einzelfälle weitestgehend verzichten: gleich hohe Einkommen werden auch gleich besteuert. Pauschalen ersetzen die heute nur mit komplizierten Nachweisen und hohem bürokratischen Aufwand zu verwaltenden Individualvorschriften. Wir setzen uns dafür ein, dass Arbeitnehmer für berufsbedingte Kosten eine Aufwendungspauschale ohne Nachweis erhalten. Uneingeschränkt abziehbar sollen auch Beiträge zur sozialen Absicherung bis zur Beitragsbemessungsgrenze sein.

Die Strategie für eine langfristige Balance in den öffentlichen Haushalten der FDP-Bundestagsfraktion umfasst folgende Punkte:

- eine Wachstumspolitik durch Strukturreformen
- eine konsequente Haushaltsdisziplin auf der Ausgabenseite
- die Vermeidung neuer Schulden
- den Beginn des Schuldenabbaus in nennenswertem Umfang

Hier geht es nicht darum, kreativ zu sein, sondern sich wie jeder Normalbürger darauf zu besinnen, erst einmal keine neuen Schulden zu machen und sich letztendlich an den zur Verfügung stehenden Einnahmen zu orientieren. Darüber hinaus, das haben die letzten Jahre gezeigt, wird Deutschland letztendlich nur mit einer wachstumsorientierten Finanzpolitik aus der Schuldenfalle kommen. Die FDP-Bundestagsfraktion setzt auf eine Doppelstrategie des Konsolidierens und Reformierens. Deswegen sprechen wir uns auch für ein generelles Neuverschuldungsverbot aus.

Hinsichtlich der Gruppe von ihnen angesprochenen Gruppe der Angestellten im öffentlichen Dienst ist festzuhalten, dass diese den Rentnerinnen und Rentnern im nicht-öffentlichen Dienst absolut gleichgestellt sind. Es gibt bei diesen Staatsangestellten somit keinen Rentenunterschied zu Arbeitern und Angestellten im privaten Bereich.

Bei den Beamtinnen und Beamten haben wir in Deutschland traditionell ein anderes System. Aus der Tradition der Beamtenversorgung heraus sind auch die Beamtenpensionen als Teil der so genannten Alimentierung ausgestaltet. Was den Vergleich von Renten mit Beamtenpensionen angeht, bitte ich Sie zu berücksichtigen, dass bereits heute die Rente zu einem Drittel aus Steuergeldern finanziert wird. Es tragen also alle Steuerzahler, damit auch Selbständige und Beamte, die nie etwas aus der Rentenversicherung erhalten werden, erheblich zur Finanzierung der Rentenversicherung bei. Das Rentenniveau kann also nur gehalten werden, weil viele Bürger, die selbst überhaupt niemals eine Rente aus dem gesetzlichen Rentenversicherungssystem erhalten werden, dieses mit ihren Steuergeldern stützen.

Mit freundlichen Grüßen

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger