Frage an Sait Keles bezüglich Verbraucherschutz

Sait Keles
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Manfred R. •

Frage an Sait Keles von Manfred R. bezüglich Verbraucherschutz

Darf sich Strafe(n) lohnen?

Die bestehende Rechtslage ermöglicht es, dass die Behörde, die Strafen ausspricht, die Einnahmen daraus für sich behalten darf.
Behörden können also völlig legal – durch Aussprache von Strafen – Geldeinnahmen für sich generieren.

Damit dieses Rezept zu einem einträglichen Geschäft wird, müssen Millionen an Einnahmen her. Nach Angaben der Stadt Duisburg verschlingen die Kosten der Ordnungshüter und die Verwaltung der Knöllchen etwa 90% der Einnahmen.
Um also beispielsweise 1Million Euro dem Stadtsäckel zuführen zu können, müssen 10 Millionen aus Bußgeldern eingenommen werden!

Dies führt dazu, dass mittlerweile jeder Stadtbürger, ob gerade geboren oder schon 100 Jahre alt, statistisch mindestens einmal pro Jahr zur Kasse gebeten wird, mit steigender Tendenz.

Dies fußt auf Zahlen des Ordnungsamts. Die Zahlen der Polizei kommen noch hinzu.
Jeder, der glaubte, dass Strafe ein Einzelfall sein muss, weil ihr ein Vergehen gegen die allgemein akzeptierte Ordnung zugrunde liegt, wird hier widerlegt.
Die Einnahmen konzentrieren sich fast ausschließlich auf die Fahrer und Halter von PKW.
Die Länder haben durch ihre Anpassungsgesetze dieses Vorgehen ermöglicht. Die Landespolitik könnte die Situation politisch verändern.
Die Abzockerei unter dem Mantel des Ordnungsrechts ist wahrscheinlich ein Mosaikstein in der Antwort auf die Frage, warum die Piraten so regen Zulauf haben.
Sie fördert jedenfalls die Verödung der Innenstädte.

Deshalb meine Frage: Beabsichtigen Sie, beabsichtigt Ihre Partei die bestehende Rechtslage zu ändern, die zu der – in meinen Augen – katastrophalen Situation führt, dass sich Strafe(n) lohnt, dass Behörden nur genügend Strafen aussprechen müssen, um sich finanziell zu sanieren?

Werden Sie, wird Ihre Partei dem Grundgesetz, dem Artikel 2, wieder zu mehr Geltung verhelfen, indem der Missbrauch der Einschränkung der Freiheitsrechte im Namen des Ordnungsrechts, aber in Wahrheit zu fiskalischen Zwecken, unterbunden wird?

Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Rohde,

vielen Dank für Ihre Frage, auf die ich gerne eingehen möchte.

Damit das gesellschaftliche Zusammenleben nicht "aus dem Ruder" gerät, hat die Menschheit im Laufe ihrer kriegerischen und konfliktreichen Geschichte ein Rechtssystem etabliert, welches ein einziges Zielverfolgt: Gerechtigkeit herzustellen. Gerecht ist nach diesem Rechtssystem, zumindest nach meinem Verständnis, ein Ordnungssystem, welches nach den Prinzipien unseres Rechtssystems erarbeitet worden ist, und alle potentiell betroffenen gleichberechtigt daran teilhaben lässt. Es ist die freie Entscheidung eines jeden Menschen, sich für oder gegen eine Ordnungswidrigkeit zu entscheiden. Ob wir den Stadtsäckel füllen wollen oder nicht, ist immer noch unsere eigene Entscheidung. Insofern sehe ich auch den Artikel 2 unseres Grundgesetzes nicht beeinträchtigt, wenn Ordnungsbehörden Ordnungswidrigkeiten ahnden. Ich bedauere es sehr, dass diese, den Ordnungsbehörden gesellschaftlich aufgetragenen, Aufgaben als Abzocke empfunden werden. Ich persönlich fühle mich immer gesellschaftlich abgezockt, wenn ich den Nachrichten entnehmen muss, dass der Aktienkurs einer sog. "Heuschrecke" in die Höhe katapultiert ist, nachdem sie eine traditionsreiche, solide Firma übernommen, diese "gestückelt" und weiterverkauft, nachdem sie zuvor viele Arbeitskräfte auf die Straße gesetzt hat. Denn die Kosten der Arbeitslosigkeit stellen in der Tat ein gesellschaftliches Problem dar.

Mit freundlichen Grüßen

Sait Keles