Frage an Sylvia Kotting-Uhl bezüglich Umwelt

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Sylvia Kotting-Uhl
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Frage von Gabrielle S. •

Frage an Sylvia Kotting-Uhl von Gabrielle S. bezüglich Umwelt

Sehr geehrte Frau Kotting-Uhl,

zu Tausenden sterben jedes Jahr Delphine, Wale, Seeschildkröten und Seelöwen in kommerziellen Fischernetzen oder im Meeresmüll. Verantwortlich sind dafür laut der Meeresschutzorganisation DEEPWAVE unter anderem sogenannte Geisternetze. Verloren gegangene Treibnetze und Langleinen wickeln sich um Flossen und andere Gliedmaßen der Tiere und verursachen so Ertrinken, Infektionen oder Amputationen (http://www.deepwave.org/index.php?option=com_content&view=category&layout=blog&id=27&Itemid=243?=de). Was kann man als Bundestagabgeordnete tun, um diese Meeressäugetiere besser zu schützen?

Mit freundlichen Grüßen,

Gabrielle Senger

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Senger,

Sie sprechen in der Tat ein gewaltiges Problem an.
Die UN hat es nun endlich in einem Bericht zu Geisternetzen aufgegriffen und dokumentiert nochmal den dringenden Handlungsbedarf.

Absichtlich oder unabsichtlich im Meer zurückgelassene Fischereiausrüstung macht mit 640.000 Tonnen ein Zehntel des gesamten Mülls in den Weltmeeren aus. Neben der Menge ist auch das robuste synthetische Material problematisch. Als mögliche Lösungen werden v.a. finanzielle Anreize für Fischer vorgeschlagen, damit verlorenes Gerät gemeldet wird und es dann eingesammelt werden kann. Durch GPS stehen uns heute neue Optionen zur Verfügung. Nachgedacht wird auch über Fangausrüstungen mit biologisch abbaubaren Komponenten.

Genauso gravierend ist die unglaubliche Menge an in den Meeren schwimmendem Verpackungsmüll, der von den Tieren - auch Meeresvögeln - gefressen wird und sie elend verenden lässt. Seit ich im Bundestag bin, arbeite ich (unter vielen anderen Themen) für den Umstieg von Erdöl-Plastik bei Verpackungen (vor allem für Lebensmittel) auf biologisch abbaubare Biokunststoffe aus Nachwachsenden Rohstoffen. Die Chemie-Industrie wird diesen Weg nicht von alleine gehen. Dazu müssen von der Politik die Rahmenbedingungen vorgegeben werden - zum Beispiel die Steuerbefreiung für Erdöl als Grundstoff der chemischen Industrie zu beenden und im Gegenzug Förderprogramme für die Einführung von NaWaRo-Kunststoffen aufzulegen.

Aber nicht nur verlorene Netze oder Müll sind schuld am gewaltsamen Tod von Meeresbewohnern. Viele Meeressäuger sterben als Beifang bei kommerzieller Fischerei. Bei einigen Arten (z.B. Schweinswale) ist der Beifang so hoch, dass er die Population bedroht. Beifang ist einer der Hauptgründe für die Überfischung der Meere. Bei ca. 2,2 Mio. Tonnen Konsum- und Industriefische aus der Nordsee gab es im Jahr 2004 über 0,5 Mio. Tonnen Meerestiere als Beifang. Die Beifangquote zu verringern ist daher neben dem Abbau von Fangkapazitäten der wichtigste Weg zur Vermeidung von Überfischung.

In der Fischereipolitik ist unser Ziel daher für eine bestandserhaltende und ökosystemverträgliche Nutzung der Fischbestände zu sorgen, die auf dem Vorsorgeprinzip und der Nachhaltigkeit fußt.

Der politische Hebel für Meeresschutz und die Fischerei liegt auf Ebene der EU („Gemeinsame Fischereipolitik“). Hier kann man durch finanzielle Anreize lenken, z.B. aus dem Fischereistrukturfonds oder dem Europäischen Ausgleichs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft. Für die globale Meeresfischereipolitik gibt es im Rahmen des UN-Fischereiabkommens zum Schutz wandernder und grenzüberschreitender Arten und dem Verhaltenskodex der Welternährungsorganisation für eine verantwortliche Fischerei Ansätze.

Nachhaltige Fischereipolitik wird von uns Grünen im EU-Parlament gefordert und bei Beratungen im Bundestag im Umweltausschuss und im Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherpolitik unterstützt. Grüne Forderungen sind Maßnahmen zur Verringerung der Beifangmenge, die Einführung von Fangquoten, das Verbot den Beifang auf See zurückzuwerfen und Anrechnung des angelandeten Beifangs auf die Fangquoten. Auch finanzielle Anreize zur Einführung selektiverer Fangtechniken werden von den Grünen gefordert.

Mit freundlichen Grüßen
Sylvia Kotting-Uhl