Frage an Thomas Mann bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Thomas Mann
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Frage von Christoph H. •

Frage an Thomas Mann von Christoph H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Abgeordneter Mann,

bezüglich der kommenden Beratungen zum ACTA habe ich einige Fragen:

Ist des richtig, dass das Abkommen für die EU verpflichtend, für den Initiator (die USA) hingegen unverbindlich ist?

Denken Sie, das die Interessen von Rechteinhabern elementaren Dingen wie Meinungsfreiheit, Datenschutz und anderen Grundrechten übergeordnet werden dürfen?

Ist es Ihrer Meinung nach vertretbar, Internetprovider quasi dazu zu verpflichten kontinuierlich den Datenverkehr zu überwachen? Von den entstehenden Kosten mal abgesehen, birgt dass nicht auch enormes Potential des Missbrauchs?

Mit freundlichen Grüßen aus Kassel

Christoph Hoop

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Sehr geehrter Herr Hoop,

vielen Dank für Ihre Anfrage bezüglich der Unterzeichnung des Anti-Counterfeiting Trade Agreement (ACTA).

Für die Europäische Union hat die EU-Kommission das Abkommen verhandelt. Das Mandat dafür hat sie von den Regierungen der EU-Staaten erhalten. Während der Verhandlungen wurde die EU-Kommission durch das Europäische Parlament kontrolliert: sowohl durch Anfragen, Resolutionen und Debatten im Plenum als auch den zuständigen Außenhandelsausschuss (INTA). Letzterer hat mit den Verhandlungsführern und dem zuständigen EU-Kommissar regelmäßig über den Verhandlungsstand und die geäußerten Sorgen vieler Bürgerinnen und Bürger diskutiert und Forderungen für die weiteren Verhandlungen gestellt. ACTA darf nicht als "bürokratische Hinterzimmergeburt" fernab der Öffentlichkeit in Kraft treten! Erst wenn das Europäische Parlament und die nationalen Parlamente der EU-Staaten in öffentlichen Sitzungen grünes Licht für ACTA geben, kann es tatsächlich angewandt werden.

Derzeit wurde die Ratifizierung in mehreren Ländern vorerst gestoppt. Deutschland, Tschechien, Slowakei, Lettland und Polen haben das Abkommen nicht unterzeichnet. In anderen Ländern bzw. Staatengemeinschaften - darunter die übrigen EU-Länder, USA, Kanada, Japan, Frankreich und weitere - ist dieses bereits Realität. Zudem sollen in den USA jene ACTA-Bereiche mit Internetbezug im Rahmen eines nationalen Gesetzes verabschiedet werden.

Die Kritik, wonach ACTA "das Ende des freien Internets" wegen angeblichen Internetsperren sei, teile ich nicht. ACTA sieht nach Aussagen der Kommission und des Rechtsdienstes des EP keine Internetsperren vor. Außerdem steht ACTA in Einklang mit dem derzeitigen Harmonisierungsniveau zur Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums, mit dem Regulierungsrahmen für die Telekommunikation und nicht zuletzt mit den einschlägigen EU-Regelungen zum Datenschutz und zur Privatsphäre. ACTA wird nichts an den geltenden Gesetzen der EU ändern, wie uns der Rechtsdienst des EP in zwei vom Außenhandelsausschuss (INTA) und Rechtsausschuss (JURI) beauftragten Rechtsgutachten bestätigt hat. Beide Gutachten sind im Internet verfügbar unter http://lists.act-on-acta.eu/pipermail/hub/attachments/20111219/59f3ebe6/attachment-0010.pdf (Rechtsgutachten des legal service für den JURI ab S.1 und für den INTA ab S. 9).

Der zuständige Außenhandelskommissar Karel De Gucht bekräftigt in seinen Stellungnahmen, dass sich für die Bürger in Europa nichts ändern wird. An dieser Aussage werden wir die Kommission messen. ACTA stellt sicher, dass die Unterzeichnerstaaten gegen gefälschte Markenartikel vorgehen können, unter denen viele Unternehmen in Europa leiden: Wegen den in Milliardenumfang gehandelten gefälschten Produkten und der ständigen Verletzung des geistigen Eigentums sind in Europa bereits tausende Arbeitsplätze verloren gegangen oder gar nicht erst entstanden. ACTA kann hier ein Baustein sein, der hilft, europäische Modedesigner, Künstler oder Automobilhersteller in ihren Rechte ausreichend vor Fälschungen zu schützen. Wir "exportieren" durch ACTA europäische Standards und importieren nicht ausländisches Recht.

Mit diesen Standpunkten hat ACTA eine Chance, auch unter den Internet-Usern akzeptiert zu werden. In den Debatten der nächsten Wochen werde ich hinterfragen, ob die Sorgen derer berechtigt sind, die eine Überwachung oder eine Zensur befürchten. Hier muß im Zweifelsfall nachgebessert werden. Ich bleibe also kritisch und mit Sicherheit aufmerksam!

Mit freundlichen Grüßen

Thomas Mann MdEP