Frage an Tobias Zech bezüglich Wirtschaft

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Tobias Zech
CSU
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Frage an Tobias Zech von Lars R. bezüglich Wirtschaft

Eine vom Global Delevopment and Environment Institute an der amerikanischen Tufts-Universität aktuell veröffentlichte Studie kommt zu einem ernüchternden Ergebnis hinsichtlich der wirtschaftspolitischen Folgen des von der Bundesregierung unterstützten TTIP-Abkommen. In einem Working Paper beschreibt Jeronim Capaldo, dass das TTIP auf die EU-Staaten eine geradezu verheerende Wirkung haben dürfte. 600.000 Arbeitsplätze würden demnach bis 2025 verlorengehen. Das wären so viele wie in den Krisenjahren 2010 und 2011. Selbst wenn der Arbeitsplatz-Abbau über mehrere Jahre gestreckt ist, würde er zu gravierendenen sozialen Veränderungen in den heute noch vergleichsweise reichen EU-Staaten führen.

Unterstützen Sie, verehrter Herr Zech, vor diesem Hintegrund das geplante TTIP-Abkommen?

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CSU

Sehr geehrter Herr Rosinsky,

wie Herr Capaldo selbst in seiner Arbeit einleitend erwähnt, kommen viele andere Studien, auf welchen ich im folgenden zurückgreifen werde, zu einem positiven Ergebnis, was die ökonomischen Auswirkungen des Transatlantischen Handels- und Investitionsschutz- Abkommens angeht. Der Wissenschaftler der Tufts-University kritisiert die Annahmen, auf welchen die Forschungsergebnisse basieren, doch auch Herr Capaldo trifft Annahmen, welche nicht von einer kritischen Betrachtung gefeit sind.

Heutzutage betragen Zölle im transatlantischen Raum durchschnittlich 3,5%. Doch es sind nicht die tarifären Instrumente auf denen das Augenmerk liegen sollte. Angaben des niederländische Institut Ecorys zufolge, machen die zusätzlichen Kosten, welche durch doppelte Produktzulassungen, Testverfahren und Konformitätsprüfungen bei der Aus- und Einfuhr entstehen, im Durchschnitt bis zu 21,5% der Kosten des Produktes aus. Ein Wegfall dieser künstlichen Handelsbeschränkungen eröffnet Konsumenten die Möglichkeit bei einer erhöhten Produktvielfalt von gleichzeitig fallenden Preisen zu profitieren.
Deutsche Exporte in die USA könnten demnach um bis zu 94% zulegen. Interstaatlicher Handel und die internationale Arbeitsteilung stellen kein Nullsummenspiel dar, das weiß die Wissenschaft seit Ende des 18. Jahrhunderts. Die deutsche Autoindustrie ist deshalb so gut aufgestellt, da sie neue Märkte erschließt und vor Ort produziert, was positive Effekte auf den heimischen Arbeitsmarkt hat.
Eine Studie des Centre for Economic Policy Research (CEPR)geht von einem Anstieg des zur Verfügung stehenden Einkommens eines vierköpfigen Privathaushalt in Europa als Folge des Abkommens von bis zu 545 Euro pro Jahr aus. Die Schätzungen über zusätzliche Arbeitsplätze reichen von 400.000 bis 1,3 Millionen, was immerhin bis zu 5% der derzeit 26 Millionen Arbeitslosen entspricht, welchen wir heute in der EU gegenüberstehen und verpflichtet sind.

Ende Oktober beim „EP Berichterstatter TTIP im Dialog“ in Berlin wies der Vorsitzende des Ausschusses für Internationalen Handel im Europäischen Parlament Bernd Lange, MdEP, auf die Auswüchse des heutigen nicht-tarifären Zollsystems hin, mit dem sich beide Wirtschaftsräume umgeben haben. Demnach lässt beispielsweise Mercedes, aufgrund von Kostenüberlegungen, seine Sprinter in Deutschland fertigen, um sie im nächsten Schritt wieder in seine Einzelteile zu zerlegen, diese in die USA zu exportieren, um sie dort wieder zusammenzusetzten lassen. Es bedarf, denke ich, keiner Kommentierung solcher Verkomplizierungen des wirtschaftlichen Wertschöpfungsprozesses.

Deutschland als „Exportnation“ kann gleich mehrfach durch TTIP profitieren. Die oben angesprochene zunehmende Wettbewerbsintensität lässt nicht nur Konsum- und Gebrauchsgüter-Preise sinken, sondern auch die von Vorprodukten. Die deutsche Industrie ist auf günstige US- Rohstoffe und Betriebsmaterialien angewiesen und könnte ihre Wettbewerbsfähigkeit im globalen Markt weiter verbessern. Es könnte weiterhin eine Chance sein, EU-Regulierungen, welche als zu bürokratisch beurteilt werden und ein unmerkliches Kosten-Nutzen-Verhältnis aufweisen, einer Revision zu unterziehen und somit zusätzliche positive Effekte freizusetzen.

Eine Bertelsmann- Studie kommt zu dem Schluss, dass vor allem, solche Staaten innerhalb der EU am meisten von TTIP profitieren werden, welche heutzutage als eher wirtschaftlich schwach gelten. Die Veränderung des realen Pro-Kopf-Einkommens könnte in Länder wie Griechenland, Italien oder Spanien und Portugal bis zu plus 6,55% betragen (Basisjahr 2010). Der damit einhergehende Abbau von wirtschaftlichen Ungleichheiten innerhalb der EU könnte zu einer Stabilisierung des Euroraumes führen. Die angeführten Länder werden von dem Wissenschaftler im Einzelnen, der von Ihnen zitierten Studie, nicht in Betracht gezogen.
Auch Drittländer, welche nicht im Handelsabkommen involviert sind, können indirekt profitieren, da ihre Unternehmen fortan nur noch einen Standard und nicht zwei unterschiedliche produzieren müssen. Es mag richtig sein, dass die intra-europäischen Handelsströme und die zu Drittstaaten kurzfristig zugunsten des Handels mit den Vereinigten Staaten zurückgehen werden, da eine freie Allokation der Ressourcen fortan gewährt ist, jedoch muss dies nicht negative Konsequenzen für die Volkswirtschaft haben. Die zunehmende Wettbewerbsintensität wird, hier bestehen keine Zweifel, Güter in großem Masse erschwinglicher machen. TTIP soll auch Anstoß für das Wiederaufleben der WTO-Verhandlungen in Doha sein, um einen globalen Markt zu schaffen und alle Länder an den positiven Effekten teilhaben zu lassen.

Es soll noch angemerkt werden, dass ein trade-off zwischen Deregulierung und Wachstumspotential herrscht. Je weniger Bereiche unter TTIP neu reguliert werden, desto weniger werden wir positive Ergebnisse für die Wirtschaft realisieren können. Wenn also Kritiker des TTIP fordern, so wenig wie möglich innerhalb der Verhandlungen neu zu definieren, so viele Bereiche von den Gesprächen wie möglich auszusparen und im Folgenden die geringen Wachstumspotentiale monieren, führen sie ihre Argumentation ad absurdum.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass das Wissen über die Zukunft immer beschränkt sein wird und demnach jede Annahme, auf welchen Studien nun einmal basieren, Kritik auf sich ziehen kann. Zurzeit kursieren jedoch mehr Studien, welche positive Effekte für die Volkswirtschaften verzeichnen und welche auch in Einklang mit den herrschenden Theorien des Freihandels stehen."

Mit besten Grüßen

Tobias Josef Zech MdB