Frage an Willi Brase bezüglich Innere Sicherheit

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Willi Brase
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Frage von Heinz H. •

Frage an Willi Brase von Heinz H. bezüglich Innere Sicherheit

1.) Am 28. November wird über die Haushaltsmittel des BND beraten: Er will geheim gehaltene Software-Schwachstellen (Zero-Day-Exploits) aufkaufen, Schadsoftware entwickeln und Computersysteme im Ausland angreifen. Er erklärt, „man müsse jetzt auf Augenhöhe mit anderen Diensten operieren“, aber verschweigt, dass NATO-Rechtsexperten eine staatliche Computersabotage als militärische Aggression mit erheblicher Eskalationsgefahr werten. Wie stehen Sie zu dieser Idee des BND?

2.) Deutsche Behörden und Unternehmen sind nicht in der Lage Kommunikations- und IT-Systeme der Bürger zu schützen (Merkel-Handy). Obwohl der BND belegbar nichts von IT-Systemen versteht, will er Wissen über Sicherheitslücken zukaufen, nicht um Staat und Bürger zu schützen, sondern um zum Cyberangreifer zu werden. Dies erzeugt Gegenreaktionen: Computersysteme in Deutschland würden angegriffen werden. „Angriffe von anderen Staaten auf dem Qualitätsniveau von Regin (siehe 4.) können gegenwärtig weder Staat noch Unternehmen entdecken, geschweige denn unterbinden“, warnt Sylvia Johnigk, Sicherheitsexpertin im FIfF Vorstand. Womit rechtfertigt der BND Ihrer Meinung nach dieses Spiel mit dem Feuer?

3.) Außenpolitische Krisenherde wie in der Ukraine und die daraus entstehende Gefahr für die Versorgung mit russischem Erdgas sind Besorgnis erregend. Ein wenig BND-Schadsoftware, ein kleiner Cyberangriff eines anderen Staates und die Gegenreaktion des Angegriffenen kann völlig ausreichen, um unsere Energieversorgungssysteme zusammenbrechen zu lassen. Wie bewerten Sie diese Gefährdung der Sicherheit Deutschlands, welche vom BND ausgeht?

4.) Der BND fordert 300 Mio. € für seine Cyberangriffssysteme. Wie stehen Sie dazu, das geforderte Geld stattdessen in Personal und Infrastruktur anzulegen, um einen vertrauenswürdigen und transparenten „Cyber-Zivilschutz“ zu gewährleisten?

[0]: http://fiff.de/ganz-grosses-staatstheater

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Hiekmann,

herzlichen Dank für Ihre Anfrage vom 26. November 2014, auf welche ich Ihnen gerne antworten möchte.

Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über die parlamentarische Kontrolle nachrichtendienstlicher Tätigkeit des Bundes (Kontrollgremiumgesetz - PKGrG) vom 29.07.2009 (BGBl. I S. 2346) sind die Beratungen des Parlamentarischen Kontrollgremiums geheim. Die Mitglieder des Gremiums […] sind zur Geheimhaltung der Angelegenheiten verpflichtet, die ihnen bei ihrer Tätigkeit im Parlamentarischen Kontrollgremium bekannt geworden sind. Dies gilt vor allem für Informationen zu den operativen Fähigkeiten der Nachrichtendienste. Da ich darüber hinaus nicht selbst Mitglied des PKGr bin, werden Sie verstehen, dass ich deshalb Ihre Fragen nur allgemein beantworten kann.

Angesichtes der anhaltenden Bedrohungen unserer Freiheit und Sicherheit, vor allem durch den internationalen Terrorismus aber auch durch die Aktivitäten anderer Staaten, hält die SPD-Bundestagsfraktion die Tätigkeit unserer Nachrichtendienste für nicht verhandelbar. Leider ist die Welt nicht so, dass Deutschland ohne die Gefährdung von Menschen in Kauf zu nehmen auf dieses Instrument verzichten könnte.

Operative Maßnahmen zur Ausschaltung von Computersystem sind nach meiner Ansicht nicht vom BND-Gesetz vom 20. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2954, 2979), zuletzt geändert durch Artikel 7 des Gesetzes vom 20. Juni 2013 (BGBl. I S. 1602) gedeckt. Eine solche Tätigkeit würde meines Erachtens im Kontrollgremium auch keine Akzeptanz finden.

Die Gewinnung von Informationen auch unter Einsatz moderner Informations- und Kommunikationstechnologie ist hingegen nicht nur rechtlich zulässig, sondern auch zur Aufgabenerfüllung unverzichtbar, schon weil der internationale Terrorismus entsprechend Instrumente extensiv nutzt. Wenn der BND gemäß § 3 Abs. 1 BNDG zur Gewinnung von Erkenntnissen über das Ausland, die von außen- und sicherheitspolitischer Bedeutung für die Bundesrepublik Deutschland sind, die erforderlichen Informationen sammeln soll, dann gehört dies (meines Erachtens) dazu.

Die technischen Fähigkeiten der Nachrichtendienste sind immer wieder Gegenstand von öffentlichen Spekulationen, an denen ich mich nicht beteilige. Richtig ist, dass es einen absoluten Schutz von Telekommunikation nicht gibt. Dennoch will ich hier ausdrücklich die Leistungen des Bundesamtes für die Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) erwähnen, die nicht nur für den Staat, sondern auch die Bürgerinnen und Bürger erbracht werden.

Die Sicherheit der Energieversorgung in Deutschland muss auch ein Thema des Bundesnachrichtendienstes sein, allein aus dem Grund, weil unser Land mangels eigener großer Rohstoffvorkommen bislang noch auf Lieferungen von Öl und Gas aus dem Ausland angewiesen ist. Auch dies ist neben dem Klimaschutz ein Argument, die erneuerbaren Energie auszubauen und damit die Abhängigkeit von fossilen Energieträgeren zumindest mittelfristig zu reduzieren. Die Bundesregierung und vor allem die sozialdemokratisch geführten Ressorts Umwelt und Wirtschaft arbeiten verstärkt an der Energiewende.

Wie Sie dem aktuellen Verfassungsschutzbericht (2013, S. 306ff.) entnehmen können, werden Geheim- und Nachrichtendienste der Russischen Föderation bei ihren erheblichen Aktivitäten in Deutschland auch von unseren Sicherheitsbehörden nachrichtendienstlich bearbeitet. Dennoch erfolgen die Lieferungen von Erdgas, auch aufgrund langfristiger vertraglicher Verpflichtungen, problemlos. Ich halte dies ferner nicht für verwunderlich, denn gerade die Russische Föderation selbst hat ein hohes Interesse an deren reibungslosen Vollzug zwecks Devisenbeschaffung.

Der Bundesnachrichtendienst ist zur Erfüllung seines gesetzlichen Auftrages aus § 1 Abs. 2 BNDG angemessen mit Personal- und Sachmitteln auszustatten. Dies gilt insbesondere dann, wenn man nicht auf die Unterstützung von anderen Geheim- oder Nachrichtendiensten angewiesen sein will. Der Kontrolle dieser Mittel kommt allerdings eine besondere Bedeutung zu, die sich meine Kolleginnen und Kollegen im parlamentarischen Kontrollgremium zum Schwerpunkt ihrer Tätigkeit gemacht haben.

Mit freundlichen Grüßen
Willi Brase