Frage an Wolfgang Schäuble bezüglich Finanzen

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Frage an Wolfgang Schäuble von Michael B. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Bundestagsabgeordneter Dr. Wolfgang Schäuble,

mich interessiert Ihre persönliche und politische Meinung um das heutzutage vieldiskutierte, bürgernahe Thema des bedingungslosen Grundeinkommen ( BGE ) in Verbindung eines neugeordneten Finanzsystems!

Dabei nehme ich Bezug auf den Vortrag des Herrn Professor Wolfang Berger zur Finanzkrise.

Inwieweit sind Sie dafür zu begeistern?

Mit freundlichen Grüßen,

Michael Brosi

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Brosi,

das in unterschiedlichen Ausgestaltungen immer wieder in der politischen Diskussion vorgebrachte Konzept eines bedingungslosen Grundeinkommens lehne ich aus verschiedenen Gründen ab.

Mit einem bedingungslosen Grundeinkommen würde ein radikaler Systemwechsel hin zu einem überwiegend steuerfinanzierten System der sozialen Sicherung vollzogen und ein neues Sozialstaatsverständnis übernommen. Das bisherige Nachrang- bzw. Bedarfsprinzip sozialer Transfers würde aufgehoben, Selbstverantwortung und Eigeninitiative der Bürger würden wegen des Anspruchs auf auskömmliche staatliche Leistung auch ohne Gegenleistung geschwächt. Sozialpolitische Lenkungswirkungen könnten mit einem einheitlichen Sozialtransfer nicht mehr umgesetzt werden.

Zudem belegen verschiedene Studien, dass das Konzept des bedingungslosen Grundeinkommens mit enormen fiskalischen Risiken verbunden ist. Insbesondere deshalb, weil sich die Auswirkungen eines Grundeinkommens auf den Arbeitsmarkt - nicht zuletzt aufgrund unabsehbarer individueller Verhaltensänderungen - kaum vorhersagen lassen. Zwar ist eine Erhöhung der Beschäftigung keineswegs ausgeschlossen, allerdings weisen wissenschaftliche Studien auch negative Beschäftigungsanreize nach. In der Folge könnte dies zu einem Rückgang des Beschäftigungs- und des Lohnniveaus führen und die Finanzierungsgrundlage des Systems schwächen.

Auch hinsichtlich der beabsichtigten Vereinfachung des Transfersystems bestehen Zweifel. Es ist nicht auszuschließen, dass ein Grundeinkommen in Sonderfällen nicht bedarfsdeckend wäre. Weitere Transfers müssten hier ergänzend hinzutreten. Diese Zusatzleistungen in individuellen Fällen zu prüfen, dürfte das Ausmaß der beabsichtigten Vereinfachung und Transparenz des Transfersystems mindern.

Aus der Sicht mancher Bürgerinnen und Bürger mag das bedingungslose Grundeinkommen durchaus reizvoll und verlockend sein, volkswirtschaftlich, fiskal- und sozialpolitisch ist das Konzept jedoch mit zu vielen Unwägbarkeiten behaftet. Zudem ist es bislang in keinem Land flächendeckend umgesetzt worden, so dass vergleichbare internationale Erfahrungen fehlen.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Wolfgang Schäuble