Sehr geehrter Herr Thierse,

ich teile die Meinung des Hannes Köhler bezüglich Ihrer Äußerung über Kohls Verhalten gegenüber seiner Ehefrau in ihren schwersten Stunden kurz vor ihrem Freitod, nicht. Sie haben doch nur die Wahrheit gesagt, um die großmütige Entscheidung Münteferings zugunsten seiner Ehefrau zu würdigen.
Kohl ist kein Säulenheiliger.
Sein Verhalten gegenüber seiner Frau während ihrer schweren Erkrankung war mehr als schäbig. Nicht nur, dass er am Ende Ihres Lebens nicht bei ihr war, sondern schon vorher, als er die Hochzeit seines Sohnes von seiner, ihm sehr nahe stehenden Mitarbeiterin Juliane Weber in der Türkei organisieren ließ, an der seine Frau und Mutter ihres gemeinsamen Kindes eben auch aus gesundheitlichen Gründen nicht teilnehmen konnte. Und das, obwohl ein hoher katholischer Würdenträger angeboten hatte, die kirchliche Trauung in Mainz zu zelebrieren.

Die scheinheilige Reaktion der Unionspolitiker mit ihren Rücktrittsforderungen ist doch nur der Versuch, Sie aus Ihrem Amt zu katapultieren. Und Sie sind denen mit Ihrer in Demut gehaltenen Entschuldigung auf den Leim gegangen.

Das stellt Sie wiederum vor die Frage, ob Sie nicht allein deswegen Ihr Amt niederlegen sollten, zumal jetzt auch aus der eigenen Partei Vorwürfe gegen Sie erhoben werden?

Das ist auch meine Frage.

Mit freundlichen Grüßen
Hans Jacobsen