Frage an Wolfgang Wieland bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Wolfgang Wieland
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Oliver S. •

Frage an Wolfgang Wieland von Oliver S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Wieland,

gem. Art. 20 GG heißt es:
" Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus."

Dabei sollen Parteien NUR die Erfüllungsgehilfen sein, aber es sieht heute anders aus, die Parteien entscheiden über die Köpfe des Volkkes hinweg. Macht korrumpiert eben.

Gem Art. 20 haben wir das RECHT auf Volksabstimmungen in allen wichtigen Fragen das Volk betreffend, jede Art der staatlichen Betätigung MUSS auf einen Willenentschluß des Voklkes zurückführbar sein und legitimiert werden. ( siehe Dieter Hesselberger; Das Grundgesetz) SIE alle im Bundestag verstoßen ganz eindeutig gegen das GG, denn wir müssen gefragt werden, ob WIR, das VOLK auch diesen EU Vertrag haben wollen, und ich will diesen nicht. Ganz schnell und heimlich soll dieser Vertrag von Lissabon, eine getarnte Verfassung, den Bundestag passieren. Ohne das Volk zu berfragen, ob wir diesen auch wollen. Dieser Bundestag und Bundesrat sind nicht LEGITIMIERT, diesen Vertrag zu ratifizieren, da eindeutig ein Verstoß gegen das GG vorliegt.

Dieser Vertrag dient nur einigen wenigen zur Bevorteilung, aber die "einfachen" Menschen profitieren gar nicht, obwohl Politiker das tagtäglich dem Wahl(idioten)volk erzählen möchten.

Wovor haben deutsche Politiker Angst? Dass wir Bürger mündig sind und dann die Entscheidungen nicht nur zu Gunsten einiger weniger fallen könnte???

Wo bleibt die Volksabstimmung für die größte Volksdemokratie in Europa? Oder ist das auch eine Lüge, und wir haben keine Demokratie mehr? Denn am politischen Prozeß lassen uns die Politiker doch gar nicht mehr mitentscheiden, warum nicht? Angst???

Bitte sagen Sie nicht, die Gründungsväter der BRD und bla bla bla...hätten das nicht vorgesehen, wenn Sie Angst haben, dann sind Sie gegen eine Volksabstimmung. Wollen Sie wirklich einen Großteil der Souveranität an ungewählte Eurokraten in Brüssel abgeben?

Mfg
Stang

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Stang,

ich stimme Ihrer Analyse nur zu einem Teil zu. Sie haben Recht, dass das Grundgesetz Wahlen UND Abstimmungen vorsieht, durch die – um in der Diktion des Grundgesetzes zu bleiben – das Volk die Staatsgewalt ausübt. Auch wenn Sie es als blabla abtun, haben die Autorinnen und Autoren des Grundgesetzes den Wahlen beziehungsweise der Ausübung der Staatsgewalt durch gewählte Repräsentanten eindeutigen Vorrang eingeräumt – zu viel wie ich finde. Für die täglichen Fragen der Gesetzgebung ist Repräsentation das richtige Prinzip, aber bei Fragen von wirklich großer Tragweite sollte es auch auf Bundesebene Volksabstimmungen geben. Der Vertrag von Lissabon gehört sicher in diese Kategorie. Das habe ich immer so vertreten und meine Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat dazu einen Gesetzentwurf ( Sie finden in unter http://dip.bundestag.de/btd/16/006/1600680.pdf ) vorgelegt, der wegen der immer noch ablehnenden Haltung der CDU/CSU-Fraktion noch nicht verabschiedet wurde.

Da dies so ist, werden Bundestag und Bundesrat über den Vertrag von Lissabon entscheiden. Und sie sind dazu legitimiert, denn die einzigen Fragen, bei denen das Grundgesetz einen Volksentscheid ausdrücklich vorschreibt sind die Neugliederung von Ländern nach Art. 29 GG und die Ablösung des Grundgesetzes durch eine andere Verfassung gemäß Art. 146GG.

Bleibt also die inhaltliche Frage, ob der Vertrag von Lissabon zustimmungsfähig ist oder nicht. Meine Antwort lautet: eindeutig ja. Denn gerade im Bereich der Grundrechte und der demokratischen Kontrolle bringt er viele Fortschritte gegenüber den bisherigen Verträgen. Das europäische Parlament erhält weiter gehende Rechte, die Grundrechtscharta wird rechtsverbindlich, die nationalen Parlamente bekommen ein wirksames Mittel in die Hand, um die unzulässige Aneignung von Kompetenzen durch die EU-Organe zu verhindern und das Prinzip der Subsidiarität (also der Zuständigkeit der jeweils untersten Ebene) wirksam durchzusetzen. Die Alternative zu diesem Vertrag wäre, entweder eine weniger gute demokratische Kontrolle der EU oder ein Ende des Weges der europäischen Integration. Beides kommt für mich nicht in Frage.

Mit freundlichen Grüßen

Wolfgang Wieland