Frage an Zaklin Nastić bezüglich Europapolitik und Europäische Union

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Zaklin Nastić
BSW
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Frage von Keshav G. •

Frage an Zaklin Nastić von Keshav G. bezüglich Europapolitik und Europäische Union

Sehr geehrte Frau Nastic,

wissen Sie, ob die Superreiche in der EU Steuerrabatte genießen?
Was kann dagegen gemacht werden?

Mit freundlichen Grüßen,
Herr G.

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BSW

Sehr geehrter Herr Gokhale,

vielen Dank für Ihre Frage. Steuerrabatte gibt es in der EU leider sowohl für internationale Großkonzerne als auch für superreiche Privatpersonen.

Internetkonzerne wie Amazon, Google und Facebook zahlen in Europa im Schnitt 9 Prozent Steuern. Das ist weit weniger als ihre Beschäftigten an Steuern zahlen. Durchschnittlich zahlen Unternehmen derzeit 23 Prozent in Europa. Zu wenig, aber eine Orientierung: Übergangsweise muss der Steuersatz für Internetkonzerne auf 23 Prozent gesetzt werden. Es muss Schluss sein mit Steuerdumping und Steueroasen in Europa müssen beseitigt werden. Die Schlupflöcher für die große Konzerne können leicht geschlossen werden: überall in der EU muss ein Mindeststeuersatz für Unternehmen eingeführt werden. Was versteuert werden muss, was abgeschrieben werden kann, wird einheitlich geregelt ("breite, einheitliche Bemessungsgrundlage"). Der DGB fordert z.B. einen Mindeststeuersatz von 25 Prozent. Richtig so!

Darüber hinaus müssen die Konzerne gezwungen werden, transparent und öffentlich Buch zu führen und Gewinne dort zu versteuern, wo sie entstehen. Banken müssen verpflichtet werden, Geschäfte mit Steueroasen und verdächtige Bankbewegungen zu melden - oder ihnen wird die Zulassung entzogen.

Während Konzerne ihre Gewinne zu Tochterunternehmen in Niedrigsteuerländer verschieben, nutzen superreiche Privatpersonen ähnliche Möglichkeiten und verlagern ihr Vermögen oder ihren Wohnsitz in Länder mit niedrigen Steuersätzen. Es ist besonders problematisch, dass einige dieser Niedrigsteuerländer, wie Luxembourg, Niederlande oder Malta, der EU angehören. So ist die Verlagerung von Kapital oder Wohnsitz einfacher. Solche Niedrigsteuerländer, insbesondere innerhalb der EU, dürfte es nicht geben. Wenn EU-Mitgliedsländer durch Steuerdumping darum wetteifern, mit möglichst niedrigen Steuersätzen Unternehmen oder Superreiche anzulocken, führt das dazu, dass in allen Ländern weniger Steuergeld für den Sozialstaat, Bildung oder Infrastruktur zu Verfügung steht. Die Linksfraktion fordert, dass die Bundesregierung sich für eine einheitliche und faire Besteuerung innerhalb der EU einsetzt.

Wie schlimm der Zustand ist, zeigt u. a. eine Kleine Anfrage unserer Fraktion: https://www.fabio-de-masi.de/de/article/2813.deutsche-lagern-milliarden-im-ausland-der-steuerliche-informationsaustausch-hat-gro%C3%9Fe-l%C3%BCcken.html

Ein weiterer, äußerst problematischer Aspekt, sind die "Passprogramme" einiger Länder wie Malta: durch Zahlungen oder Investitionen in Höhe einer gewissen Summe bekommt man die Bürgerschaft des Landes und somit auch die EU-Bürgerschaft. So können ausländische Reiche z.B. Sanktionen umgehen. Oft werden diese Möglichkeiten zur Geldwäsche benutzt. Unsere Fraktion hat dieses Thema in mehreren parlamentarischen Anfragen, wie z.B. der folgenden, aufgegriffen: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/015/1901569.pdf

Auch im Rahmen der Bekämpfung der Folgen der Corona-Pandemie hätte die EU Hilfsgelder an die Bekämpfung von Steuerdumping und an eine EU-weit koordinierte Vermögensabgabe koppeln müssen. Stattdessen wurde beim EU-Gipfel zum Wiederaufbaufonds im letzten Sommer im Gesundheits- und Forschungsbereich gegenüber dem ursprünglichen Vorschlag gekürzt und die Auszahlung an krisenverschärfende Auflagen gekoppelt.

DIE LINKE fordert, Steuertricksereien sowohl von Konzernen als auch von Privatpersonen zum Wohle aller Menschen zu unterbinden. Einheitliche Steuersätze in der EU wären hier ein Anfang.

Mit freundlichen Grüßen

Zaklin Nastic

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