Frage an Alexander Alvaro bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Alexander Alvaro
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Frage von Marc S. •

Frage an Alexander Alvaro von Marc S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Alvaro,

Anfang April hatte ich in einem Artikel auf spiegel-online über die verheerenden Verstösse seitens der USA gegen das SWIFT-Abkommen gelesen. In diesem Beitrag wurden Sie auch erwähnt, als Sie forderten, diese Mängel umgehend zu beheben.

Da nun einige Zeit vergangen ist, würde ich gerne nochmal auf dieses Thema zurückkommen und wissen, wie man seitens der EU auf den Vorfall reagiert hat und welche Konsequenzen dieser hatte.

Zur Erinnerung: Die EU-Kommission räumte in einem Bericht schwere Fehler bei der Umsetzung des Swift-Abkommens ein. Die USA speicherten demnach Daten europäischer Bankkunden ohne Anlass und auf Vorrat und verschwiegen die Zahl der Zugriffe.
Dies wiederum stellt einen erheblichen Verstoss gegen die getroffenen Vereinbarungen dar.

Meine Frage lautet nun: Wurde eine Überarbeitung und damit eine Verbesserung der Anwendung zum Schutz dieser Daten vorgenommen und wie sieht diese konkret aus? Was wurde unternommen, um solche Vorgehen zukünftig zu vermeiden.

Vorab vielen Dank für Ihre Antwort.

Freundliche Grüße,
Marc Schneider

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FDP

Sehr geehrter Herr Schneider,

Heute vor zwei Jahren trat der Vertrag von Lissabon in Kraft und stärkte insbesondere im Bereich der europäischen Innenpolitik die Rechte des Europäischen Parlaments. Statt diese zu nutzen, positionieren sich viele Parteien bereits für den Wahlkampf. Die Verteidigung der Grundrechte bleibt dabei immer öfter auf der Strecke.

Dabei war der Anfang vielversprechend: Eine der ersten Entscheidungen des Europäischen Parlaments nach Inkrafttreten des Lissabonvertrages war die Ablehnung des sogenannten SWIFT-Abkommens, das die Übermittlung europäischer Bankdaten an die USA zum Zweck der Terrorismusbekämpfung regelt. Das Europäische Parlament hatte ein Zeichen gesetzt, dass die Abgeordneten ihre neuen Rechte selbstbewusst wahrnehmen würden.

Das seit dem 11. September 2001 immer dichter wachsende Geflecht der Sicherheitsgesetze wurde hinterfragt. Wegen Bedenken bezüglich Datenschutz und Rechtssicherheit wurde zum ersten Mal ein internationaler Vertrag zu Fall gebracht. Verantwortungsbewusst wurde wenige Monate später ein neues Abkommen, das sowohl den datenschutzrechtlichen Standards, als auch den sicherheitspolitischen Notwendigkeiten entsprach, verhandelt und mit den Amerikanern abgeschlossen.

Heute ist jedoch nicht mehr zu übersehen, dass die zuvor gesetzlich verankerten Schutzmechanismen in der Praxis wirkungslos sind, da sie schlichtweg ignoriert werden. Verbriefte Rechte auf Richtigstellung, Sperrung und Löschung der persönlichen Daten werden umgangen. Die zuvor versprochene Veröffentlichung der Zugriffszahlen auf die Bankdaten erfolgt nicht, Datenabfragen werden nicht eingegrenzt und ein neu entsandter europäischer Beamter, der jeden Datenzugriff der Amerikaner vor Ort überwachen sollte, darf dies doch nicht ungehindert tun.

Die Europäische Kommission spielt diese Rechtsbrüche herunter und missachtet ihre rechtsverbindliche Verpflichtung, einen Gesetzestext vorzulegen, der die Überweisung dieser Daten an die USA obsolet machen soll. Lediglich die Übertragung von Milliarden Daten europäischer Bürger an die USA funktioniert bis heute einwandfrei.

Konkrete Reaktionen aus dem EP bleiben jedoch seit Monaten aus. Die Zurückhaltung der CDU ist dabei wohl noch am wenigsten überraschend. Viel erstaunlicher ist da bereits, dass auch SPD, Grüne und Linke, die die Umsetzung des SWIFT-Abkommens bei jeder Möglichkeit lautstark kritisieren, sich intern konsequent jedem konkreten Vorschlag zur Behebung der Umsetzungsmängel widersetzen. So stimmte die SPD dagegen, einen Teil des Kommissionshaushalts bis zur gesetzeskonformen Umsetzung des Abkommens einzufrieren. Die Grünen haben die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses abgelehnt. Die Linke will sich nicht einmal an einem Entschließungsantrag beteiligen.

Öffentlich regen sich alle weiterhin auf, an einer Lösung scheint aus politischem Kalkül so gut wie niemand interessiert zu sein. Eine Behebung der Probleme würde schließlich die politisch erfolgversprechende Positionierung als Gegner des Abkommens zerstören. Das Parlament ist von der politischen Realität eingeholt worden. Schaufensterpolitik soll Handeln vortäuschen. Es mangelt an politischem Mut und Verantwortungsbewusstsein.

Eben jene Parteien, die jahrelang Mitsprache in der Innen- und Justizpolitik gefordert hatten, schielen nur noch auf ihre Positionierung bei den nächsten Wahlen. Solange es dafür vorteilhaft sein könnte, wird die Beschränkung von Freiheitsrechten billigend in Kauf genommen. Als Liberale werden wir diesen Weg nicht mitgehen.

Mit freundlichen Grüßen,
Alexander Alvaro