Frage an Alexander Alvaro bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Alexander Alvaro
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Frage von Jay S. •

Frage an Alexander Alvaro von Jay S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Datenspeicherung von Flugpassagieren in der EU;

Sehr geehrter Herr Alvaro,

wie Sie wissen soll am Montag im Innenausschuss des EU-Parlaments über die Einführung einer EU-Richtlinie zur Datenspeicherung von Flugpassagieren in der EU stattfinden.
http://www.spiegel.de/politik/ausland/vorratsdatenspeicherung-eu-will-flugpassagiere-ueberpruefen-lassen-a-871789.html

1. Sind Sie auch der Meinung, dass die geplante Richtlinie gegen das EU-Freizügigkeitsgebot verstößt?
2. Sind Sie auch der Meinung, dass die geplante Richtlinie gegen den Vertrag von Schengen verstößt?
3. Verstößt die Richtlinie auch gegen den Vertrag von Lissabon?
4. Sind Sie auch der Meinung, dass Flugpassagiere nicht ohne konkreten Verdacht wie Verbrecher behandelt werden dürfen?
5. Ist Ihnen bekannt, dass die Richtlinie in der BRD verfassungswidrig wäre?
6. Sind Sie auch der Meinung, dass das geplante Vorhaben völlig unverhältnismäßig wäre?
7. Ist es richtig, dass die Daten fünf Jahre gespeichert werden sollen was aus Datenschutzgründen nicht zulässig ist?
8. Kennen Sie weitere Gründe warum dieses Vorhaben auf jeden Fall abgelehnt werden sollte?
9. Warum schlägt Frau Malmström desöfteren Richtlinien vor, die für die Verbrechensbekämpfung keine große Bedeutung, aber ein unzulässiger Eingriff in die Bürgerrechte darstellen?

In der Hoffnung, dass Sie wie beim Passagierabkommen mit den USA gegen die geplante Richtlinie stimmen.

Mit freundlichen Grüßen

Scharff

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Scharff,

vielen Dank für Ihre detaillierten Fragen zum Thema Passenger Name Records (PNR) und der entsprechenden geplanten EU-Verordnung.
Seien Sie gewiss, dass ich die in Ihren Fragen mitschwingende Kritik teile. Aus diesem Grund haben wir Liberalen im Europäischen Parlament für jeden einzelnen der von Ihnen implizierten Kritikpunkte Anträge zur Löschung der entsprechenden Artikel und Paragraphen eingebracht.

Im Folgenden möchte ich Ihnen gern die Hintergründe des Themas darstellen und meine politischen Bemühungen in diesem Zusammenhang erläutern.

Gegenwärtig gibt es ein PNR-Abkommen mit den USA und Australien, und sowohl ein Abkommen mit Kanada als auch eine Richtlinie für intra-EU-Flüge befindet sich im Gesetzgebungsprozess.
Bei PNR handelt es sich um Fluggastdatensätze, die von den Fluggesellschaften erhoben und für Flugschein-, Reservierungs- und Einchecksysteme verwendet werden. Die Daten enthalten unterschiedliche Informationen von Namen, Adressen, Reisepassnummern und Kreditkarteninformationen bis hin zu Informationen über Reiserouten, Reisebüros und mitreisende Fluggäste.
Es gilt zu beachten, dass PNR-Daten keine erweiterten Fluggastdaten sind. Bei diesen erweiterten Fluggastdaten, auch als API-Daten (API = Advanced Passenger Information) bezeichnet, handelt es sich um die biografischen Informationen aus dem maschinenlesbaren Teil des Reisepasses.

Sowohl die FDP-Delegation als auch die ALDE-Fraktion im Europäischen Parlament setzen sich dafür ein, die Weitergabe von Fluggastdaten so stark wie möglich einzuschränken. In bestimmten Fällen, wenn insbesondere die Datenschutzvorschriften nicht genügend sind, sprechen wir uns in Gänze dagegen aus. Denn dabei handelt es sich um eine weitere Form der von uns abgelehnten Vorratsdatenspeicherung, die jeden Fluggast unter Generalverdacht stellt.

Dem Abkommen mit Australien konnte die FDP im Europäischen Parlament zustimmen, da in diesem Abkommen das noch bestmögliche Verhandlungsergebnis erzielt wurde. Da Australien als souveräner Staat seine eigenen Gesetze beschließt, sind uns als europäischen Politikern oftmals die Hände gebunden. Eine Ablehnung des Abkommens hätte zur Konsequenz, dass Australien uneingeschränkt Daten hätte sammeln dürfen, für jeden Nutzen hätte auswerten und ungehindert an Drittländer hätte weitergeben können.
Die mit Australien getroffenen Regelungen zu Speicherdauer, Zugriffsrechten und Rechtsanspruch sind aus Sicht der FDP im Europäischen Parlament als Mindestmaßstab für die weiteren PNR-Abkommen zu betrachten.

Das Abkommen mit den USA hingegen ist ungenügend, und die massenhafte Erhebung und Speicherung von Daten unverhältnismäßig. Ich hab daher gegen das Abkommen gestimmt; es ist aber entgegen aller Bemühungen der Liberalen dennoch in Kraft getreten, nachdem eine große Koalition aus Konservativen und Sozialisten diesem zugestimmt hat.

Die von Ihnen angesprochene Verordnung zu EU-PNR Richtlinie soll eine Regelung für die Verwendung von PNR-Daten von Flügen in die EU und aus der EU heraus bieten.
Dies wird von der liberalen Fraktion grundsätzlich abgelehnt, zumal der zuständige konservative Berichterstatter vorschlägt, auch Flüge innerhalb der EU in das System mit einzubeziehen.
Um die Rechte und Freiheiten eines jeden Bürgers zu schützen und diese Richtlinie zu verhindern, haben wir als Liberale Anträge zur Löschung des Kommissionsvorschlags eingebracht.

Wir Liberalen im europäischen Parlament haben uns erfolgreich dafür eingesetzt, dass die Abstimmung über das Dossier verschoben wird. Die für den 17. Dezember geplante Abstimmung ist nun auf unbestimmte Zeit verschoben worden.
Wenn die Abstimmung nun stattfindet, werde ich gegen die EU-PNR-Richtlinie stimmen, da die für mich maßgebliche Verhältnismäßigkeit zwischen Grundrechtsschutz und Sicherheitsmaßnahmen nicht gegeben ist.

Wenn Sie weitere Fragen haben, können Sie sich gerne wieder an mich wenden.

Mit freundlichen Grüßen,

Alexander Alvaro, MdEP