Frage an Alexander Alvaro bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Frage von Hans-Jürgen H. •

Frage an Alexander Alvaro von Hans-Jürgen H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Alvaro,

Eine Entschließung des Rates der europäischen Gemeinschaft zum Thema Justiz und innere Angelegenheiten vom 27./28.11.2008 lautet " Council conclusions on combating the criminal misuse and anonymous use of electronic communications".
Krimineller Mißbrauch der elektronischen Kommunikation soll hier also bekämpft werden, aber auch der anonyme Gebrauch. Nun ist der anonyme Gebrauch nach meinem Verständnis ja nichts grundsätzlich Bekämpfenswertes, sonst gäbe es beispielsweise im Grundgesetz auch nicht Artikel 10 zum Schutz des Fernmeldegeheimnisses.
Im übrigen: Wenn anonyme elektronische Kommunikation grundsätzlich als ein Mißstand betrachtet wird, wie läßt sich dann generell der Schutz der Privatsphäre noch aufrechterhalten? Wo zieht man, wenn überhaupt, eine klare Grenze zwischen
"elektronischer Kommunikation" und beispielsweise "mündlicher Kommunikation"?

Ich wäre Ihnen deshalb dankbar, wenn Sie mir bei folgenden Fragen weiterhelfen könnten:
1) Ist es wirklich so, daß "anonyme elektronische Kommunikation" in der EU als Mißstand begriffen wird, der prinzipiell bekämpft werden muß? (Ich persönlich kann den Titel der obigen Entschließung eigentlich nur so verstehen)
2) Welche Formen der anonymen Kommunikation sind aus EU-Sicht hinnehmbar oder schützenswert? Warum ist beispielsweise mündliche oder schriftliche private Kommunikation grundlegend anders zu werten als elektronische?
3) Wie stehen Sie bzw. die FDP zu dem Thema?

Vielen Dank
H-J Heinrich

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FDP

Sehr geehrter Herr Heinrich,

vielen Dank für Ihre Anfrage im Hinblick auf den Schutz anonymer elektronischer Kommunikation.

Durch Ihre Anfrage wurde ich erst auf die Schlussfolgerungen des Rates zur Bekämpfung der kriminellen Zwecken dienenden Nutzung der elektronischen Kommunikation und ihrer Anonymität aufmerksam.

Hierbei handelt es sich in der Tat um ein ungewöhnliches Dokument, sowohl hinsichtlich seines Inhalts wie auch bezüglich der darin zum Ausdruck kommenden Vorgehensweise des Rates. Die Mitgliedstaaten ersuchen die Expertengruppe zur Vorratsdatenspeicherung der Europäischen Union, Lösungsvorschläge zu entwickeln, um die Nutzer von Diensten der elektronischen Kommunikation, wie z.B. Nutzer von mobilen, dank einer vorausbezahlten SIM-Karte eingerichteten Telefonanschlüssen, besser zu identifizieren und eine Rückverfolgbarkeit sicherzustellen. Darüber hinaus soll auch auf die Rückverfolgbarkeit der mobilen und nicht-mobilen elektronischen Kommunikation eingegangen werden.

Ich bin mit Ihnen einer Meinung, dass die Mitgliedstaaten diese Pläne zum Ausbau privater Kommunikationsüberwachung ganz bewusst verschleiert und verborgen haben. Das betreffende Dokument ist lediglich als Kennziffer in den Ergebnissen des Justiz- und Innenministerrates aufgeführt; ohne jegliche Erläuterung oder weitergehende Vermerke. Hier hat man ganz bewusst versucht, ein Dokument, dessen Inhalt von besonderer Sprengkraft ist, zu verstecken. Still und heimlich versuchen die Mitgliedstaaten die Expertengruppe zur Vorratsdatenspeicherung zu instrumentalisieren, um die Vorratsdatenspeicherung schrittweise auszuweiten.

Nach den Plänen der Mitgliedstaaten soll die anonyme, private Kommunikation in der Europäischen Union gänzlich unmöglich werden. Das Recht auf Privatheit, das in Art.8 der EMRK festgeschrieben ist, wird hier mit Füssen getreten. Meiner Meinung nach sind elektronische und mündliche/schriftliche private Kommunikation gleich schützenswert. Daraus resultiert auch der Schutz anonymer elektronischer Kommunikation.

Das Perfide an dem Ersuchen der Mitgliedstaaten ist, dass bewusst auf nicht-legislative Maßnahmen abgezielt wird, um am Europäischen Parlament vorbei Fakten zu schaffen.

Als Mitglied der Expertengruppe der Europäischen Union, die die Implementierung der Vorratsdatenspeicherung in den Mitgliedstaaten analysieren soll, werde ich mich dafür einsetzen, dass es dazu nicht kommt.

Zu Ihrer Information habe ich zu diesem Thema auch eine Pressemitteilung verfasst, die Sie auf meiner Homepage einsehen können.

Ich möchte mich ganz herzlich bei Ihnen für Ihren Hinweis bedanken und hoffe, dass ich Ihre Fragen im Übrigen hinreichend beantworten konnte.

Mit freundlichen Grüssen

Alexander Alvaro, MdEP