Warum wird nicht mehr diplomatisch getan, um einen Frieden zu erreichen?

Andreas Audretsch
Andreas Audretsch
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Georg P. •

Warum wird nicht mehr diplomatisch getan, um einen Frieden zu erreichen?

Aus gegebenem Anlass sollte die Bundesregierung sich besonders stark im Dialog zu Russland und auch mit allen anderen Staaten einsetzen für ein Kriegsende - besonders auch mit Ländern, mit denen man nicht einer Meinung ist. Wird mit immer mehr Waffen wird ein Ende der Kämpfe nicht immer unwahrscheinlicher? Was ist Ihre Meinung und was passiert aktuell im Dialog mit anderen Ländern?

Andreas Audretsch
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Georg P.,

vielen Dank für Ihre Frage.

Der völkerrechtsverletzende Angriffskrieg von Putin auf die Ukraine erschüttert mich sehr. Putin greift in erster Linie die Menschen in der Ukraine an, aber der Krieg ist ebenfalls ein Angriff auf die internationale Ordnung. Es zeigt, dass wir vor einem außen- und sicherheitspolitischen Wendepunkt stehen.

Nach wie vor bin ich der Überzeugung, dass wir Konflikte und Krisen letztlich nur am Verhandlungstisch lösen können. Die deutsche Bundesregierung hat bis zuletzt und immer wieder das Gespräch mit Russland gesucht. Wir müssen aber die Realität anerkennen, dass Putin mit militärischer Brutalität das Recht des Stärkeren durchzusetzen versucht – in einem eklatanten Bruch der Charta der Vereinten Nationen und einer Reihe von europäischen Vereinbarungen, die Russland selbst unterstützt hat. Er greift dabei auch Werte wie Demokratie und Freiheit an. Dieser Angriffskrieg Putins erfordert auch eine militärische Antwort. Nur so kann es einen Weg zu einer diplomatischen Lösung geben.

Gerade jetzt müssen wir den Einsatz für zivile Konfliktlösungen, Rüstungskontrolle, Abrüstung, feministische Außenpolitik und den Multilateralismus ausweiten. Jetzt, wo diese Überzeugungen von autokratischen Kräften angegriffen werden, müssen wir sie schützen und stärken.

Dafür müssen Fehler der internationalen Politik der vergangenen Jahrzehnte analysiert werden. Die blauäugige Politik der Vergangenheit hat nicht nur zu gefährlichen Abhängigkeiten geführt, sondern die damaligen Bundesregierungen haben Vertrauen bei unseren ost- und mitteleuropäischen Freund*innen verspielt, die immer wieder vor einem solchen Szenario gewarnt haben. Dieses Vertrauen gilt es zurückzugewinnen, indem Deutschland wieder ein verlässlicher Partner für eine gemeinsame, europäische Sicherheit- und Außenpolitik wird.

Deshalb müssen wir mehr für unsere Sicherheit tun und dafür mehr finanzielle Mittel zur Verfügung stellen. Dabei geht es einerseits um eine bessere Ausstattung der Bundeswehr. Aber Sicherheit darf nicht auf die militärische Dimension verkürzt werden: Es geht vor allem auch um Energiesouveränität, Diplomatie, humanitäre Hilfe, Entwicklungszusammenarbeit, zivile Verteidigung, Katastrophenschutz und den Schutz des IT-Raumes und vor Desinformation.

Mit besten Grüßen

Andreas Audretsch

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