Frage an Andreas Lenz bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

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Andreas Lenz
CSU
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Frage von Peter E. •

Frage an Andreas Lenz von Peter E. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Dr. Lenz,

derzeit kommen Tausende Menschen als Flüchtlinge am Hauptbahnhof in München an.

Victor Orban hat zu Recht festgestellt, dass es ein Deutsches Problem sei, wenn alle Flüchtlinge nach Deutschland wollen.

Mit der Situation scheint nicht nur Griechenland hoffnungslos überfordert zu sein, sondern auch Ungarn.

Aber die Schuld an der Misere muss man auch der Kanzlerin (das sitzen wir aus) und den deutschen Politikern zuschreiben!

Wie soll das weiter gehen? Syrien hat noch über 20 Mio. Einwohner. Will Deutschland alle aufnehmen?
Was passiert, wenn Rußland Richtung Polen maschiert und 40 Mio. Ukrainer auf der Flucht sind? Will Deutschland auch diese Flüchtlinge aufnehmen? Dem Ganzen kann man auch noch eins draufsetzen. Was passiert wenn Indien und Pakistan einen Krieg anfangen? Will Deutschland dann eine halbe Milliarde Inder aufnehmen oder eine Milliarde Inder, wenn alle flüchten? Wohin soll das führen?

Großbritannien, einst die größte Kolonialmacht, hält sich auch aus allem raus! Man hat früher die Kolonien ausgebeutet und heute hält man sich zurück und will keine Menschen aus Afrika aufnehmen!

Der Ebersberger Landrat Robert Niedergesäß und MdL Thomas Huber (beide wie Sie in der CSU) haben sich in einem gemeinsamen Brief an die Bundeskanzlerin gewandt, in dem Sie auf eine gerechtere Verteilung der Flüchtlinge in der EU auffordern. Warum hat man Sie nicht mit einbezogen? Wurden Sie zumindest über das Vorgehen informiert?

Mit freundlichen Grüßen

Peter Ecker

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Ecker,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass der direkte Austausch etwa per E-Mail ein besserer Kommunikationsweg ist als abgeordnetenwatch. Ich würde mich daher freuen, wenn Sie mir noch Ihre E-Mail-Adresse mitteilen würden. Sie erreichen mich unter andreas.lenz@bundestag.de. Ich bin aber gerne bereit, Ihnen auch hier zu antworten:

Der anhaltende Zustrom von Flüchtlingen ist eine immense Herausforderung für unser Land. Deutschland ist in diesen Wochen und Monaten das Zielland einer sehr großen Zahl von Flüchtlingen. Bayern trägt eine besondere Last, da über 80 Prozent der Asylbewerber und Flüchtlinge zuerst in Bayern ankommen.

Menschlichkeit ist immer ein Gebot und das Recht auf Asyl für politisch Verfolgte Teil des Grundgesetzes. Wir können aber in Deutschland nicht jedes Jahr 800.000 Menschen bei uns aufnehmen. Wir können nicht jede Woche 65.000 Menschen von München aus unterbringen und verteilen. Die Behörden, Polizisten und Ehrenamtlichen waren und sind jetzt bereits massiv überfordert. Eine ordentliche Registrierung der Flüchtlinge war nicht mehr gewährleistet. Wenn die öffentliche Ordnung in Gefahr ist, ist letztlich niemandem geholfen. Die Wiedereinführung von Grenzkontrollen, die auf Druck der CSU umgesetzt wurde, ist deshalb der absolut richtige Schritt.

Auch aus meiner Sicht ist eine undifferenzierte Kritik an Ungarn abzulehnen. Es ist richtig und notwendig, die EU-Außengrenzen zu schützen. Nur so kann eine geordnete Registrierung bzw. Abweisung erfolgen.

Die Kommunikation hinsichtlich der Entscheidung, die Flüchtlinge aus Ungarn aufzunehmen, war unzureichend. Wenn man sich zu einem solchen Schritt entscheidet, muss die Aufnahme unbedingt kontingentiert sein. Es ist wichtig, keine falschen Anreize zu setzen. Umso wichtiger ist es nun, schnelle und wirkungsvolle Lösungen zu finden. Es müssen jedoch auch mittel- und langfristige Lösungsansätze verfolgt werden. Diese Ansätze müssen national, europäisch und international verfolgt werden.

Wir müssen die Probleme benennen, um sie zu lösen. Die CSU ist hier die treibende Kraft – in München wie in Berlin. Viele Vorschläge, die vor einem Jahr noch von allen anderen Parteien im Deutschen Bundestag abgelehnt wurden, werden nun endlich umgesetzt.

Der von Ihnen angesprochene Brief von Landrat Robert Niedergesäß und MdL Thomas Huber an Bundeskanzlerin Angela Merkel war mit mir abgestimmt. Ich habe die Kritik aus den Kommunen auch im Bundestag vorgebracht.

So hat die Bundesregierung auf Druck der CSU folgende Maßnahmen beschlossen:

· Kosovo, Albanien und Montenegro werden zu sicheren Herkunftsstaaten erklärt. Bayern hatte dies im Bundesrat bereits im März 2015 gefordert. Die Initiative wurde jedoch von der Mehrheit der anderen Bundesländer abgelehnt. Zwischen Januar und August 2015 kamen 37.669 bzw. 16,3 Prozent aller Flüchtlinge aus Albanien, 30.720 bzw. 13,3 Prozent aus dem Kosovo. Gleichzeitig haben wir hier äußerst geringe Anerkennungsquoten (0,1 Prozent). Hier werden also unnötig Ressourcen gebunden Es handelt sich um Zuwanderung aus rein wirtschaftlichen Gründen.

· Die Asylverfahren müssen beschleunigt werden. Dazu wurden bereits 1.000 Stellen beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge neu geschaffen - es gilt nun, diese schnell zu besetzen. Bundesinnenminister de Maizière hat die Schaffung von insgesamt 2.000 neuen Stellen für das BAMF angekündigt. Möglicherweise ist noch mehr Personal erforderlich.

· Die Rückführung der Menschen, deren Asylanträge abgelehnt wurden, muss zügig und konsequent durchgeführt werden. Abschiebungen dürfen künftig nicht mehr sechs, sondern nur noch drei Monate ausgesetzt werden.

· Antragsteller aus sicheren Drittstaaten werden nicht mehr auf die Kommunen oder staatliche Gemeinschaftsunterkünfte verteilt, sondern bis zum Ende des Asylverfahrens in Erstaufnahmeeinrichtungen untergebracht.

· Zur Entlastung der Bundespolizei, die gerade in Bayern auf Anschlag arbeitet, werden 3.000 zusätzliche Stellen geschaffen. Diese gewährleisten den Grenzschutz und unterstützen bei der Rückführung von Asylbewerbern.

· Für alle Antragsteller wird die Aufenthaltsdauer in Erstaufnahmeeinrichtungen von drei auf sechs Monate erhöht.

· Vorrang für Sachleistung statt Bargeld: So weit wie möglich wird auf Geldzahlungen verzichtet werden. Diese stellen einen völlig falschen Anreiz dar.

· Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge: Der Bund wird sich erstmalig an den immensen Kosten mit einem finanziellen Beitrag von 350 Millionen Euro jährlich beteiligen. Zudem ist eine bundesweite Verteilung der Minderjährigen vorgesehen.

· Der Bund wird die Länder und Kommunen mit insgesamt sechs Milliarden Euro unterstützen.

· Die erforderlichen Standards zur Schaffung von Flüchtlingsunterkünften werden spürbar gesenkt.

Die aktuellen Herausforderungen können wir nur bewältigen, wenn wir innerhalb der Europäischen Union mit vereinten Kräften ganzheitliche Lösungen finden. Solidarität kann nicht nur die Verantwortung einiger weniger Mitgliedstaaten bleiben. Europa ist hier mehr denn je gefragt! Folgende Maßnahmen sind dringend notwendig:

· Einrichtung von großen, menschenwürdigen Aufnahme- und Registrierungszentren (Hotspots) in den EU-Mitgliedstaaten, an deren Außengrenzen der Flüchtlingsandrang besonders groß ist, vor allem in Griechenland und Italien. Letztlich ist eine quotierte Verteilung innerhalb Europas notwendig.

· Die Standards für Leistungen und Unterbringung von Flüchtlingen müssen europaweit angeglichen werden.

· Wir brauchen außerdem EU-weit einheitliche sichere Herkunftsstaaten.

· Ziel sollte ein einheitliches EU-Asylrecht sein.

· Schleuser sind Kriminelle und keine Fluchthelfer. Wir brauchen eine wirksame Bekämpfung der Schleuserkriminalität möglichst mit einem robusten UN-Mandat.

· Die CSU befürwortet, dass denjenigen europäischen Staaten, die sich unsolidarisch bei der Flüchtlingsfrage zeigen, europäische Finanzhilfen gekürzt werden sollen.

Wie Sie vollkommen zu Recht ansprechen, müssen wir die Fluchtursachen bekämpfen, um der Flüchtlingsthematik ganzheitlich gerecht zu werden und auf Dauer die Zahl der nach Deutschland strebenden Menschen zu reduzieren. Allein in und um Syrien sind fast 12 Millionen Menschen auf der Flucht. Mehr als 95 Prozent der syrischen Flüchtlinge sind noch in der Region, vor allem in der Türkei, im Libanon und in Jordanien.

Deutschland nimmt seine Verantwortung auch hier wahr und wird sein Engagement für die Krisenbewältigung und –prävention ausbauen. Man kann in den Herkunftsländern mit den gegebenen Mitteln eine wesentlich größere Wirkung erzielen. Es werden jährlich zusätzliche Mittel in Höhe von 400 Millionen Euro bereitgestellt. Diese Mittel dienen nicht nur der Unterstützung von Flüchtlingsaufnahmeeinrichtungen in den Krisenregionen, sondern tragen auch zur Stabilisierung von Herkunfts- und Transitländern durch Festigen von Staatlichkeit und Aufbau institutioneller Strukturen bei.

Für Bundesminister Gerd Müller hat die Bewältigung der Flüchtlingskrise oberste Priorität. Ein ganz wesentlicher Teil des Haushalts seines zugehörigen Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung wird zur Bekämpfung von Fluchtursachen eingesetzt. Im Rahmen von drei Sonderinitiativen und einem Infrastrukturprogramm werden Fluchtursachen in Nahost, Nordafrika, Westafrika und der Ukraine bekämpft.

Wichtig ist, dass auch andere Nationen ihren Beitrag leisten. Sie sprechen richtigerweise hier die besondere Verantwortung der ehemaligen Kolonialmächte wie Großbritannien an. Gerade Afrika ist aufgrund seiner großen Bevölkerungszahl von immenser Bedeutung.

Die Menschen brauchen Perspektiven in ihren Heimatländern. Nur dann fliehen sie nicht mehr.

Die aktuelle Situation wird uns noch für lange Zeit herausfordern. Wir müssen und wir werden Lösungen finden. Die jetzt beschlossenen Maßnahmen können nur die erste Säule eines Lösungsansatzes darstellen. Letztlich muss es auch um weitere Ansätze gehen, die die Flüchtlingsströme begrenzen.

Ich kann Ihnen versichern, dass ich mich weiterhin für die schnelle und unbürokratische Umsetzung der notwendigen Maßnahmen einsetzen werde.

Freundliche Grüße

Andreas Lenz

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