Frage an Andreas Weigel bezüglich Wirtschaft

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Andreas Weigel
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Frage von Arndt M. •

Frage an Andreas Weigel von Arndt M. bezüglich Wirtschaft

Kinderarbeit in Indien

In einer ARD Doku vom 30.07.08 wurde darüber berichtet, dass in Indien Kinder für umgerechnet 20 Euro als Kindersklaven verkauft und zu schwerster Arbeit gezwungen werden.
Z. B. werden die Kinder im Alter ab 6 Jahren gezwungen in Steinbrüchen auf Pflastersteine zu schlagen – rechtlos, schutzlos, würdelos.
Diese Steine sind mittlerweile Bestseller bei deutschen Steinhändlern – weil sie deutlich billiger sind als Steine aus Deutschland. Nur diese billigen Steine haben bei öffentlichen Ausschreibungen inzwischen überhaupt noch eine Chance. Viele deutsche Firmen behaupten: Unsere Steine sind "kinderarbeitsfrei". Doch gerade Pflastersteine werden von Kindern geschlagen.
So werden, nachweislich der ARD-Doku, in vielen Deutschen Kommunen Wege und Plätze mit diesen Steinen neu gepflastert. An diesen Steinen klebt Blut indischer Kinderhände.
Ist Ihnen das bekannt? Wie ist Ihre Position dazu und was tun Sie dagegen?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Müller,

vielen Dank für Ihre Frage auf abgeordnetenwatch.de, in der Sie Kinderarbeit anprangern und Bezug nehmen auf die Vergabe öffentlicher Aufträge.

Aus Sicht der SPD müssen wir alles tun, damit die öffentliche Hand keine Aufträge vergibt, in deren Zusammenhang Waren gehandelt werden, die durch Kinderarbeit hergestellt worden sind und möglicherweise erst dadurch „wettbewerbsfähig“ sind. Aus unserer Sicht sollten überhaupt keine Ware gekauft werden, in der Kinderarbeit steckt. Deshalb setzen wir uns für eine Handelspolitik ein, in der Kinderarbeit besonders geächtet wird. Die Kernarbeitsnormen müssen als Teil der Menschenrechte im Regime der Welthandelsorganisation (WTO) verankert werden.

Darüber hinaus unterstützen wir die Aktivitäten der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) bei der Bekämpfung der Kinderarbeit. Deutschland hat der für die Abschaffung der Kinderarbeit zuständigen ILO-Abteilung bislang 55 Mio € zur Verfügung gestellt. Ziel des inzwischen mehr als 40 Länder umfassenden Programms ist es, das internationale Bewußtsein für die Probleme der Kinderarbeit zu schärfen und die beteiligten Regierungen in die Lage zu versetzen, Programme zur Bekämpfung der Kinderarbeit durchzuführen.

Bei Aufträgen der öffentlichen Hand ist sehr zu begrüßen, dass sich schon viele Kommunen für eine stärkere Ächtung der Kinderarbeit ausgesprochen haben. Die Bundesregierung ist aufgrund der EU-Richtlinie über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge verpflichtet, das nationale Vergaberecht anzupassen. Das neue EU-Recht erlaubt explizit, dass bei der Vergabe soziale und umweltbezogene Aspekte berücksichtigt werden. Die Bundesregierung hat am 12. Mai 2004 Eckpunkte für eine Verschlankung des Vergaberechts beschlossen, die den Rahmen für das künftige Vergaberecht vorgeben.

In diesem Zusammenhang hat die SPD immer wieder deutlich gemacht, dass sie im weiteren parlamentarischen Verfahren der Frage zusätzlicher, qualitativer Kriterien eine wichtige Rolle beimisst. Auch wenn der Spielraum hierfür seitens der EU-Richtlinie bereits besteht und viele öffentlichen Stellen diesen Spielraum bereits nutzen, ist aus unserer Sicht eine explizite Hervorhebung für die Entscheidungsträger vor Ort von Bedeutung. Die Kinderarbeit ist für uns ein wichtiges Kriterium bei der Vergabe öffentlicher Aufträge. Weitere sind: Tariftreue, Nachhaltigkeit z. B. kein Tropenholz, Ausbildungsaktivität der Unternehmen, Mittelstandsfreundlichkeit, Beschäftigung schwerbehinderter Menschen und Genderfragen um nur einige zu nennen.

Sie sehen schon an dieser Auflistung, dass es letztlich bei der expliziten Einbeziehung von vergabefremden Kriterien darauf ankommt, eine sinnvolle Balance zu finden zwischen dem Ziel übersichtlicher und auch für den Mittelstand handhabbarer Kriterien und der Berücksichtigung zusätzlicher qualitativer Kriterien. Denn auch bei der Vergabe öffentlicher Aufträge muss die Einhaltung der qualitativen Kriterien nachprüfbar bleiben, damit sie überhaupt wirkungsvoll sind.

Unabhängig von den hieraus entstehenden Zielkonflikten wird die SPD jedoch nicht nachlassen, die Möglichkeiten des Vergaberechts zu nutzen, damit die Kinderarbeit baldmöglichst weltweit ein Ende hat.

Mit freundlichen Grüßen,

Andreas Weigel, MdB