Frage an Angelika Beer bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

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Angelika Beer
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Frage von Reinhard P. •

Frage an Angelika Beer von Reinhard P. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrte Frau Beer,
liebe Angelika,

seit einiger Zeit treffen in Neumünster vermehrt Flüchtlinge aus Serbien und Mazedonien ein. Zahlenmäßig sind es zwar weniger als die ebenfalls großen Gruppen von Flüchtlingen aus Afghanistan oder Syrien, dennoch gibt es viele öffentliche Diskussionen. CDU/CSU schlagen auf Bundesebene vor, die Visum-Regeln für die beiden Herkunftsländer zu verschärfen und ein spezielles "Schnell-Verfahren" für Visumanträge einzuführen. Außerdem gibt es Vorschläge, das aktuelle Urteil des Verfassungsgerichtes, bei den Sozialleistungen die Menschenwürde zu achten, unterlaufen werden sollte.

Hintergrund scheint vor allem zu sein, dass es sich um Roma handelt.

Ich nehme an, aus Deinen früheren Aktivitäten ist Dir die Situation von Roma in verschiedenen Ländern des Balkan bekannt. Insofern hat es Dich sicherlich nicht überrascht, dass gerade aus diesen Ländern seit Herstellung der Visumfreiheit Menschen einreisen und Asyl beantragen.

Meine Fragen dazu:

• Wie beurteilst Du die Haltung der Landesregierung, namentlich von Andreas Breitner, der eine Beschleunigung von Asylverfahren speziell für Roma anscheinend positiv gegenübersteht?

• Wie beurteilst Du die Aufspaltung der Frage der "Menschenwürde" in der öffentlichen Diskussion? Siehst Du es auch so, dass bei Roma leichter eine Einschränkung gefordert werden kann als bei anderen Flüchtlingen, ohne auf viel Widerspruch zu stoßen?

• In Neumünster (Landesunterkunft mit Außenstelle des BAMF zur Durchführung des Asylverfahrens) sind jetzt die Asylverfahren für Flüchtlinge aus Syrien ausgesetzt worden, was deren Anerkennung mit dem Recht auf Familiennachzug um Monate verzögert, um Asylanträge von Flüchtlinge aus Serbien und Mazedonien vorzuziehen. Welche Alternative dazu siehst Du?

• Für welche Politik setzen sich die Piraten in diesem Themenbereich ein?

Freundliche Grüße
Reinhard Pohl

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Sehr geehrter Herr Pohl,
Lieber Reinhard,

ich bitte zunächst um Nachsicht, dass ich Deine Frage übersehen habe. Vielleicht liegt es auch daran, dass wir sehr intensiv die Diskussion über "Asylmissbrauch", schnellere Abschiebung von Flüchtlingen aus Serbien und Mazedonien und die Streichung von Bargeldleistungen und Wiedereinführung von Sachleistungen sowie Wiedereinführung der Visapflicht für beide Länder verfolgt und diskutiert haben (nicht nur in Schlweswig-Holstein).

Bevor ich Deine Fragen konkret beantworte, möchte ich noch kurz auf das von Dir genannte Stichwort Flüchtlinge aus Syrien eingehen. Aus unserer Sicht ist die Haltung der Bundesregierung skandalös. Außen- und Innenminister diskutieren die Möglichkeit der Aufnahme von Kontingentflüchtlingen aus Syrien im Jahr 2013 ! Die Menschen brauchen aber jetzt Hilfe, sie sind jetzt vom Winter, Hunger und Tod bedroht. Ich arbeite mit Johannes M. Wagner in dieser Frage zusammen, er ist in die Grenzregion gereist und hat Kontakte zu Flüchtlingen aufgebaut. Es ist im Moment so, dass sie die Flüchtlingslager auf türkischem Gebiet wieder verlassen, weil das Überleben in den Zelten im Winter nicht gesichert ist, und zurückkehren nach Syrien, dorthin, wo ihnen der Tod droht. Und was tut die Bundesregierung? Sie will sich mit Patriots am NATO Einsatz auf türkischem Gebiet beteiligen. Wir nennen das menschenverachtende Aussenpolitik. Mehr dazu siehe unten.

Nun zu Deinen Fragen im HInblick auf die Flüchtlinge aus Serbien und Mazedonien:

1. Im Rahmen der von den Piraten beantragten aktuellen Stunde "Zur Umsetzung der neuen Willkommenskultur der neuen Landesregierung in Schleswig-Holstein" hat dies eine Rolle gespielt. Ich habe die Situation der Flüchtlinge von dort, die meisten von ihnen sind Roma, angesprochen, denn am gleichen Tag hat der Landtag mit Unterstützung der Piratenfraktion beschlossen, die in Schleswig-Holstein lebenden Roma und Sinti in Verfassungsrang zu heben . Mein Vorwurf an Innenminister Breitner, dass dies nicht zusammepaßt mit seiner Unterstützung für die von der Bundesregierung geplanten Verschärfungen (siehe oben) hat er in seinem Redebeitrag zurückgewiesen - und anders lautende Berichte in den Medien zurückgewiesen.

2. Es geht hierbei nicht nur um die zentrale Erstaufnahmestelle in Neumünster, sondern auch das Lager in Schackendorf. Nachdem ein Zeitungsbericht über das drohende Schicksal von Roma dort erschien, haben Piraten aus dem Kreis Segeberg und ich um einen sofortigen Termin in Schackendorf gebeten. Dieser Antrag wurde bis heute nicht positiv entschieden - die Roma von denen berichtet wurde, mussten Deutschland inzwischen wieder verlassen. Ich möchte darauf hinweisen, dass wir in der Frage der Situation der Roma auch mit dem Flüchtlingsbeauftragten in Kontakt stehen und er vor einer "Lex Roma" gewarnt hat.

3. Du fragst nach der Aufspatlung der Frage der "Menschenwürde" in der öffentlichen Diskussion - diese ist in der Tat - und leider seit Jahren - vorhanden. Ich war oft im früheren Jugoslawien unterwegs, war in den Romavierteln in Mazedonien, habe im Kosovo, wo die NATO bis heute Soldaten hat, die Unterdrückung der dort lebenden Roma durch die Kosovarische Mehrheit zu thematisieren und zu verhindern. Um es kurz zu fassen - die politische Verantwortung zur Wahrung der "Menschenwürde" aller Menschen in der öffentlichen Diskussion und im politischen Handeln wird, insbesondere wenn es um den Abbau der Voruteile gegen Roma und Sinti geht, nicht wahrgenommen. Die Berliner Piraten haben dazu mehrere öffentliche Veranstaltungen gemacht. Der Bundesparteitag der Piraten in Bochum hat gerade heute Grundsatzanträge zur Aussenpolitik beschlossen, die für uns Piraten auf allen Ebenen Handlungsebenen geben, für eine Politik der "Menschenwürde" zu kämpfen.

4. Du beschreibst die Änderung der Behandlung der Asylanträge in
Neumünster so, dass auch hier mit unterschiedlichem Maß vorgegangen wird. Ich sehe das so, dass hier Flüchtlinge aus z.B. Syrien gegen jene aus Serbien und Mazedonien ausgespielt werden. Dies ist nicht akzeptabel und entspricht auch nicht einer Willkommenskultur, die für alle gelten muss.

Zu den oben genannten Bereichen habe ich in den letzten Wochen auf meiner Homepage Artikel veröffentlicht, die ich hier gern verlinke:

Bericht von Johannes M Wagner zu seiner Reise ins Türkisch-Syrische Grenzgebiet: http://www.angelika-beer.de/?p=1159
Absurditäten in der Innen- und Außenpolitik: http://www.angelika-beer.de/?p=1146
Und den Link zur Aktuellen Stunde im Landtag: http://www.angelika-beer.de/?p=1205

Ich hoffe, Deine Fragen hiermit beantwortet zu haben.

Mit freundlichen Grüßen
Angelika Beer