Frage an Angelika Niebler bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Angelika Niebler
CSU
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Frage von Heinz U. •

Frage an Angelika Niebler von Heinz U. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Niebler,

wie beurteilen Sie die "Umgehung" der Bürger durch fehlende Referenda beim Vertrag von Lissabon, in dessen Ratifizierungsprozess, Frankreich sogar seine Verfassung geändert hat, um nicht wieder in die prekäre Lage eines negativen Votums zu gelangen?

Wie stehen Sie zur Intransparenz des Reformvertrages, der mangelnden Aufklärung und Information durch die Medien und Politiker , und den Eindruck, dass hier nur alter Wein in neuen Schläuchen vermarktet werden soll? Die Änderungen zur gescheiterten Verfassung sind ja marginal.

Warum wird eine historisch einmalige Sache wie die Europäische Einigung bewusst solchen Gefahren der Intransparenz und mangelnden Legitimation durch die Europäer ausgesetzt?

Vielen Dank und schöne Grüße

Heinz Ullmann

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CSU

Sehr geehrter Herr Uhlmann,

vielen Dank für Ihre Anfrage über http://www.abgeordnetenwatch.de, in der sie sich nach meiner Position zum Ratifizierungsprozess des Vertrages von Lissabon sowie der Transparenz des Reformvertrages erkundigen. Gerne möchte ich Ihre Fragen beantworten.

Wie andere völkerrechtliche Verträge muss der Vertrag von Lissabon von den Mitgliedstaaten der Europäischen Union ratifiziert werden. Die Art und Weise des Ratifikationsprozesses, insbesondere ob und inwiefern dies im Wege einer Volksabstimmung zu erfolgen hat, fällt ausschließlich in die Kompetenz der Mitgliedstaaten. In der Regel erfolgt die Ratifikation durch die Parlamente der einzelnen Staaten. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass dem Demokratieprinzip Rechnung getragen wird, denn die Vertreter in den Parlamenten werden direkt durch die Bürger gewählt. Eine solche demokratische Legitimationskette ist in vielen anderen wichtigen Fragen allgemein akzeptiert. Der überaus interessante und unterstützenswerte Vorschlag, in allen Mitgliedstaaten gleichzeitig und gemeinsam ein Referendum über den Vertrag von Lissabon durchzuführen, wurde eider nicht von den Mitgliedstaaten aufgegriffen.

Es ist richtig, dass der Vertrag von Lissabon wichtige Teile des gescheiterten EU-Verfassungsvertrages übernimmt, dies war jedoch notwendig, um die Handlungsfähigkeit der EU zu sichern, deren interne Entscheidungsprozesse durch die Erweiterungsrunden der vergangenen Jahre auf eine Belastungsprobe gestellt werden. So werden die Entscheidungsprozesse im Rat gestrafft, die Zahl der Kommissare reduziert und das Europaparlament auf 751 Abgeordnete begrenzt. Verzichtet wurde nach den gescheiterten Referenden in Frankreich und den Niederlanden, den Vertrag als Verfassung zu bezeichnen und bestimmte staatstypische Symbole in den Text aufzunehmen.

Es darf nicht übersehen werden, dass durch den Vertrag von Lissabon die demokratische Legitimation europäischer Rechtsakte und Entscheidungen erheblich aufgewertet wird.

So wird der Einfluss und die Bedeutung des Europäischen Parlaments erhöht, indem das sogenannte Mitentscheidungsverfahren, das dem Europäischen Parlament volle (Mit-)Gesetzgebungskompetenz gibt, auf weitere Bereiche wie etwa Justiz und Inneres ausgedehnt wird.

Des Weiteren werden die nationalen Parlamente direkter in den europäischen Gesetzgebungsprozess eingebunden und es wird die Möglichkeit europäischer Bürgerinitiativen eröffnet. Ein weiterer Vorteil, den der Vertrag mit sich bringt, liegt in der Effizienzsteigerung der EU, da die Zuständigkeiten und Kompetenzen im Verhältnis zu den Mitgliedstaaten klarer abgegrenzt werden. Auch die europäische Entscheidungsfindung wird transparenter und besser für den Bürger nachvollziehbar. Ein kleines Beispiel am Rande: Die Tagungen des Rates der Europäischen Union müssen künftig öffentlich per TV-Übertragung erfolgen, sobald er gesetzgeberisch tätig wird.

Für mich steht fest, dass die Europäische Union durch den Vertrag von Lissabon ein großes Stück zukunftsfähiger und bürgernäher gemacht wird.

Ich hoffe, Ihre Fragen beantwortet zu haben.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Angelika Niebler, MdEP

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