Frage an Anna Lührmann bezüglich Familie

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Anna Lührmann
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Frage von Dr. Kümel G. •

Frage an Anna Lührmann von Dr. Kümel G. bezüglich Familie

Sehr geehrte Frau Lührmann!

Seit Jahrzehnten (etwa seit 1960!!) besteht ein essentielles Geburtendefizit in der BRD. Bei demographischen Fragen handelt es sich um ein exponentielles Problem, vergleichbar einer Laine, die Augenblicke zuvor von einem winzigen Schneeball ausglöst worden ist. Das Loch in der Bevölkerungsstatistik stellt eine solche lawinenartig sih vergrößernde Größe dar, wir stehen bereits seit Jahrzehnten mitten inn dieser riesigen Lawine. Bereitts 1883 veröffentlichte der maßgebliche deutsche Bevölkerungs-wissenschaftler, Prof. Dr. Herwig Birg, eine präzise Analyse, nach der bereits damals (vor einer Generation!!) JEDE DEUTSCHE FRAU ETWA VIER KINDER hätte zur Welt bringen müssen, um die geschrumpfte Bevölkerungszahl wieder auf den gewohnten Stand zu bringen. Exponentielle Gesetze bringen eine Verdoppelung der betrachteten Zahl in gleichen Zeiträumen mit sich: heute, eine ganze Gebneration später, wären bereits 8 - 10 Kinder für jede deutsche Frau nötig, um die Bevölkerungszahl zu halten! Dies ist natürlich eine vollkommen unerreichbare Größe!

Wenn es also das Schicksal des deutschen Volkes darstellt, als "Indianer" eine baldige Auslöschung als überalterte Minorität inmitten demographisch erfolgreicher Fremden zugrunde zu gehen, sollte ein Politiker dies dem Wahlvolk nicht zumindest mitteilen?? Welches Konzept haben Sie, um diese Kenntnisse allgemein verfügbar zu machen, oder, besser, die Erhaltung des deutschen Volkes zu fördern?

mit freundlichen Grüßen

Dr. Gunther Kümel.

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Sehr geehrter Gunther Kümel,

haben sie recht herzlichen Dank für Ihre Mail zum Thema demographischer Wandel.

Sie haben mit ihrer Analyse insofern Recht als das der Alterungsprozess voran schreitet. Das Statistischen Bundesamtes hat berechnet, dass im Jahr 2050 die Hälfte der Bevölkerung älter als 48 Jahre und ein Drittel 60 Jahre oder älter sein werden.

Zu einem langfristigen Bevölkerungsrückgang kommt es, weil in Deutschland – wie schon seit 30 Jahren – auch in den nächsten fünf Jahrzehnten stets mehr Menschen sterben werden, als Kinder zur Welt kommen.

Um die gegenwärtige Bevölkerungszahl zu erhalten, müssten allerdings nicht 8-10 Kinder pro Elternpaar geboren werden, sondern etwas mehr als zwei Kinder. Diese müssten dann, wenn sie erwachsen sind, selbst wieder mindestens zwei Kinder bekommen, um und so die vorangegangenen Generation zu ersetzen. Das derzeitige Geburtenverhalten führt zu einer sinkenden und alternden Bevölkerung.

Was ist das Grüne Konzept, um den Alterungsprozess auf zu halten?

Wir wollen durch eine Frauen-, Familien- und kinderfreundliche Politik, sowie eine sinnvolle Zuwanderungspolitik, dem Alterungsprozess entgegen treten.

Politik kann die Menschen nicht zwingen, Kinder zu bekommen, sie kann aber mit Rahmenbedingungen Anreize setzen.

Aus Sicht von Ökonomen liegt der Schlüssel für eine Steigerung der Geburtenrate darin, mehr Möglichkeiten für kurze Berufsunterbrechungen und eine verlässliche Kinderbetreuung zu schaffen.

Einiges haben wir auf dem Weg dorthin schon erreicht. Die rot-grüne Bundesregierung hat 4 Mrd. Euro für den Ausbau von Ganztagsschulen bereitgestellt und das Gesetz zum Ausbau der Betreuung für Kinder unter drei Jahren beschlossen. Deutschland ist zudem das einzige Land in der Europäischen Union, in dem eine Familie mit zwei Kindern und einem Durchschnitteinkommen weniger Einkommenssteuer zahlt als sie Kindergeld bekommt. Familien werden also nicht nur steuerlich entlastet, sondern viele werden netto gefördert.

Auch in Zukunft wollen wir die Betreuungsinfrastruktur ausbauen. Dafür muss das Ganztagsschulprogramm fortgesetzt werden und einen Rechtsanspruch auf einen qualitativ hochwertigen Tagesbetreuungsplatz für Kinder unter drei Jahren festschreiben.

Um den Bevölkerungsrückgang zu stoppen, muss auch eine sinnvolle Einwanderungspolitik betreiben werden. Wegen des Widerstands der Union auf Ebene des Bundesrates sind die Erfolge auf diesem Gebiet weit hinter unseren Vorstellungen zurück geblieben. Wir haben aber dennoch die Zuwanderung von Höchstqualifizierte verbessert (ihnen kann jetzt sofort ein Daueraufenthaltsrecht angeboten werden). Die Zuwanderung von Selbständigen wurde erleichtert und ausländische Studienabsolventen können jetzt ein Jahr lang einen studienfachbezogenen Arbeitsplatz suchen

Mit freundlichen Grüssen

Anna Lührmann

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