Frage an Anne Alter bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Anne Alter
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Frage von Vera K. •

Frage an Anne Alter von Vera K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Alter,
Sie setzen sich für den Erhalt des Altonaer Museums ein. Wie soll es allgemein mit den Hamburger Museen weitergehen? Und wie stehen Sie zu dem Maritimen (Tamm) Museum? Wie sind defizitäre staatliche und private Museen zu bewerten? Was sollte Ihrer Meinung nach mit der halb fertigen Elbphilharmonie, mit ihrer unbekannt hohen finanziellen Beteiligung der Stadt, geschehen?

Vielen Dank für Ihre Antworten!
Vera Kuttnick

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PIRATEN

Sehr geehrte Frau Kuttnick,

zunächst sehe ich die Aufgabe von Museen klar im Bereich Kultur, aber auch im Bereich Bildung angesiedelt. Auch wenn es weltweit Beispiele für Ausstellungen gibt, die wirtschaftlich erfolgreich sind, handelt es sich jedoch meist um temporäre Expositionen spektakulärer Sammlungen und weniger um Präsenzbestände. Insofern denke ich nicht, dass sich Museen sämtlich aus sich selbst heraus tragen können. Es ist auch die Frage, in wie weit das - betrachtet man die Konsequenzen - wünschenswert ist, da durch private Trägerschaften die Unabhängigkeit der Darstellung gerade im historischen Bereich gefährdet sein kann. Als Beispiel kann da das von Ihnen genannte Maritime Museum dienen. Problematisch hierbei ist, dass Hamburg nicht über Museen mit Exponaten von einer Strahlkraft wie z. B. Amsterdam, London oder New York verfügt, die von sich aus Touristen in großer Zahl und aus aller Welt anziehen können. Bleibt also die Konzentration auf den Bürger.
Um die prekäre Situation einiger Museen zu erleichtern, wäre eine stärkere Fremdnutzung von verfügbaren Räumlichkeiten möglich, z. B. die Vermietung für Veranstaltungen etc., aber auch die Durchführung von attraktiven Veranstaltungen in Eigenregie. Ebenso müssten Gastronomiebetriebe und Museumsshops einer Überprüfung unterzogen werden, denn es gibt durchaus Beispiele, wie erfolgreich geführte derartige Betriebe die Attraktivität eines Museums steigern. Dafür ist auch über eine teilweise Entkoppelung des Eintritts vom Besuch der Gastronomie nachzudenken, wie sie z. B. im Museum für Kunst und Gewerbe stattfindet. Wie weit Bereiche wie Marketing, Sponsorenpflege und Zusammenarbeit einzelner Museen effektiv arbeiten, vermag ich als Außenstehende, die auf öffentlich zugängliche Unterlagen angewiesen ist, nicht zu sagen.
Ein Museum mit dem Thema Seefahrt halte ich für Hamburg prinzipiell, also thematisch gesehen, für einen Gewinn. Diskussionswürdig ist die Art der Ausstellung in manchen Bereichen, z. B. Seefahrt zur Zeit des Nationalsozialismus und allgemein der starke militärische Aspekt. Auch die starke Konzentration auf Herrn Tamm als Leihgeber verhindert eine ausgewogene Erweiterung der Ausstellung, die sicherlich wünschenswert wäre. Das Museum arbeitet meines Wissens nach zu einem relevanten Teil mit ehrenamtlichen Mitarbeitern und verzichtet auf Zuschüsse für den laufenden Betrieb, was angesichts der Umstände ein unbedingt erhaltenswerter Zustand ist. Ich denke jedoch, dass die hohen Investitionskosten für die Bereitstellung des Gebäudes (30 Mio. Euro) ein Mitspracherecht bei der Konzeption der Ausstellung gerechtfertigt hätten.

Was die Elbphilharmonie betrifft, so lehnt die Piratenpartei die Errichtung dieses Leuchtturmprojektes in Zeiten, in denen starke Einschnitte im Kulturbetrieb vorgenommen werden, ab, da wir für eine bürgernähere Kultur eintreten, die eine breitere Zielgruppe anspricht. Die Elbphilharmonie mit ihrer unseriösen Planung, ihrer defizitären Zukunft und den hohen Folgekosten (Hamburg verfügt über kein Orchester, das die Philharmonie zu dem international attraktiven Musiktempel machen kann, den man sich offenbar erhofft) stellt in meinen Augen eine Fehlplanung in jeder Hinsicht dar. Anstatt auf internationale Musiktouristen zu hoffen, die durch ein entsprechendes musikalisches Angebot erst anzulocken wären (wobei man wie gesagt erst mal die entsprechenden Künstler anlocken müsste), sollte Hamburg sich auf den Ausbau einer attraktiven, vielfältigen, lebendigen und für den Bürger bezahlbaren Kulturszene konzentrieren. Gelingt es, eine solche zu etablieren, strahlt diese auch auf in- und ausländische Touristen ab, wie z. B. das Beispiel Edinburgh zeigt. Da Planung und Errichtung der Elbphilharmonie sich jedoch hinreichend intransparent gestalten, der Bau recht weit fortgeschritten sind und auf bestehende Verträge Rücksicht genommen werden muss, kann ich leider nicht sagen, in wie weit auf den Bau noch Einfluss genommen werden kann. Ich halte es nämlich durchaus für möglich, dass die Verträge es den mit der Errichtung beauftragten Firmen zwar erlauben, die Kosten ins Unermessliche steigen zu lassen, aber andererseits der Stadt bei einem Baustopp oder einer Aussetzung Vertragsstrafen aufgebrummt werden, die die noch zu erwartenden Baukosten (wie hoch die auch auch immer ausfallen mögen) übersteigen. In jedem Fall halte ich die Überprüfung von laufenden und früheren Verträgen, den Planungs- und Vergabeprozess und die noch zu erwartenden Kosten für dringend geboten, auch und gerade auf Unregelmäßigkeiten hin.

Mit freundlichen Grüßen

Anne Alter