Frage an Annette Groth bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Annette Groth
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Frage von Andreas G. •

Frage an Annette Groth von Andreas G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Groth,

als menschenrechtspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion DIE LINKE bezeichnen Sie Israel und die Palästinensergebiete als einen Schwerpunkt Ihrer Arbeit. Nach Durchsicht aller Ihrer Pressemitteilungen fällt aber auf, dass Sie ausschließlich Menschenrechtsverletzungen durch Israelis anprangern. Warum kritisieren Sie nicht wenigstens hin und wieder einmal Menschenrechtsverletzungen durch Palästinenser? Die unmenschlichen Zustände in den dortigen Gefängnissen etwa? Oder die archaischen Bestrafungen von homosexuellen Palästinensern? So kommt einem Ihre Menschenrechtspolitik äußerst einseitig und scheinheilig vor.

Mit freundlichen Grüßen
Andreas Gerlach

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Gerlach,

vielen Dank für Ihre Anfrage vom 10.08.2012. Bitte entschuldigen Sie, dass ich diese erst heute beantworten kann.
Sie bezeichnen meine Kritik an der israelischen Regierungspolitik als
einseitig und fordern, auch die andere Seite, die palästinensische, zu kritisieren. Ich möchte Sie darauf hinweisen, dass ich dies immer wieder tue. Zuletzt in Zusammenhang mit dem inhaftierten und inzwischen freigelassenen Co-Gründer des Freedom Theatre in Jenin, Zakaria Zubeidi, zu dessen Fall ich eine Presseerklärung veröffentlicht habe ( http://www.linksfraktion.de/pressemitteilungen/abgeordnete/hungerstreik-zakaria-zubeidi-2012-10-08/ ).
Darüber hinaus habe ich diesbezüglich mehrere Male an die palästinensische Diplomatische Mission in Berlin geschrieben. Hierbei habe ich unmissverständlich klargemacht, dass es mir um eine allgemeine Kritik an den Zuständen in palästinensischen Gefängnissen und nicht lediglich um den Einzelfall geht.

Auch wenn Kritik an den in vielerlei Hinsicht nicht hinnehmbaren Zuständen in den palästinensischen Gebieten unerlässlich ist, bitte ich Sie dennoch, Folgendes zu bedenken: meine Kritik an der israelischen Regierungspolitik bezieht sich in erster Linie auf die Nichteinhaltung internationaler Abkommen und völkerrechtlicher Normen. Hierunter fallen z.B. der Bau von Siedlungen auf besetztem Gebiet, die Blockade des Gazastreifens, welche die Lebenssituation der dortigen Bevölkerung völlig unverhältnismäßig erschwert, der oft über viele Monate, ja Jahre, andauernde Freiheitsentzug ohne Anklage (Administrativhaft) und die Diskriminierung von PalästinenserInnen in fast allen Lebensbereichen, um nur einige Punkte zu nennen. Diese Verletzungen des Völkerrechts sind absolut nicht hinnehmbar. Genauso wenig ist es die Misshandlung von PalästinenserInnen in israelischen Gefängnissen - und eben auch die von PalästinenserInnen in palästinensischen Gefängnissen. Selbstverständlich verurteile ich darüber hinaus jegliche Bestrafung aufgrund sexueller Neigungen - überall auf der Welt. Und ich beschränke mich in meiner Kritik weder auf eine Seite des Konflikts noch auf ein Land, in dem Menschenrechtsverletzungen an der Tagesordnung sind, dafür gibt es leider viel zu viele davon. Zudem verstehe ich meine Aufgabe als menschenrechtspolitische Sprecherin meiner Fraktion als ungleich vielschichtiger und beschäftige mich mit sehr unterschiedlichen Themen und Regionen, so z.B. mit Sinti und Roma oder der aktuellen Situation in Griechenland. In den letzten Jahren war ich als menschenrechtspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE immer wieder aktiv gegen die Todesstrafe im Iran, aber auch in den USA, habe unwürdige Bedingungen in den Gefängnissen im Irak, Iran, Ägypten, Russland, aber auch in Israel und den USA angeprangert. Mein Einsatz für die Rechte der MenschenrechtsverteidigerInnen war leider von Südamerika über Asien und in fast allen Staaten des Nahen und Mittleren Ostens notwendig. Hierbei unterscheide ich niemals, ob Menschenrechte von so genannten befreundeten Staaten oder von „anderen“ Staaten verletzt werden.

Allerdings bin ich der Ansicht, dass die Häufung von Menschenrechtsverletzungen durch die israelische Regierung und Behörden sowie die offenkundige Systematik, einen lebensfähigen palästinensischen Staat zu verhindern, weltweit einzigartig ist. Darum halte ich eine andauernde Kritik an solchen Praktiken für absolut geboten.

Mit freundlichen Grüßen

Annette Groth