Frage an Antje Möller bezüglich Recht

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Antje Möller
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage an Antje Möller von Gerhard R. bezüglich Recht

Sehr geehrte Frau Möller,

zum Staatskirchenvertrag:

In der WELT AM SONNTAG konnte man am 26.3.05 lesen, dass die jährlichen direkten und indirekten staatlichen Zuwendungen an die beiden großen Christenkirchen sich - ohne Zuschüsse für öffentliche Sozialeinrichtungen! - auf etwa 20 Milliarden Euro belaufen. Davor hatte bereits der Hamburger Wissenschaftler Dr. Carsten Frerk in seinem Buch "Finanzen und Vermögen der Kirchen in Deutschland" festgestellt, dass die sozialen Leistungen der Kirchen und die von ihnen veranlaßte ehrenamtliche Arbeit bereits - viel zu teuer! - vom Staat bezahlt sind.

Wenn jetzt in Hamburg kirchliche Kita-Finanzierungsanteile von der Stadt übernommen werden, sind das Doppelzahlungen!
Diese Geldgeschenke gehen früher oder später zu Lasten von Kita-Eltern und Schulkindern.

Die Kirchen werden auch bei Nichterfüllung ihrer Forderungen nicht auf ihre Kitas verzichten, weil sie - insbesondere in Hamburg! - auf die Missionierung in diesen Einrichtungen angewiesen sind.

In fast allen Staatskirchenverträgen wurden Geldleistungen praktisch für die Ewigkeit(!) vereinbart: Unbefristete Laufzeiten der Verträge mit dem Zusatz, dass Kündigungen bzw. Änderungen nur mit Zustimmung der Kirchen möglich sind.
Dies ist nicht mit dem Haushaltsrecht vereinbar, weil es bei Meinungsverschiedenheiten zu jahrelangen Gerichtsverfahren mit ungewissem Ausgang kommen kann und weil vor allem auf die zukünftige finanzielle Situation der Stadt keine Rücksicht genommen wird.
Laut Dr. Gerhard Czermak verstößt die "Ewigkeitsklausel" ferner gegen § 60 Hamburgisches Verwaltungsverfahrensgesetz. Auf seinen Aufsatz
"Rechtsnatur und Legitimation der Verträge zwischen Staat und Religionsgemeinschaften" - veröff. in: Der Staat(39) 2000, 69-85 - wird hingewiesen.

Wird die GAL-Fraktion nach Artikel 71 Absatz 2 der Hamburgischen Verfassung in der Bürgerschaft beantragen, dass der Rechnungshof den Staatskirchenvertrag prüft?
Halten Sie dies für erforderlich?

Freundliche Grüße
Gerhard Reth

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Reth, ich halte es für eine gute Anregung, den Staatskirchenvertrag durch den Rechnungshof prüfen zu lassen. Wir haben aber das Thema Staatskirchenvertrag insgesamt in der Fraktion noch gar nicht diskutiert, ich werde also gar keine Prognose wagen, wie sich die Mehrheit zu dieser Frage verhalten würde. Weder die Verhandlungen, noch der Vertragsinhalt sind für das Parlament transparent und ich sehe, genau wie Sie, gerade die finanziellen Regelungen kritisch. Außerdem bin ich der Meinung , dass wir von einseitiger Bevorzugung der christlichen Religionen wegkommen müssen, eine Gleichbehandlung der Religionen ist notwendig. Aber die Debatte z.B. um die Anerkennung des Islam als Religionsgemeinschaft ist natürlich ein Streit an anderer Stelle. Die Trennung von Kirche und Staat ist insgesamt leider viel zu unscharf und an manchen Stellen ganz klar schon aufgehoben. Mir scheint dieses allerdings mehrheitlich in der Bevölkerung so akzeptiert, vielleicht auch gewollt.
Grüße Antje Möller

GAL-Bürgerschaftsfraktion
Antje Möller MdHB
Sprecherin für Innen- und Flüchtlingspolitik
Speersort 1
20095 Hamburg
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