Frage an Antje Tillmann bezüglich Finanzen

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Antje Tillmann
CDU
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Frage von Jürgen B. •

Frage an Antje Tillmann von Jürgen B. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Frau Tillmann,

die F.A.Z. berichtete vor ein paar Tagen, daß die Bundesregierung wegen eines Steuervereinfachungsgesetzes den Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag anzurufen gedenkt. Gegen eine Vereinfachung des deutschen Steuerrechts kann eigentlich niemand etwas haben. Deshalb habe ich mir den Entwurf dieses Vereinfachungsgesetzes (Drucksache 17/5125) im Internet einfach mal angesehen in der Hoffnung, mir dazu ein Bild machen zu können.

Ich greife aus dieser Internetfassung einfach zwei der Änderungseinfälle heraus, die angeblich zu einer Vereinfachung führen sollen:

1. Beispiel
Die Anhebung des jährlichen Arbeitnehmer-Pauschbetrages von 920 Euro auf 1000 Euro, § 9a Einkommensteuergesetz (EStG).

Ich verstehe, daß die Neuregelung in einigen Fällen zu einer (in aller Regel minimalen) Steuerminderung führen wird; aber ...
a) wo ist die Vereinfachung für den Bürger und seinen Steuerberater?
und
b) wo ist die Vereinfachung der Arbeit in den Finanzämtern ?

2. Beispiel
Eröffnung der Möglichkeit zur gleichzeitigen Abgabe von Einkommensteuererklärungen für zwei Jahre, § 25a EStG.

Ich verstehe den Bürger, der er sich freut, wenn er die Ausfertigung seiner ESt-Erklärung (für den ersten der zwei Veranlagungszeiträume) noch vor sich hin schieben kann – nach entsprechender Antragstellung.
a) Wo aber ist die Vereinfachung für den Bürger?
und
b) worin liegt die Vereinfachung für die Arbeit in den Finanzämtern?

Haben Sie diesem Steuervereinfachungsgesetz im Bundestag zugestimmt?

Als Diplom-Finanzwirtin, ehemalige Sachgebietsleiterin in Finanzämtern und Steuerberaterin und dazu noch Mitglied des Finanzausschusses werden Sie mir sicherlich das die Arbeit für Bürger und Verwaltung Vereinfachende an diesem Steuervereinfachungsgesetz leicht und auch überzeugend darstellen können.

Auf fünf Fragen erbitte ich fünf Antworten und danke Ihnen schon mal im voraus
Jürgen Busch, Hamburg

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Sehr geehrter Herr Busch,

haben Sie vielen Dank für Ihre E-Mail vom 8. September, die ich gern beantworte. Mit den von Ihnen angesprochenen Maßnahmen des Steuervereinfachungsgesetzes möchte die christlich-liberale Koalition die unzähligen Steuerzahler entlasten, die ihre Steuererklärung noch selber anfertigen. Gerade diese beiden Punkte des Gesetzespakts waren unserem Koalitionspartner FDP in den Verhandlungen zum Steuervereinfachungsgesetz sehr wichtig.

Anhebung des Arbeitnehmerpauschbetrags
Durch die Anhebung des Arbeitnehmerpauschbetrag von 920 € auf 1.000 € haben mehr Steuerpflichtige als heute die Möglichkeit, Werbungskosten in ihrer Steuererklärung geltend zu machen, ohne Belege sammeln und beim Finanzamt einreichen zu müssen. Hiervon sind rund 550.000 Arbeitnehmer betroffen. 62,3 Prozent der Arbeitnehmer müssen daher künftig keine Werbungskosten mehr nachweisen. Hinzu kommen diejenigen Arbeitnehmer, deren zu versteuerndes Einkommen durch die Anhebung unter den Grundfreibetrag von 8.004 € fällt und die daher keine Einkommensteuer mehr entrichten müssen. Diese Personengruppe muss keine Steuererklärung mehr abgeben, um eine eventuell fällig, jedoch gering bemessene Steuerrückerstattung zu erhalten. Da der Arbeitnehmerpauschbetrag vom Arbeitgeber bei der monatlichen Lohnsteuerabführung berücksichtigt wird, haben Arbeitnehmer gleich am Ende eines jeden Monats außerdem mehr Geld in der Tasche. Auch wenn dies nicht erklärter Zweck der Neuregelung ist, haben Arbeitnehmer, auch ohne eine Steuererklärung abgeben zu müssen, mehr Netto zur Verfügung. Spiegelbildlich müssen Belege und Nachweise, die nicht eingereicht wurden, durch den Sachbearbeiter in der Finanzverwaltung auch nicht darauf überprüft werden, ob die Ausgaben als Werbungskosten zu werten sind. Es handelt sich für beide Seiten also um eine spürbare Vereinfachung.

Abgabe der Steuererklärung alle zwei Jahre
Ich bin in diesem Punkt genauso skeptisch wie Sie. Der Bundesrat hat sich von der geplanten Neuregelung ebenfalls nicht überzeugen lassen und aus diesem Grund vor der Sommerpause dem gesamten Gesetzentwurf seine Zustimmung verweigert. Hierzu wird in der kommenden Woche ein Vermittlungsverfahren stattfinden. Der Ausgang ist im Augenblick noch offen.

Weiteres Gesetzespaket
Das restliche Paket des Steuervereinfachungsgesetzes ermöglicht in meinen Augen erhebliche Vereinfachungen für Bürger und Staat. Deshalb habe ich dem Gesetzentwurf auch zugestimmt. Hervorheben möchte ich im Weiteren mir persönlich sehr wichtige Einzelmaßnahmen des Gesetzentwurfs, die insbesondere Familien und Unternehmen zugutekommen werden.

Elektronische Rechnung
Mit dem Steuervereinfachungsgesetz erleichtern wir im Umsatzsteuerrecht den Rechnungsverkehr zwischen Unternehmen. Künftig wird es ein gleichberechtigtes Nebeneinander von elektronischer Rechnung und Papierrechnung geben, wenn beide beteiligten Unternehmen damit einverstanden sind. Es bedarf bei elektronischen Rechnungen künftig keiner kostenintensiven elektronischen Signatur mehr, um zum Vorsteuerabzug berechtigt zu sein. Damit leisten wir einen entscheidenden Beitrag zum Bürokratieabbau und entlasten die Unternehmen in Deutschland konkret um 4 Mrd. € Kosten pro Jahr.

Kinderbetreuungskosten
Die steuerliche Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten wird deutlich vereinfacht, da es ab 2012 auf die persönlichen Anspruchsvoraussetzungen bei den Eltern (Erwerbstätigkeit, Krankheit oder Behinderung) nicht mehr ankommt. Es wird auch keine komplizierte Unterscheidung zwischen Werbungskosten und Sonderausgaben mehr geben. Kinderbetreuungskosten werden künftig einheitlich als Sonderausgaben geltend gemacht. Damit entfällt eine Seite des Erklärungsvordrucks. Auch werden mehr Familien mit Kindern von diesem Steuervorteil profitieren. Die Entscheidung, auch kostenpflichtige Kinderbetreuung in Anspruch zu nehmen, wird in vielen Fällen dadurch erleichtert.

Kindergeld/Kinderfreibetrag
Wir wollen endlich damit aufhören, Eltern erwachsener Kinder in Ausbildung weiter zu zwingen, Belege zu sammeln und für die Kinder eine Steuererklärung in der Steuererklärung abgeben zu müssen, um Anspruch auf Kindergeldleistungen zu haben. Bei diesen jungen Erwachsenen in Ausbildung wird zur Klärung des Kindergeldanspruchs deshalb künftig nicht mehr geprüft, ob deren eigene Einkünfte über 8.004 € liegen. Mit der alten Regelung wird in vielen Fällen überdurchschnittliche Leistungsbereitschaft zugunsten von Sozialleistungen im Keim erstickt. Zudem hat die in jedem Fall vorzunehmende Prüfung in der Vergangenheit nur in 1 Prozent der Fälle zu Rückzahlungsansprüchen des Finanzamts geführt. Künftig kann das Kind nun während einer ersten Berufsausbildung oder eines Erststudiums unbegrenzt verdienen, ohne dass der Anspruch auf Kindergeld verloren geht. Kinder, die sich danach weiter in Ausbildung befinden, können Kindergeld beziehen, wenn sie nicht mehr als 20 Wochenstunden arbeiten.

Ich verbleibe mit freundlichen Grüßen
Antje Tillmann, MdB

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