Frage an Antje Tillmann bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

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Antje Tillmann
CDU
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Frage von Peter S. •

Frage an Antje Tillmann von Peter S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Guten Tag Frau Tillmann

Meine frage dreht sich ums Grundgesetz,und zwar um den Artikel 146.

Da dieser Artikel ja die Geltungsdauer des Grundgesetzes beschreibt.Von daher ist die frage wieso wir immer noch das Grundgesetz haben und keine Verfassung!

Ist den die BRD kein Einheitlicher und Freiher Staat oder wie ist dieser Artikel zu verstehen.

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CDU

Sehr geehrter Herr Schöller,

vielen Dank für Ihre Zuschrift vom 21.01.2008, in der Sie die Frage nach der vermeintlichen Vorläufigkeit des Grundgesetzes aufwerfen. Dazu ist Folgendes zu sagen:

Gemäß Artikel 146 verliert das Grundgesetz seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die vom Deutschen Volk in freier Entscheidung beschlossen wurde. Einen Aufruf, eine derartige Verfassung zu beschließen, enthält das Grundgesetz jedoch nicht, wie der Text der Präambel zeigt:

„[…] hat sich das deutsche Volk kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt
dieses Grundgesetz gegeben.

Die Textpassagen des Artikels 146 GG werden gelegentlich dahingehend interpretiert, nur eine direkt – also plebiszitär – beschlossene Verfassung erfülle das staatsrechtliche Programm des Grundgesetzes und der vorläufiger Status sei weiterhin gegeben. Mehrheitlich wird in der Staats- und Rechtswissenschaft darin jedoch kein demokratisches Defizit gesehen, denn das Prinzip der Repräsentativen Demokratie, das hier letztlich zur Anwendung kommt, sei qualitativ und demokratietheoretisch nicht mangelhaft, sondern eine graduelle und systematische Grundentscheidung.

Die in der ursprünglichen Fassung des Grundgesetzes offen gehaltene Möglichkeit, dass mit ihm nur für eine Übergangszeit eine neue Ordnung geschaffen wurde, wurde 1990 gestrichen und durch die Feststellung ersetzt, dass die Deutschen in den seit dem 03.10.1990 zur Bundesrepublik Deutschland gehörenden Ländern in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands vollendet haben und dass das Grundgesetz damit für das gesamte deutsche Volk gilt. Die Feststellung ist darum heute Bestandteil des geltenden Artikels 146 GG. Eine Aufforderung an das Parlament oder das deutsche Volk, das Grundgesetz noch einmal zu beschließen oder über eine andere Verfassung abzustimmen, ist dieser Bestimmung nach der in der Rechtswissenschaft herrschenden Ansicht nicht zu entnehmen. Der verbliebene Hinweis, dass das Grundgesetz seine Gültigkeit an dem Tag verliert, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die vom deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist, bedeutet nach herrschender Meinung lediglich den Hinweis auf die Möglichkeit einer späteren Verfassungsablösung und das Erfordernis, dass jede Verfassung, die das Grundgesetz ablösen wollte, durch eine freie Entscheidung des deutschen Volkes legitimiert sein müsste. Fazit: Das Grundgesetz ist die Verfassung.

Der vom Deutschen Bundestag bereits vor geraumer Zeit ratifizierte, aber wegen der fehlenden Ratifizierung durch Frankreich und die Niederlande bisher nicht in Kraft getretene Vertrag über eine europäische Verfassung würde das Grundgesetz nicht ablösen. Er fasst die bestehenden vertraglichen Grundlagen der Europäischen Union zusammen und modifiziert sie, ändert aber nichts an der Stellung der Mitgliedstaaten als Herren der Verträge und geht nicht den Schritt zur (Bundes-) Staatlichkeit der EU. Es handelt sich insoweit nicht um einen Fall des Artikels 146 GG, sondern um einen völkerrechtlichen Vertrag, den der Bundestag nach dem verfassungsrechtlich vorgesehenen Verfahren ratifizieren konnte.

Mit freundlichen Grüßen

Antje Tillmann

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