Die katholische Kirche akzeptiert Art 3(2) GG (Gleichberechtigung) für Ihre Arbeit nicht. Trotzdem leisten alle Finanzämter Hilfe beim Einzug der Kirchensteuer. Wie wird das begründet?

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Antje Tillmann
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Frage von Friedrich H. •

Die katholische Kirche akzeptiert Art 3(2) GG (Gleichberechtigung) für Ihre Arbeit nicht. Trotzdem leisten alle Finanzämter Hilfe beim Einzug der Kirchensteuer. Wie wird das begründet?

Die Praxis der Kirche wird wohl durch Weitergeltung des Art 137 der Weimarer Verfassung erlaubt. Danach darf sie auch Steuern erheben.
Ich finde aber im GG nichts, das den Staat dazu zwingt, Menschenrechtswidrige Zustände durch die praktizierte Amtshilfe zu fördern.

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Sehr geehrter Herr H.,

danke für Ihre Anfrage.

Um den Kirchen und kirchlichen Einrichtungen die Möglichkeit zu geben, ihrer religiösen und diakonischen Aufgabe, ihren vorgegebenen Grundsätzen und Leitbildern auch im Bereich von Organisation, Verwaltung und Betrieb umfassend nachkommen zu können, ist ihnen die selbständige Ordnung und Verwaltung ihrer Angelegenheiten von der Verfassung garantiert. (BVerfG, Urt. v. 25.3.1980)

Dieses Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften folgt nicht nur aus Art. 140 Grundgesetz (GG) i.V.m. Art. 137 Abs. 3 Weimarer Reichsverfassung (WRV). Die in Art. 137 Abs. 3 WRV gewährte freie Ordnung und Verwaltung der eigenen Angelegenheiten vervollständigt die in Art. 4 GG (Glaubensfreiheit) vorausgesetzte Sicherung religiöser Freiheit als "notwendige, rechtlich selbständige Gewährleistung, die der Freiheit des religiösen Lebens und Wirkens der Kirchen und Religionsgemeinschaften (Art. 4 Abs. 2 GG) die zur Wahrnehmung dieser Aufgaben unerlässliche Freiheit der Bestimmung über Organisation, Normsetzung und Verwaltung hinzufügt.“ (Korioth in Maunz-Dürig, GG-Kommentar)

Bei den durch das Grundgesetz garantierten Grundrechten - so auch der von Ihnen genannte Art. 3 GG - handelt es sich um Abwehr- und Schutzrechte gegenüber dem Staat, nicht aber gegen nichtstaatliche Teilnehmer am Rechtsverkehr. Kirchen und Religionsgemeinschaften sind daher, soweit sie sich nicht staatlicher Hoheitsrechte bedienen, nicht an diese Grundrechte gebunden. Sie sind stattdessen ihrerseits Grundrechtsträger und -berechtigte, nicht aber Grundrechtsadressaten und -verpflichtete. Es gibt daher innerhalb der Kirchen und Religionsgemeinschaften keinen aus Art. 3 GG abzuleitenden Gleichheitssatz, der einen Anspruch auf Gleichberechtigung im geistlichen Amt zum Inhalt hätte. (Unruh in Mangoldt/Klein/Stark, GG-Kommentar)

Der Fiskus kümmert sich zwar im Auftrag der Kirchen um den Einzug der Kirchensteuer. Die Finanzverwaltung tut dies allerdings nicht kostenlos. Für mein Bundesland Thüringen kann ich Ihnen Folgendes sagen: Nach § 7 des Thüringer Kirchensteuergesetzes und dem Vertrag des Freistaates Thüringen mit den Evangelischen Kirchen in Thüringen sowie dem Vertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Freistaat Thüringen erhält der Fiskus für die Mitwirkung der Finanzämter bei der Verwaltung der Kirchensteuer eine Vergütung. Diese Vergütung beträgt in Thüringen 3% vom vereinnahmten Kirchensteueraufkommen. Der Thüringer Haushalt veranschlagt hieraus Einnahmen von 3 Mio. €. Ähnlich wird es vermutlich auch in Ihrem Bundesland Nordrhein-Westfalen geregelt sein.

Mit freundlichen Grüßen

Antje Tillmann

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