Frage an Arno Klare bezüglich Soziale Sicherung

Arno Klare MdB
Arno Klare
SPD
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Frage von Daniel C. •

Frage an Arno Klare von Daniel C. bezüglich Soziale Sicherung

Guten Tag,

Es häuft sich, dass der Mißtand auf dem Wohnungsmarkt thematisiert wird.
Wenn ich wieder lese womit Sie versuchen diesen Mißstand zu verhindern, zweifle ich an der Ernsthaftigkeit:

- Eine wirkungslose Mietpreisbremse
- Maklergebühr für Vermieter
- Eigenheimzuschuss für Familien (bisher nur Vorschlag)
- Kosten für Notar und Grundbucheintrag deckeln (bisher nur Vorschlag)
- ...

Das offensichtlich lang erkannte Problem ist also: Immobilien sind und werden weiterhin zu teuer.
Die Ursache: Immobilien sind ein ertragsstarkes, sicheres und daher gefragtes Anlageobjekt, obwohl sie eigentlich für jeden erschwinglich sein sollten.
Was Ihnen sicher ebensowenig entgangen ist: Dies hängt eindeutig mit der Geldentwertung der EZB zusammen.

Anstatt die EZB einzuschränken, kommen nur pseudosoziale wirkungslose Maßnahmen aus der Politik.
Und so etwas ist nach meiner Auffassung mindestens genauso schlimm wie der viel kritisierte Populismus oder das Postfaktische.
Entweder will man das Problenm nicht beseitigen, oder man kann es nicht. Beides ist für eine Regierung gleichermaßen schlimm.

Auch das Verfassungsgericht hat seit dem Urteil in dieser Sache nach jahrelanger Verschleppung in meinen Augen seine Berechtigung verloren.
Am Ende kann jeder Bürger mit meinen Steuern die Staatsanleihen zurückzahlen, die zuvor sein Erspartes entwertet haben.
Und nebenbei finanziert er in all der Zeit mit seinen Steuern diejenigen, die ein solches System politisch unterstützen.

Wie wirksam wäre es, wenn Sie z.B. Mieteinnahmen derart besteuern würden, dass der Immobilienkauf für Anleger nicht mehr derart profitabel ist?
Im Gegenzug könnten Sie die Grunderwerbsteuer senken anstatt diese immer wieder zu erhöhen.
Damit wäre der Erwerb zur reinen Eigennutzung deutlich attraktiver, als die Ausbeutung der unteren und mittleren Einkommensschichten.
Die Politik müsste sich noch nicht einmal mehr der EZB widersetzen.
...

Mit freundlichem Gruß,
Daniel Capelle

Arno Klare MdB
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Capelle,

vielen Dank für die Fragen.

1. Ich bewerte die Mietpreisbremse nicht als Fehlschlag. Sie gilt aktuell in der Mehrzahl der Bundesländer und hat nachweislich in preissensiblen Zuzugs- und Ballungsräumen zu spürbaren Entlastungen geführt.
2. Richtig ist auch, dass es noch gesetzliche Lücken gibt. Die SPD-Bundestagsfraktion hat hierzu einen Vorschlag gemacht, wie diese zu schließen sind.
3. Die Bundesbauministerin Barbara Hendricks hat einen Vorschlag gemacht, wie Eigenheimbau unterstützt werden kann. Pro Familie soll es einen Eigenkapitalzuschuss von 8.000 € geben (bei 1 Kind), für das zweite und dritte Kind kommen noch einmal je 6.000 € hinzu. Der maximale Zuschuss beliefe sich also auf 20.000 €. Überlegt wird aktuell, ob in ländlichen Räumen, wo es aktuell umfangreichen Leerstand an Einfamilienhäusern gibt, dieser Zuschuss nur bei Erwerb ein Bestandimmobilie gezahlt wird. Der Zuschuss wird bis zu einem Familieneinkommen von 70.000 € per anno gewährt.
4. Ich erachte diesen sehr konkreten Vorschlag für sinnvoller und sozial treffender als den der CDU. Die CDU möchte im Grunde die Eigenheimzulage, die es bis 2005 gab, wiederbeleben. Allerdings führt ein Steuerabzugsbetrag stets dazu, dass Familien mit höheren Einkommen über den Steuersatz einen größeren Refinanzierungsanteil erhalten. Im Grunde sollte ein Fördersystem exakt andersherum funktionieren.
5. Die von Ihnen so bezeichnete Geldentwertung - im Kern meinen Sie die niedrigen Zinsen - sind für Häuslebauer eher ein Vorteil, denn ein Nachteil, weil die aktuellen Hypothekenzinsen auf niedrigstem Niveau sind. Bauen war noch nie so billig wie aktuell. Sehr richtig stellen Sie fest, dass das "Betongold" eine überaus sicheres Investment ist. Für z.B. junge Familien ist die Niedrigzinspolitik der EZB fast ein Segen, für "klassische" Geldanlagen diesseits des Risikobereichs natürlich nicht. Insofern ist es politisch klug, jetzt die Bildung von Immobilieneigentum qua Förderung anzureizen. Wer heute baut und damit im Alter keine Miete zahlen muss, verhält sich durchaus klug.
6. Die EZB ist von der Bundesregierung nicht zu steuern. Sie ist - wie ehedem die nationale Bundesbank - unabhängig. Genau das ist auch notwendig, weil sonst eine Zentralbank - völlig einerlei, ob auf nationaler oder EU-Ebene - den politischen Tagesinteressen unterworfen wäre. Die EZB ist nach dem Modell der Bundesbank gebaut, entspricht also dem lange bewährten deutschen Modell.
7. Gemäß § 21 EStG unterfallen die Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung, so der Eigentümer eine Personengesellschaft ist, der Einkommensteuer. Dieser Tarif ist - wie Sie wissen - linear-progressiv. Ist der Eigentümer (und Vermieter) eine Kapitalgesellschaft fallen Körperschaftsteuern an. In beiden Fällen werden also Steuern erhoben. Folgte man Ihrem Vorschlag, so ich richtig verstehe, müsste ein Sondertatbestand für Mieteinnahmen geschaffen werden, der sowohl bei der Einkommen- als auch bei der Körperschaftsteuer wirksam wird. Es gibt Studien die zeigen, dass Renditen aus Immobilienanlagen eher bescheiden sind, weil z.B. die Unterhaltung gegenzurechnen ist. Galt das in einem entspannten Wohnungsmarkt - der hiesige war so einer - ändert sich das bei steigender Nachfrage nach Wohnraum. Gleichwohl hat auch dies zwei Seiten. Zum einen wird privat finanzierter Wohnraum benötigt, um die größere Nachfrage zu befriedigen. Zum anderen wachsen damit natürlich auch die Renditen der Investoren. Doch erstens ist es in einer Marktwirtschaft nicht verboten, Gewinne zu erzielen. Zum Zweiten wollen wir exorbitante Renditen durch z.B. die Mietpreisbremse blocken.
8. Wir brauchen beides: privaten Eigenheimbau bzw. -erwerb und privat finanzierten Mehrfamilienhausbau. Die Städte des Ruhrgebiets wachsen wieder. Das ist auch gut so. Die Fördersummen für sozialen Wohnungsbau haben wir in den letzten Haushalten deutlich erhöht und werden es weiter tun.
9. Eine letzte Anmerkung: Das Verfassungsgericht als überflüssig zu erklären, weil eine Entscheidung nicht mit Ihrer Auffassung konform geht, ist m.E. nicht zu rechtfertigen.

Falls noch weitere Fragen bestehen, könnten wir auch unmittelbar miteinander sprechen. Mein Kontaktdaten sind im Internet recht einfach zu finden.

Mit freundlichen Grüßen
und den besten Wünschen für 2017

Arno Klare