Frage an Astrid Dahaba bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie

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Astrid Dahaba
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Frage von Lina B. •

Frage an Astrid Dahaba von Lina B. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie

Sehr geehrte Frau Dahaba,

ihrem Wahlprogramm haben wir entnommen, dass sie sich für eine bedarfsdeckende,
elternunabhängige und staatliche Ausbildungsfinanzierung einsetzen. Wie genau soll sich dies gestalten? Wie wollen sie den Bedarf errechnen und was bedeutet für sie elternunabhängig? Denn auch beim Bafög gibt es eine Klausel, die ein elternunabhäniges Bafög bewilligt,aber die Umstände dieses überhaupt beantragen zu können, für die meisten nicht gelten bzw nicht umsetzbar sind. Dadurch wird vielen wissenbegierigen Menschen ein höherer Bildungsweg erschwert oder sogar unmöglich gemacht.
Wie wollen sie diesen Bereich gestalten/durchsetzen?

Liebste Grüsse

Lina Bödecker

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrte Frau Bödecker,

Bildung ist ein Menschenrecht, dessen Verwirklichung oberste Priorität haben muss. Diesem Ziel stehen Gebühren für Bildung entgegen. Deshalb strebt die Fraktion DIE LINKE.im Bundestag an, die Unentgeltlichkeit von Bildung im Grundgesetz zu verankern. Das deutsche Bildungssystem ist ungerecht und grenzt Kinder und Jugendliche mit Behinderung sowie aus einkommensschwachen und bildungsfernen Elternhäusern aus; sie können aufgrund ihrer sozioökonomischen Herkunft deutlich seltener ihre gewünschten Ausbildungswege realisieren. Die Ausbildungsförderung wurde 1971 mit folgendem Ziel eingeführt: „Der soziale Rechtsstaat, der soziale Unterschiede durch eine differenzierte Sozialordnung auszugleichen hat, ist verpflichtet, durch Gewährung individueller Ausbildungsförderung auf eine berufliche Chancengleichheit der jungen Menschen hinzuwirken.“

Damit die Ausbildungsförderung tatsächlich in die Lage versetzt wird, Benachteiligungen im Bildungssystem wirksam auszugleichen, muss sie grundlegend reformiert werden.

Die Bildungsbenachteiligungen beginnen bereits sehr früh. Schülerinnen und Schüler aus bildungsbenachteiligten Schichten müssen früh und durchgängig gefördert werden. Um berufliche Chancengleichheit zu gewährleisten, müssen auch die finanziellen Voraussetzungen geschaffen werden. Deshalb soll das Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) für Schülerinnen und Schüler in der Oberstufe allgemeinbildender Schulen wieder vollständig eingeführt werden. Auch die Förderung für Auszubildende in vollzeitschulischen Ausbildungsgängen muss ausgebaut werden, so dass auch Schülerinnen und Schüler unterstützt werden, die weiter bei ihren Eltern wohnen oder auch ohne Ehe und/ oder Kinder einen eigenen Haushalt gründen. Gleichermaßen muss im Rahmen der Arbeitsförderung ermöglicht werden, dass Auszubildende in betrieblichen oder außerbetrieblichen Berufsausbildungen Berufsausbildungsbeihilfe auch dann erhalten, wenn sie ungezwungenermaßen sowie ohne Ehe bzw. Kinder aus dem Haus ihrer Eltern ausziehen.

Eine Reform der Ausbildungsförderung muss eine soziale Öffnung der Hochschulen ermöglichen. Aktuell haben längst nicht alle Studienberechtigten die Möglichkeit, unabhängig von ihrer sozialen Herkunft ein Studium aufzunehmen, das ihren Wünschen und Vorstellungen entspricht. 77 Prozent der „Studienberechtigten ohne Studienabsicht“ geben das Fehlen der finanziellen Voraussetzungen als Grund für ihren Studienverzicht an; 73 Prozent wollen sich nicht mit BAföG-Darlehen oder Krediten verschulden; bei 69 Prozent würden Studiengebühren - die in fünf Bundesländern zu entrichten sind - die finanziellen Möglichkeiten übersteigen. Die soziale Zusammensetzung der Studierenden an den Hochschulen ist ein weiterer Beleg für die Mängel der aktuellen Ausbildungsfinanzierung. Laut der 18. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks nehmen *83 Prozent aller Akademikerkinder, aber nur 17 Prozent aller Arbeiterkinder ein Studium auf. *

Die Fraktion DIE LINKE hat im Mai 2010 (Drs.17/1558) einen Antrag in den Deutschen Bundestag eingereicht. Unter anderem fordern wir eine grundlegende Strukturreform in der Ausbildungsförderung, die die Perspektive einer elternunabhängigen Förderung für alle Volljährigen, die sich in Ausbildung befinden, bei jeweils individuellem Bedarf eröffnet. Die Bundesregierung wird insbesondere damit beauftragt, die Weiterentwicklung zu einem „Zwei-Körbe-Modell“ zu prüfen:

*1. Der erste Korb soll hierbei aus einem einheitlichen Sockelbetrag für alle sich in Ausbildung befindlichen Erwachsenen bestehen.*Dieser wird direkt an die Studierenden, Schülerinnen und Schüler fließen. Er ersetzt die bisherigen an die Eltern von volljährigen in Ausbildung befindlichen Kindern geleisteten kindbezogenen steuerlichen Entlastungen im Rahmen des Familienleistungsausgleichs. Die Überführung der steuerlichen Entlastungen in eine Sockelförderung erkennt zum einen an, dass volljährige Lernende als erwachsene Menschen unabhängig von ihren Eltern über ihren Bildungsweg entscheiden können sollten. Die Vereinheitlichung des Sockelbetrags würde zum anderen die Bevorzugung von Eltern mit höheren Einkommen durch die Ausschöpfung von Kinderfreibetrag und Freibetrag für Betreuung und Erziehung oder Ausbildung beenden.

*2.**Der Aufstockungsbetrag (zweite Korb) soll aus einem - in einem ersten Schritt elternabhängigen - Zuschussteil bestehen, der schrittweise hin zur Elternunabhängigkeit ausgebaut wird. *Die Bedarfssätze für Schülerinnen, Schüler und Studierende sollen dabei bedarfsdeckend ausgestaltet werden. Sie müssen so bemessen sein, dass keine Auszubildende und kein Auszubildender durch den Übergang vom BAföG auf das Zwei- Körbe-Modell schlechter gestellt wird. *Die fiskalische Gegenfinanzierung muss zulasten überdurchschnittlicher Einkommen und Vermögen gehen und gleichzeitig umgesetzt werden. *

*Die Fraktion DIE LINKE hat dem Deutschen Bundestag einen Vorschlag unterbreitet, wie die Ausbildungsförderung mittelfristig zu einer elternunabhängigen Förderung ausgebaut werden kann ohne neue soziale Benachteiligungen entstehen zu lassen.*Auszubildende müssen über ihren Bildungsweg auch finanziell unabhängig von ihren Eltern entscheiden können. Eine entsprechende Reform der Ausbildungsförderung muss so ausgestaltet sein, dass sozial schlechter gestellte Haushalte entlastet werden und finanzstarke Haushalte etwa über erhöhte Einkommens-, Vermögens- und Erbschaftssteuern weiterhin ihren gesellschaftlichen Beitrag zur Ausbildung junger Menschen leisten.

Sollten Sie noch mehr Detailinformationen benötigen, so schauen Sie sich gern die o.g. Drucksache auf http://www.linksfraktion.de/antraege/?s=14 (BAföG ausbauen - Gute Bildung für alle) auf unserer Homepage an.

Ich hoffe, dass ich Ihnen hiermit Ihre Fragen weitestgehend beantwortet habe und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Astrid Dahaba