Wie passt für Sie zusammen, davon zu reden, die Ukraine bestmöglich zu unterstützen und im gleichen Atemzug, fahnenflüchtige Ukrainer zu alimentieren, sobald sie bei uns eintreffen?

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Bärbel Bas
SPD
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Frage von Christine N. •

Wie passt für Sie zusammen, davon zu reden, die Ukraine bestmöglich zu unterstützen und im gleichen Atemzug, fahnenflüchtige Ukrainer zu alimentieren, sobald sie bei uns eintreffen?

Sehr geehrte Frau Bas,

die Wahlergebnisse, europaweit, zeigen, dass die Menschen unzufrieden sind, wie Politik gemacht wird.

Wie passt für Sie zusammen, davon zu reden, die Ukraine bestmöglich zu unterstützen und im gleichen Atemzug, fahnenflüchtige Ukrainer zu alimentieren, sobald sie bei uns eintreffen?

Wie können Sie uns Menschen dies wirklich glaubwürdig erklären ?

Mit allgemeinen Worthülsen ist da absulut nichts getan.

Hat sich unabhängig davon die Entscheidung, Flüchtlingen aus der Ukraine sofort (!!!) Bürgergeld zu zahlen, als grundsätzlicher Fehler erwiesen? Stimmt es, dass die Beschäftigungsquote von Ukrainern verschwindend gering ist, weil das Bürgergeld als "Bremsschuh für die Arbeitsaufnahme“ wirkt? Machen es unsere europäischen Nachbarn besser als wir?

Was und konkret bis wann, wird da endlich korrigiert?

Wer, ganz konkret gefragt, verhindert ggf.eine Korrektur?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau N.,

vielen Dank für Ihre Frage.

Im März 2022 hat die Europäische Union – und damit auch alle ihre Mitgliedsstaaten – entschieden, dass Menschen aus der Ukraine nach der EU-Massenzustrom-Richtlinie generell als schutzbedürftig gelten und daher kein Asylverfahren durchlaufen müssen, sondern sofort eine Aufenthaltsberechtigung erhalten. Damit haben sie das Recht, vom ersten Tag an arbeiten zu können und in Deutschland Zugang zum Bürgergeld zu erhalten. Diese Regelung wurde erst vor wenigen Wochen bis März 2026 verlängert und das mit der Zustimmung aller sich in Regierungsverantwortung befindlicher Parteien auf Bundes- und Länderebene in Deutschland. Ich hätte mir gewünscht, dass dieser Konsens bestehen bleibt, denn die tatsächliche Lage hat sich in den zurückliegenden Wochen nicht verändert.    

Von den rund 1,17 Millionen Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine, die in Deutschland Schutz gefunden haben, ist der größte Anteil Frauen und Kinder. Um die Erwerbstätigkeit der zu uns geflüchteten Ukrainerinnen und Ukrainer zu erhöhen, braucht es zum einen eine bessere Unterstützung bei der Kinderbetreuung und noch mehr Sprachkurse und zum anderen eine schnellere Anerkennung von Berufsabschlüssen.

Die Einschätzung, dass das Bürgergeld die Arbeitsaufnahme von Ukrainerinnen und Ukrainern verhindert, teile ich nicht. Die Zuständigkeit der Jobcenter sorgt dafür, dass ukrainische Flüchtlinge Zugang zu arbeitsmarktpolitischer Unterstützung erhalten. Diesen Ansatz halte ich für richtig. Aber natürlich haben wir immer den Anspruch, bei der Vermittlung in Arbeit noch besser zu werden. Wir wollen Geflüchtete daher noch schneller in Arbeit bringen – so gelingt Integration am besten. Gleichzeitig gewinnen wir so dringend benötigte Arbeitskräfte und entlasten die Sozialsysteme. Dazu dient der Ende des vergangenen Jahres von der Bundesregierung ins Leben gerufene Jobturbo. Mit verschiedenen Maßnahmen wie der Einrichtung von Matchingformaten mit Arbeitgebern oder einer intensiven Betreuung durch die Jobcenter sollen Geflüchtete schneller ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten können und in Arbeit und Gesellschaft ankommen. Neben der Bundesagentur für Arbeit unterstützen auch die Spitzenverbände der Wirtschaft, Gewerkschaften, Unternehmen und die kommunale Spitzenverbände, den von der Bundesregierung gestarteten Turbo zur Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten aktiv. 

Mehr Informationen, auch zu der Anzahl erwerbstätiger ukrainische Geflüchteter, finden Sie unter https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/arbeit-und-soziales/ukraine-gefluechtete-arbeit-2166832.

Die Menschen fliehen vor dem brutalen Angriffskrieg in ihrem Land, denn die Beispiele aus Charkiw und Mariupol zeigen sehr deutlich, dass auch gezielt zivile Infrastruktur, darunter Wohnhäuser, Krankenhäuser und Schulen, beschossen werden. Die Menschen fliehen dabei in das Land, zu dem sie vielleicht schon Anknüpfungspunkte haben - etwa Familienmitglieder oder Bekannte, die dort leben - oder das in geografischer Nähe zu ihrer Heimat liegt. Daher haben auch unsere Nachbarländer Polen und die Tschechische Republik gemessen an ihrer eigenen Bevölkerung einen höheren Anteil an Geflüchteten aus der Ukraine aufgenommen. Würden wir in Deutschland die sozialen Leistungen für Geflüchtete stark kürzen, würde dies deren Armut vergrößern, die Bildungschancen für die Kinder reduzieren und letztlich zu einer schlechteren Integration in Arbeitsmarkt und Gesellschaft führen. Daran kann und sollte uns als Gesellschaft nicht gelegen sein. 

Bei weiteren Fragen bezüglich dieses Themas empfehle ich Ihnen, sich auch direkt an die für Arbeit und Soziales zuständige stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Dagmar Schmidt, oder den Sprecher der Arbeitsgruppe Arbeit und Soziales der SPD-Bundestagsfraktion, Dr. Martin Rosemann, zu wenden. Sie sind für Ihr Anliegen die richtige Ansprechpartnerin und der richtige Ansprechpartner.

Was die Rechtslage zur Frage ukrainischer Kriegsdienstverweigerer betrifft, verweise ich auf meine Antwort an Ruth Duerr auf diesem Portal vom September 2023: https://www.abgeordnetenwatch.de/profile/baerbel-bas/fragen-antworten/in-der-ukraine-gibt-es-kein-recht-auf-kriegsdienstverweigerung-werden-sie-einer-abschiebung-ukrainischer.

Es empfiehlt sich, bei weitergehenden Fragen auch direkt Kontakt zu meinen zuständigen Fachkolleginnen und -kollegen innerhalb der SPD-Bundestagsfraktion aufzunehmen – etwa mit Dirk Wiese, dem für Innen, Recht, Petitionen, Sport, Kultur zuständigen stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion oder Sebastian Hartmann, dem Vorsitzenden der Arbeitsgruppe Inneres der SPD-Bundestagsfraktion. Diese sind für Ihr Anliegen die richtigen Ansprechpartner.

Abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass Sie selbstverständlich die Möglichkeit haben, auch auf direktem Weg mit dem Deutschen Bundestag, seinen Abgeordneten oder mir Kontakt aufzunehmen. Zum Beispiel über: https://www.bundestag.de. Ein passender erster Ansprechpartner für Ihre Anliegen ist auch stets Ihr Bundestagsabgeordneter vor Ort. Diesen finden Sie über https://www.bundestag.de/abgeordnete/wahlkreise.  

Mit freundlichen Grüßen 

Bärbel Bas

 

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